Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß
Erlebnisse, die Spuren hinterlassen haben. Darum bekam er Probleme und wäre fast auf die schiefe Bahn gekommen. Es gab eine große Gerichtsverhandlung, bei der man Hans Barth und einen anderen Mann verurteilte, während Alexander freigesprochen wurde - größtenteils dank eines halsbrecherischen Meineides meinerseits. Ich habe Alexander damals zur Seite gestanden, so wie du jetzt Tancred zur Seite stehst. Verstehst du das?«
Jessica beugte den Kopf. »Ich glaube, ja. Zum Teil.« »Das Schwein!« stieß Alexander zwischen den Zähnen hervor. »Greift meinen geliebten, herzensreinen Sohn an. Und Tancred ist ein Ehrenmann. Ich verstehe gut, daß er uns seinen Kummer nicht anvertrauen wollte. Hat er viel bezahlen müssen?«
»Alles, was er hatte«, sagte Jessica. »Er hat sich von mir zehn Reichsthaler geliehen, damit er den Mann heute abend bezahlen kann. Das wollten wir, damit wir inzwischen unser Vorhaben planen können.«
»Heute abend?« fragte Alexander schneidend. »Wo? Und wann?«
Cecilie hatte bereits zehn Reichsthaler aus einem Kästchen genommen und reichte Jessica das Geld.
»Im Wirtshaus auf halbem Weg nach Kopenhagen. Den Zeitpunkt weiß ich nicht.«
»Erzähl jetzt alles, was Tancred erzählt hat«, bat Alexander. »Wort für Wort. Wie unbehaglich es auch sein mag.«
»Ja, nur muß ich erst sagen, daß weder Tancred noch ich ein Wort von dem geglaubt haben, was der Mann da behauptet hat. Aber Tancred wußte nicht, welchen Schaden der Brief für Euch anrichten konnte. Er hat mir folgendes anvertraut…«
So berichtete sie alles so detailliert wie möglich, woran sie sich erinnerte - auch von dem Duell, aus dem nichts wurde.
Alexander erstarrte immer mehr. Als sie fertig war, erhob er sich. »Ich komme gleich wieder«, murmelte er.
Sie hörten ihn die Treppe nach oben gehen. Die Frauen sahen einander hilflos an. »Ist es wirklich ernst?« fragte Jessica.
»Für Alexander? Eigentlich nicht. Er wurde damals ja freigesprochen. Aber wenn der Brief bekannt wird… Ich weiß ja nicht, was darin steht, und wie man das auslegen kann.«
Jessica hätte gerne gewußt, ob Hans Barth wirklich Alexanders ›Liebhaber‹ gewesen war, brachte es aber nicht über sich zu fragen. Sie hatte Angst, die Antwort könne sie zu sehr aufregen. Alexander blieb lange fort.
»Was macht er nur da oben?« fragte Cecilie.
»Ich meinte, ich hätte eben auf der Treppe Schritte gehört«, sagte Jessica, »und dachte, er käme herein…«
Sie erstarrten. Draußen vom Hof waren ganz deutlich Hufschläge zu hören. Sie stürzten gleichzeitig ans Fenster und konnten gerade noch einen dunkeln Schatten vom Hof reiten sehen. »O Gott, nein«, flüsterte Cecilie.
»Er reitet zum Wirtshaus«, vermutete Jessica. Cecilie war bereits die Treppe heraufgelaufen, leichtfüßig wie eine Fünfzehnjährige. Jessica blieb am Fuße der Treppe stehen. Gleich darauf erschien Cecilie wieder. »Er hat die Pistole mitgenommen. Und er war wütend. Keiner darf seinen Kindern etwas antun!« »Oh, was habe ich nur angestellt?«
»Du? Du hast ganz richtig gehandelt. Tancred konnte uns nichts erzählen, das verstehen wir sehr gut, aber du konntest es. Das war ganz natürlich. Aber wir müssen uns beeilen, bevor etwas Unwiderrufliches passiert.« Jessica war schnell angezogen. Wenige Minuten später ritten auch sie hinaus in den dunklen Abend.
Als sie nach einem Ritt, der ihnen noch stundenlang in den Knochen sitzen sollte, beim Wirtshaus ankamen, stiegen sie ein Stück von den Häusern entfernt ab und banden die Pferde an einen Baum. Dann schlichen sie an eines der Fenster zur Schankstube.
Sie schirmten die Augen mit den Händen ab und sahen hinein. »Keiner von ihnen da«, sagte Cecilie.
»Kommt«, flüsterte Jessica. »Ich glaube ich weiß, welches Zimmer der Mann immer hat.«
»Aber Tancred sagte doch, daß sie sich nie allein im Zimmer getroffen haben?«
»Ja, aber wir müssen nachsehen. Außerdem suchen wir nicht Tancred«, ermahnte sie Cecilie. »Vielleicht finden wir ja auch den Brief.« Aber daran glaubte keine von ihnen.
Ein deutlich bezechter Mann kam aus dem Gasthof, und sie liefen um die nächste Hausecke.
»Hier steht ja Alexanders Pferd«, sagte Cecilie erschrocken. »Es ist noch schweißnaß, er muß gerade gekommen sein.«
Vorsichtig gingen sie durch den menschenleeren Hinterhof und dann die Treppe hinauf.
Oben im Dunkeln zögerte Jessica. Dann tastete sie sich vorwärts.
»Das hier ist die Tür zu unserem Zimmer«, flüsterte
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