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Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Titel: Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Tränen im Herzen. Sie saß lange ganz still. »Nun?« sagte er schließlich.
    »Ich glaube, du irrst dich mit deinen Überlegungen über ein zweites Kind. Es war doch gerade die Kombination von dir und Sunniva, die so fatale Folgen hatte.« Er dachte nach. »Ja, da hast du wohl recht.«
    »Und dann denke ich, daß du nichts überstürzen solltest, Tarald.« (Merkte er nicht, wie ihre Stimme zitterte?) »Du kannst immer noch eine andere Frau finden und weitere Kinder bekommen.«
    »Ich würde ja auch schrecklich gerne noch ein Kind haben, das verstehst du sicher. Dann könnte ich vielleicht dieses Gefühl überwinden, mißraten zu sein. Aber weißt du, ich bin vollkommen überzeugt, daß mich keine Frau haben will, mit diesem Klotz am Bein, der Kolgrim heißt. Und ich kann mir nicht vorstellen, daß ich mich jemals wieder verliebe - selbst wenn ich eine Frau träfe, die noch schöner ist als Sunniva. Nein, ich habe mir an der Geschichte dermaßen die Finger verbrannt, daß es einfach unmöglich ist!«
    Yrja blieb stumm, sie hatte keine Kraft mehr, irgend etwas zu empfinden. Sie war unendlich leer. Wie ein ganzer Ozean aus Müdigkeit und Enttäuschung.
    Vater braucht mich, dachte sie. Ich darf ihn nicht im Stich lassen.
    Aber sie wußte auch, daß der Vater und die Brüder und die ganze Familie zurechtkommen würden, wenn sie nur zusammenarbeiteten und die ganze Last, die bisher auf ihrer Mutter gelegen hatte und die sie Yrja nun der Einfachheit halber aufbürden wollten, auf alle verteilten. Hier auf Grästensholm war sie unentbehrlich, soviel stand fest. »Es sei denn, du…«
    Sie war ganz in Gedanken versunken gewesen. Blickte fragend hoch. »Was denn?« »Nein, ich kann dich nicht darum bitten.« »Doch, nun sag schon.«
    »Es sei denn, du würdest mir ein Kind schenken.« Yrja verschlug es einen Moment den Atem. Dann fuhr sie mit einem halberstickten Schrei hoch, griff nach ihrem Bündel und lief schwerfällig und plump aus dem Raum, aus dem Haus und den Weg hinunter.
    Es war ein schneeloser Winter, die Äcker und Wiesen waren hartgefroren, und ein feuchter Nebel hing über den Gewässern.
    Weit unten auf der Landstraße, wo der Weg nach Eikeby abzweigte, verlangsamte sie ihren Lauf. Ihre Schritte wurden immer langsamer und zögernder.
    Der Vater… mit seiner erdrückenden, asketischen Frömmigkeit… wie er die anderen ausnutzte…
    Die freie Atmosphäre auf Grästensholm und Lindenallee… wie nirgendwo sonst im ganzen Kirchspiel.
    All die kleinen Geschwister und Nichten und Neffen, die fordern würden, daß sie die ganze Zeit bei ihnen war, die sie aufbrauchen würden wie eine Ware, so wie sie es mit der Mutter getan hatten. Bis sie schließlich nicht mehr wert war, als in ein Grab geworfen zu werden.
    Konnte sie jemals auf ein anderes Leben hoffen - auf eine Ehe? Wer wollte wohl Yrja heiraten, die plumpe, häßliche, verwachsene Yrja? Die Distel?!
    Tarald von Grästensholm, die Liebe ihres Lebens, wollte. Unter den demütigendsten Bedingungen.
    Konnte sie es sich leisten, nein zu sagen? War es nicht töricht von ihr abzulehnen? Von ihr, der unwürdigsten aller Frauen?
    Aber seine letzte Bitte war allzu dreist gewesen! Sie als Zuchtstute zu gebrauchen, als Mittel, sich ein Kind zu verschaffen!
    Dumme Yrja, wie sollte sie denn sonst Kinder kriegen, die sie sich doch so sehnlichst wünschte? Und noch dazu mit Tarald!
    Welche Erniedrigung war schlimmer? Die Sklaverei auf Eikeby oder die seelische Qual auf Grästensholm? Yrja merkte, daß sie lange Zeit auf einem Fleck stehengeblieben war.
    Also traf sie eine Entscheidung und ging rasch weiter auf Eikeby zu.
    Dort war die Stimmung gedrückt. Die Leiche der Mutter lag draußen im Stall, in der großen Stube saßen der Vater und die ganze zahlreiche Kinderschar.
    Sie blickten erleichtert auf, als Yrja hereinkam.
    »Na endlich«, sagte der Vater. »Setz die Grütze auf, Mädchen, wir haben seit gestern abend nichts mehr zu essen gekriegt!« Das brachte das Faß zum Überlaufen.
    Yrja holte tief Luft. »Essen könnt ihr euch wirklich selber machen, erwachsene Menschen, die ihr seid, und so viele dazu! Ich will nur Abschied von meiner lieben Mutter nehmen, dann gehe ich zurück nach Grästensholm.« »Was? Bist du größenwahnsinnig geworden, du Göre? Willst du uns auf diese Weise sitzenlassen? Es ist deine Pflicht…« »Es ist meine Pflicht, bei meinem Herrn und Ehemann zu sein, und nicht, mich für euch aufzureiben wie Mutter. Ich werde heiraten«, schloß Yrja

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