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Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Titel: Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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genau damit sein ganzes Leben lang beschäftigt hatte, gefiel ihm nicht, daß ein anderer alles noch besser machen wollte. Es gab nichts zu verbessern, meinte er. Deshalb fand keiner von Tronds Vorschlägen Gnade vor seinen Ohren.
    Um Trond ist es schade, dachte Tarjei oft. Er besaß soviel Energie und Führungsqualitäten. Hier auf Lindenallee gab es kaum Möglichkeiten für ihn, seine Talente richtig einzusetzen Tarjei sprach hin und wieder mit seinem Bruder darüber, und Trond sah das genauso. Er wollte so gern weg, er auch, aber nicht, um wie Tarjei zu studieren. Er wollte Berufssoldat werden. Aber Are ließ ihn nicht gehen, er wurde so dringend auf dem Hof gebraucht.
    »Das wird schon noch«, sagte Tarjei und klopfte ihm beruhigend auf die Schulter. »Eine Führungspersönlichkeit findet immer ihren Platz. Und du bist noch jung.«
    Trond nickte dankbar. Keiner von beiden dachte daran, daß sie nur ein Jahr auseinander waren. An Reife war Tarjei seinen Brüdern schon immer viele Jahre voraus gewesen. Eines Tages saßen Cecilie und Tarjei auf Lindenallee zusammen und stellten Vergleiche an zwischen Kopenhagen und Tübingen - während sie die ganze Zeit ein Auge auf Kolgrim hatten -, als sie auf einmal die Stimme von Herrn Martinius in der Halle hörten. Sie standen auf und gingen hin.
    Der Pastor unterhielt sich mit Are und Meta. Offenbar ging es um eine Unterbringung oder eine Spende für eine Schar von Kindern, die gerade ihre Eltern verloren hatten. »Nanu«, murmelte Tarjei, »wieso kommt er denn selbst? Um solche Sachen kümmert sich doch sonst immer das energische Püppchen mit den kalten Augen.« »Seine Frau?« »Ja.«
    »Hat sie kalte Augen?« fragte Cecilie interessiert. »Ja. Die Gemeinde liebt sie abgöttisch. Ich kann sie nicht ausstehen.« »Ich auch nicht.« »Hast du sie denn schon gesehen?« »Nein.«
    Da lächelte Tarjei.
    Der Pastor zuckte heftig zusammen, als er Cecilie erblickte, aber er grüßte sie betont förmlich und dankte ihr für den letzten Besuch.
    »Den letzten?«, sagte Cecilie. »Als der süße kleine Waldschrat, den ich zum Neffen habe, im Taufbecken herumgeplanscht hat, meint Ihr? Das war vielleicht eine lebhafte Taufe, das muß ich schon sagen. Die vergnüglichste, die ich jemals erlebt habe. Wart Ihr schon auf Grästensholm?« »Nein, ich bin auf dem Weg dorthin.«
    »Gut«, sagte Tarjei schnell. »Dann bekommt Ihr Gesellschaft. Cecilie und ihr kleiner Bandit wollten sowieso nach Hause.«
    In Gedanken trat Cecilie ihm vors Schienbein. Mit einem steifen Lächeln wandte sie sich an Herrn Martinius. »Falls man Euch hier nicht auch einen Bissen anbietet? Seid Ihr einer von den Bratenpriestern?« »Cecilie!« sagte Are schockiert. Tarjei grinste. Auch der Pastor lächelte. »Nein, das nun wirklich nicht.«
    »Nein, Ihr habt schlanke Beine«, sagte Cecilie. »Nun gib ihm schon ein paar Münzen, Onkel Are, und halt den Geldbeutel nicht so krampfhaft fest! Dann können wir endlich los.« Sie war mächtig wütend auf Tarjei - vielleicht gerade deswegen, weil sie tatsächlich Lust hatte, den Pastor nach Grästensholm zu begleiten.
    »Nehmt es ihr nicht übel«, lachte Are. »So ist sie nun mal. Sie und mein Sohn Tarjei sind die Genies in der Familie, und sie lassen keine Gelegenheit aus, uns gewöhnliche Sterbliche dies spüren zu lassen.«
    Während Kolgrim auf seinem Steckenpferd um sie herum galoppierte, gingen sie zügig hinauf nach Grästensholm. Die Luft war kalt und klar, und kleine Atemwolken folgtem jedem ihrer Worte. Der hartgefrorene Erdboden war mit einer dünnen Schicht Schnee bedeckt.
    »Was für eine entsetzliche Eile«, neckte Cecilie ihn lachend. »Wollt Ihr mir davonlaufen, Herr Martinius?«
    Sie kennt meinen Namen, dachte er fieberhaft. Sie weiß, wie ich heiße, und sie spricht meinen Namen mit einem Charme aus, wie ihn keine andere hat.
    Verwirrt stammelte er, während er auf sie wartete: »Nein, nein, gar nicht, es ist nur…«
    Er schwieg abrupt, aber Cecilie war sein rascher, verstohlener Blick hinunter zum Pfarrhof nicht entgangen. »Daß Eure Frau Euch sehen könnte? Bei der großen Entfernung? Da müßte sie schon außergewöhnlich gute Augen haben. Und ich bin doch wirklich harmlos!« »Ja, natürlich! Nein, ich wollte sagen…«
    »Oder überwacht sie Euch vielleicht?« stichelte Cecilie. »Fräulein Cecilie, macht Euch nicht lustig! Meine Julie ist eine ganz prachtvolle Frau.«
    »Gewiß«, sagte sie todernst. »Sehr gottesfürchtig, wie ich gehört habe.«

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