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Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Titel: Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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wie schön! Sunniva braucht deinen Beistand so sehr, weißt du.«
    Ja, Yrja wußte es. Manchmal hatte sie den leisen Verdacht, daß Sunniva von ihrer Zuneigung zu Tarald wußte - und daß sie Yrja ganz bewußt quälte, indem sie ihr Glück mit Tarald vorführte, oder indem sie sie dadurch demütigte, daß sie Yrja in Taralds Anwesenheit abschätzig beurteilte. Aber Yrja konnte nicht glauben, daß Sunniva so boshaft war. Sie war wohl einfach nur gedankenlos.
    Aber Yrjas Liebe zu Tarald? Ach, die war gewiß unsterblich. Sie haßte sich dafür, aber es gelang ihr nicht, sich davon zu befreien.
    Die Dämmerung senkte sich sachte auf Grästensholm herab, dunkler als gewöhnlich, wegen der blauschwarzen Gewitter wölken. Und dann brach das Unwetter urplötzlich los. Liv, die sich in dem Raum aufhielt, in dem Sunniva lag, hob ängstlich den Blick und dachte an den hohen Turm, der gleichsam den Blitz anzog. Dag und Tarald im Zimmer nebenan dachten dasselbe.
    Sie waren alle erschöpft, nachdem sie den ganzen Tag gespannt an Sunnivas Bett gewacht hatten. Am meisten erschöpft war natürlich Sunniva selbst. Ihre Augenlider waren geschwollen von den schweren Wehen, und die Tränen rannen von ganz allein. Dag und Tarald hatte man jetzt aus dem Zimmer geschickt - denn nun würde es nicht mehr lange dauern. Die Preßwehen hatten schon lange eingesetzt, jedoch ohne sichtbares Ergebnis.
    Sunniva umklammerte verzweifelt Livs Hand, und Yrja trocknete ihr die Stirn. Zu behaupten, daß Sunniva mutig und zäh war, wäre übertrieben gewesen, aber man konnte auch nicht erwarten, daß sie nach einem Tag voller Schmerzen noch ausdauernd war.
    Tengel sah verbissen aus, und die Augen der Hebamme weiteten sich verständnislos. Sie begriff das alles nicht. Das Kind hätte längst da sein müssen.
    Nur Tarjeis Blick war wach und voller Interesse. Er hatte seinen Vater oft in den Stall begleitet und alle möglichen Tiere zur Welt kommen sehen, aber dies war seine erste Geburt eines Menschen.
    Draußen grummelte es dumpf, das Gewitter kroch näher. Die Luft in dem Zimmer war quälend stickig.
    »Ist es nicht bald vorbei?« jammerte Sunniva. »Ihr ahnt ja nicht, welche Schmerzen ich habe!«
    Niemand hatte noch Lust, ihr zu antworten. Sie wiederholte sich jetzt schon seit Stunden.
    Auf einmal holte sie tief Luft und schrie, als jage ihr jemand ein Messer in den Leib. Tengel, der ihr am nächsten stand, fuhr entsetzt zusammen. »Raus, Tarjei! Geh sofort raus!« »Aber ich sollte doch …« »Raus! Auf der Stelle!«
    Gekränkt und verständnislos ging Tarjei hinaus zu den beiden wartenden Männern. In der Tür drehte er sich um und sah, wie die anderen sich bestürzt um Sunniva zusammendrängten, die unablässig schrie, wie irrsinnig. Ihre Schreie wurden fast noch von denen Livs und Yrjas übertönt.
    Die drei im Vorraum standen wie versteinert da und lauschten.
    Durch die Tür hörten sie die wahnsinnigen Schreie Sunnivas, die Befehle Tengels und das Geräusch von hastigen Schritten. Panische Stimmen vermischten sich zu einem einzigen Chaos.
    Yrja steckte den Kopf durch die Tür. Ihr Gesicht war kreidebleich, als würde sie jeden Moment die Besinnung verlieren. »Holt den Pastor - schnell!«
    »Ich reite hin«, rief Dag und spürte die Angst wie einen Mühlstein im Bauch. v
    »O mein Gott!« stöhnte Tarald. »Ich muß da rein!« Tarjei stellte sich ihm in den Weg. »Nein, tu es nicht! Großvater hat mich nicht ohne Grund hinausgeschickt!« Taralds Gesicht war vor Angst entstellt. »Sunniva!« flüsterte er.
    Entsetzt bemerkten sie, daß ein Laut zwischen all den anderen fehlte: Ihre markerschütternden Schreie.
    Und plötzlich war dort drinnen alles totenstill.
    Tengel merkte auf einmal, daß er nicht mehr klar sehen konnte. Er atmete tief durch, um weitere Tränen zurückzuhalten, und wischte sich die Augen.
    Er registrierte das lähmende Entsetzen der anderen. Liv bebte am ganzen Körper und war grünbleich im Gesicht.
    Yrja weinte bitterlich, sie hockte mit dem Rücken an der Wand. Die Hebamme war auf einen Stuhl gesunken, erschüttert, gelähmt außerstande, sich zu rühren. Im Bett lag Sunniva, zerrissen, tot.
    Und die schöne Kinderwiege, die bereitstand…
    Ohne daß sie es bemerkten, ging die Tür auf, und Tarald kam verängstigt und zögernd herein.
    »Ist es geschafft?« fragte er und versuchte zitternd ein hoffnungsvolles Lächeln.
    Liv hatte sogleich ein Laken über Sunnivas Körper gebreitet Aber all das widerwärtige Rote in dem Zimmer

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