Die Saga vom Eisvolk 10 - Wintersturm
dass die Arbeit nicht so schnell zu Ende ging. Einige Tage würde sie noch brauchen, bis sie den Eispanzer Eldars aufbrechen konnte. Sie ging über den Hofplatz nach Hause und winkte zum Abschied allen zu. Eldar stand auf dem Stalldach, zögernd hob er die Hand zu einem halbherzigen Gruß. Jespers Sohn, der im selben Alter wie Niklas war, stand neben Eldar und sah zu Villemo.
»Prächtiges Mädchen«, sagte er anerkennend, so, als hätte er Appetit auf ein Dessert. »Die sollte man in Bett haben.«
Eldar wandte sich schnaufend ab, ohne ein einziges Mal hinter Villemo herzusehen.
Villemo war früh auf der Baustelle, doch sie sah Eldar nicht.
»Seid ihr heute nicht alle hier?« fragte sie einen von Eldars Brüdern.
»Sind wir nicht«, brummte er sauer.
»Eldar ist nicht hier - wo hat er sich versteckt?«
»Der hat anderes zu tun.«
Sie wollte ihn noch fragen, ob Eldar morgen komme, aber das wäre zu offensichtlich gewesen.
Bald ließ sie ihre Arbeit liegen und ging zornig nach Grastensholm. Sie fand Mattias alleine. Er war bald fünfzig, aber das wollte keiner glauben. Noch immer hatte er ein kindliches, unschuldiges Gesicht, und wenn man mit ihm zusammen war, waren alle Sorgen vergessen, das sagte auch die Bevölkerung aus der Gemeinde. Villemo schlich wie eine Katze um den heißen Brei, und sie redeten über belanglose Dinge. Dann stellte sie spontan eine Frage. »Onkel Mattias, kannst du mir nicht den Schatz des Eisvolkes zeigen?«
Mattias schreckte zusammen. »Das wird schwierig, und da ist auch wohl nicht viel zu sehen. Was willst du wissen?«
»Ist es wahr, dass das richtige Hexenmittel sind?«
»Vorsicht, Villemo, Hexenmittel und Hexenmittel ist ein großer Unterschied, da sind viele kuriose Sachen in der Sammlung.«
»Auch Sachen, die von Hanna und Sol gebraucht wurden?«
»Ja, das haben sie des öfteren gebraucht, aber wir wissen nichts über die Wirkungen der Dinge.«
»Ich habe gehört, dass die beiden großartig waren.«
»Man soll nicht alles glauben, was man hört.«
»Jedenfalls hat das Großmutter Cecilie gesagt.«
Mattias lachte. »Meine Tante Cecilie hatte schon immer eine lebhafte Fantasie, auch ihr Umgang mit der Wahrheit ist nicht gerade empfehlenswert, sie übertrieb immer ein bisschen, nur um zu imponieren, genauso wie du.«
Villemo sah, dass sie so nicht weiterkam. Mattias versuchte, sie vom Thema abzulenken.
»Warum kann ich den Schatz nicht sehen?«
»Weil es gefährlich ist, mit den Sachen zu hantieren.«
»Brauchst du nie etwas von den Sachen, Onkel Mattias?«
Was für ein süßes kleines, gut gekleidetes Mädchen, dachte er, doch er glaubte nicht einen Augenblick an das Engelsgesicht. Da waren die Augen, die gelben Katzenaugen des Eisvolks.
»Doch, ab und zu brauche ich einige Sachen, wenn alles andere nicht mehr hilft, aber viel häufiger brauche ich modernere Mittel.«
»Villemo zögerte lange, bevor sie zur Sache kam. Wenn er sich nicht blamieren wollte, musste er jetzt Farbe bekennen.
»Ist das wahr, was Großmutter erzählte, dass Sol ab und zu eine Art Liebeskraut benutzte, um Männer begehrlich zu machen?«
Mattias lächelte, aber es war kein zufriedenes Lächeln. Seine Augen nahmen einen harten Ausdruck an. »Sol brauchte solche Kniffe nicht, sie war so berauschend schön, sie konnte bekommen was sie wollte, du hast ja das Bild von ihr gesehen. Ihr habt viele Gemeinsamkeiten, auch im Ausdruck und den Gebärden.«
»Brauchte sie solche Kräuter vielleicht, um anderen zu helfen?«
»Welche Kräuter?« fragte er. Es wurde immer schwieriger für ihn.
»Liebeskräuter.« sagte sie. »Hast du diese Kräuter in der Sammlung?«
Nun ging ihm ein Licht auf. Sie war gar nicht an der Sammlung interessiert, sie wollte, dass sich ein junger Mann in sie verliebte! Ein Stein fiel ihm vom Herzen, hatte er doch an Schlimmeres gedacht.
Er ging zur Tür. »Komm, sehen wir uns die Sachen an.«
Sie sprang auf und folgte ihm in das kleine Zimmer, in dem er die Sachen und andere Medizin aufbewahrte. Wer mag das wohl sein, der Villemos Herz schneller schlagen lässt, dachte er und freute sich. Da waren letztes Jahr einige Feste auf allen drei Höfen gewesen, dabei hatte sie vielleicht einen Jüngling aus den besseren Kreisen von Akerhus kennengelernt. Mattias empfand ein Lustgefühl, er würde ihr ein ungefährliches Mittel geben, nur, um zu sehen, was sich da entwickelte. Das sollte er nicht machen, denn er kannte doch Villemo. Er schloss an einigen Schränken mehrere
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