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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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machen.
    Robbie fühlte sich derart schuldbewußt, daß er sofort hinrannte und zwei weitere Karten für The Wiz kaufte. Die Plätze waren noch teurer. Er ging mit Yolie hin, und als die Stelle kam, wo Dorothy und ihr Hund nach Emerald City kommen und der Zauberer sein Solo singt, sagte Robbie: »Wart mal, bis du das gehört hast! Der Typ kann echt …«
    Und an dieser Stelle blieb ihm mitten im Satz der Mund offen stehen. Und es war natürlich klar, daß Yolie fragte: »Woher weißt du das?«
    »Ich hab da was gelesen«, sagte Robbie. »Es steht in allen Zeitungen!«
    Es war wirklich alles viel zu kompliziert, und so faßte er den Entschluß, der Sache ein Ende zu machen. Er wußte einfach nicht mehr, ob er die Barmixerin noch liebte, wenngleich er's in ihrer Gegenwart noch ganz genau wußte, weil er jedesmal, wenn er in ihrer Nähe war, eine halbe oder eine ganze Flasche niedermachte, wodurch seine Romanze wie ein Edelstein erstrahlte oder wie immer man's nennen mag.
    Robbie fuhr zu der Zeit einen 260Z Datsun. Es war ein heißes Auto, aber er wünschte sich einen Porsche. Der junge Mann hatte ziemlich teure Allüren. In einem Fall mußte er den Wagen in der Nähe des Monument Parks aus dem Dreck ziehen lassen, nachdem er dort bis drei Uhr nachts einer Süßen mit ganz großen Augen jede Menge über die Revolverhelden im Niemandsland vorgeschwärmt hatte. Als er an einem anderen Abend von seiner Barmixerin kam, erwischte es ihn auf einer von einem heftigen Regenguß überfluteten Straße, und er mußte annähernd zwei Wochen lang auf die BARF Squad verzichten, weil er einen Telegrafenmast auf dem San Ysidro Boulevard fast gefällt hatte. Er wurde im Krankenhaus wach und blieb dort die nächsten zehn Tage, aber sobald seine klaffende Schädelwunde verheilt war und sein Auge wieder funktionierte, konnte er es kaum abwarten, wieder bei BARF zu sein. Und noch mehr zu saufen. Er versuchte, ein mindestens ebensolcher Macho zu sein wie alle mexikanischen Cops zusammen.
    Irgendwann sagte seine Frau doch mal einige kritische Worte über die Trinkerei. Er ärgerte sich kolossal. »Du trinkst ja nicht mit mir«, sagte er. »Wir haben so wenig Zeit füreinander, und du setzt dich nicht mal hin und redest und nimmst ''n Schlückchen. Du bist es doch, die mich hier verjagt. Meine Schuld ist es nicht.«
    Und als Yolie dann hinausgegangen war und weinte oder irgendwas dergleichen tat, schlug Robbie die Tür hinter sich zu und brüllte: »Okay, du willst es nicht anders haben. Ich geh ins Anchor Inn!«
    Und er tat, wie er meinte, das Richtige mit dem Versicherungsgeld für den Totalschaden des Datsun. Er kaufte sich seinen Porsche 924, den er sich seit langem erträumt hatte. Der war sehr viel schneller.
    Yolie Hurt gewann die Überzeugung, daß es an der Zeit sei, ihr eigenes Leben zu führen. Sie tanzte gern, und er tanzte nicht. Er trank, und sie trank nicht. Sie arbeitete für eine Firma, die Kontaktlinsen herstellte, und sie hatte sich dort mit einigen Kolleginnen angefreundet. Sie wollte, daß er sie mal kennenlernte. Er versuchte es ein- oder zweimal. Er saß rum und hörte zu und fragte sich, was sie eigentlich bei ihm wollten, diese beschissenen Zivilisten. Was wußten die denn, was in der Welt los war?
    Robbie Hurt war nicht nur Angehöriger einer Minorität. Er fühlte sich als Minorität innerhalb einer Minorität innerhalb einer Minorität. Ein Outsider innerhalb einer Elitetruppe innerhalb der Polizei. Er dachte mehr und mehr, er habe überhaupt nichts gemein mit irgendwelchen Zivilisten, Yolie eingeschlossen.
    Eines Nachts kam er um vier Uhr morgens nach Hause und behauptete, er hätte lange arbeiten müssen. Er hatte seinen Wagen direkt unter der Laterne vor dem Anchor Inn geparkt, unbewußt vielleicht in der Hoffnung, sie würde ihn sehen, weil sie ziemlich in der Nähe wohnten. Sie hatte ihn gesehen. Sie machte ihm Vorwürfe.
    Er sagte: »Na gut, du hast mich erwischt. Dann laß uns mal Schluß machen. Ich hab keine Lust mehr mit dir.« Dann tischte er ihr gegen besseres Wissen als Zugabe noch eine hundsgemeine Lüge auf. Er sagte: »Im übrigen glaub ich, du vögelst rum, du mit deinen Arbeitskolleginnen. Also, wieso sollte ich es dann nicht?«
    Sie schlug ihn. Er schlug zurück, das einzige Mal, daß er sie je geschlagen hatte. Sie weinte tagelang. Er fühlte sich wie ein ganz mieser Hund. Er mußte sehen, wie er da raus kam, bevor er daran kaputtging. Er zog aus. Er zog wieder ein. Er konnte nicht verstehen,

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