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Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Titel: Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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»Ja.« »Und tugendhaft.« »Sehr.« »Und bezaubernd.«
    »Wie ein Engel!«
    »Na, das klingt ja ganz wundervoll. Aber das eine schließt das andere nicht aus. Wie gefällt es Euch hier im Kirchspiel?«
    »Sehr gut. Ihr wißt sicher, daß Yrja und Tarjei und ich während der Pest mit Herrn Tengel zusammengearbeitet haben? Damals sind wir Freunde fürs Leben geworden, denke ich.« »Das war, gleich nachdem ich nach Kopenhagen abgereist war… Komm von dem Baum da runter, Kolgrim, ich habe dich genau gesehen! …und Großmutter Charlotte und Großvater Jacob starben. Es hat mir so weh getan, daß ich damals nicht bei ihnen sein konnte.«
    Er staunte über ihr dauerndes schnelles Wechseln zwischen Spaß und Ernst. Das gefiel ihm - es deutete daraufhin, daß sie ein reiches Gefühlsleben hatte.
    Unbewußt wanderten seine Gedanken zu seiner Frau, und ihm war, als ob die Sonne hinter einer Wolke verschwände. Herr Martinius gab sich hypothetischen Spekulationen hin. Was, wenn Fräulein Cecilie nicht abgereist wäre, kurz bevor er in das Kirchspiel kam? Wenn sie auch bei dem Kampf gegen die Pest dabei gewesen wäre? Denn mutig genug dafür war sie, da war er ganz sicher. Wie wäre sein Leben dann wohl verlaufen? Jetzt war jedenfalls alles zu spät.
    Tarjei hatte sich bereit erklärt, einen Krankenbesuch zu machen, Einem Kleinbauern war bei einer der zahllosen Raufereien, wie sie bei festlichen Anlässen gang und gäbe waren, ein Messer in den Leib gerammt worden. Cecilie bot sich an, ihm zur Hand zu gehen, und dankbar nahm Tarjei ihr Angebot an.
    Der Bauer war nach Hause geschafft worden. Tarjei, der kein Auge für so etwas hatte, fiel nicht auf, wie ärmlich die Kate eingerichtet war und wie viele Kleinkinder erschrocken um das Bett des Vaters standen. Cecilie dagegen sah es sofort und dachte, daß sie hier unbedingt Hilfe hinschicken mußten. Es war nur so, daß es bei fast allen Familien im Umkreis ähnlich schlimm stand.
    Aber dieser Mann durfte nicht sterben! Das wäre eine Katastrophe für die junge Bäuerin.
    Tarjei untersuchte die Wunden des Verletzten. Er ging zu einem der Männer, die ihn gebracht hatten, und sagte leise: »Holt den Pastor - sicherheitshalber.« Der Mann nickte und ging. Cecilie hatte gehört, was Tarjei sagte, und schauderte. Teils, weil es sich schlimm für den Bauern anhörte, und teils aus anderen Gründen, die sie selber gar nicht so genau wissen wollte.
    Der Mann hatte den Messerstich tief in den Unterleib erhalten. Als Tarjei die Wunde freilegte, spürte Cecilie, wie der Boden unter ihren Füßen schwankte und der Raum sich zu drehen begann. Worauf in aller Welt hatte sie sich da eingelassen? Kopflos und übermütig hatte sie Tarjei gegenüber die Überlegene gespielt. »Laß mich mitkommen und dir helfen!« Du liebe Güte! Was gäbe sie darum, jetzt gemütlich daheim auf Grästensholm zu sitzen und sich mit der lieben, wunderbaren Yrja über Kindererziehung zu unterhalten! Wie hätte Cecilie ahnen können, daß ausgerechnet dieser Impuls, die barmherzige Samariterin zu spielen, eine tiefgreifende, fatale Auswirkung auf das Leben der armen Yrja haben sollte? Tarjei hatte wohl gerade etwas zu ihr gesagt. »Wisch das Blut weg, Cecilie!«
    Er reichte ihr einen Lappen, den sie kraftlos fallen ließ. Cecilie schluckte und hob ihn auf. Versuchte, mit geschlossenen Augen das Blut wegzuwischen. Es ging nicht. »Beeil dich schon!« sagte Tarjei ungeduldig.
    Er verstand nicht, wie jemandem beim Anblick menschlicher Innereien sterbenselend werden konnte.
    Tarjei sah hinauf zum finsteren Dachstuhl, durch dessen winzige Öffnung kaum Licht hereinfiel. Er seufzte. »Nein, das wird nichts, es ist viel zu dunkel und schmutzig hier. Wir müssen ihn hochschaffen in Tengels Behandlungszimmer. Habt ihr einen Schlitten?«
    »Nur ein Schlepp«, antwortete die verschreckte Bäuerin. »Dann heraus damit. Schnell!«
    Fast alle hasteten nach draußen, sichtbar erleichtert, etwas tun zu können.
    Herr Martinius kam, aber es blieb keine Zeit für Gebete, Er half mit, den Mann auf das Schlepp zu bugsieren – zwei miteinander verbundene Stangen, die am Kummet des Pferdes befestigt waren und deren Enden über den Boden schleiften.
    Dann halfen die Männer, die den Verletzten heimgetragen hatten, das Pferd zu führen, während Tarjei, Cecilie und der Pastor sich um den Patienten kümmerten. Die Bäuerin mußte Zuhause bei den Kindern bleiben. Das war am besten so.
    Die völlig verängstigte junge Frau rief Tarjei nach:

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