Die San-Diego-Mission
lang weder das Ensemble noch die Zweitbesetzung über Funk erreichen konnten, und am Ende hätte ihnen die Magensäure nahezu die Speiseröhre zerfressen, wenn sie nicht noch rechtzeitig erfahren hätten, daß diese Schüsse weder von Barfern noch auf Barfer abgefeuert worden waren. An diesem Abend glitt Robbie aus und stürzte einen Berg hinunter, wobei er sich den Knöchel verstauchte. Ein paar Tage lang trug er einen provisorischen Gipsverband, und als er auf Krücken in eine Copkneipe humpelte, saßen und becherten dort zufällig ein paar Groupies mit einigen Detectives und Streifencops.
Irgend jemand wies die anderen darauf hin, daß die Revolverhelden eingetroffen seien und einer von ihnen an Krücken gehe, und das nächste, an das sich Robbie erinnerte, war die Tatsache, daß drei Zuckerpuppen große Augen machten, weil er sie prächtig mit einer Story unterhielt, wie er zu der »Verletzung« gekommen war.
»Da draußen, das ist der reine Dschungel, Mädchen!« hörte er sich sagen. »Also schön, wir mußten heute abend mal wieder ein paar Gangster umlegen. Und ich hab mich verletzt, als ich einen verfolgte, der fast auf mexikanisches Territorium entkommen wäre.«
Und so weiter. Das Erstaunliche war, daß er auf dem besten Weg war, das auch alles zu glauben. Es war verblüffend, was dieser Job in einem Hirn anrichten konnte. Er versuchte, seiner eigenen Quasselei ein Ende zu machen, aber er konnte es nicht. Sie umdrängten ihn scharenweise. Sie bewunderten ihn. Nein, sie verehrten ihn.
Ken Kelly sagte: »Es war, als ob man irgendwas Schönes im Rucksack hätte. Man konnt's rausholen, wenn man es brauchte. Robbie Hurt holte es dauernd raus.«
Robbie Hurt hörte nie auf, seine Frau anzurufen und um ihren schwesterlichen Rat zu bitten. Sie war die einzige Person, mit der er reden konnte, auch noch, als seine Ehe nicht mehr existierte. Er sagte, seine Exfrau sei der beste Mensch, den er in seinem ganzen Leben je kennengelernt hätte. Er sagte immer, er hätte besser mit seinem Tun und Treiben aufhören und statt dessen seine Ehe retten sollen. Er sagte, die Einsamkeit nach der Trennung habe ihn häufig an Selbstmord denken lassen. Er sagte, er habe sich vor Einsamkeit die Augen ausgeweint.
All das sagte er und meinte es auch so, aber wirklich abhängig war er von etwas anderem, von einem derart verführerischen, derart verlockenden, derart überwältigenden Phänomen, daß er ihm nie widerstehen konnte. Er war abhängig von einem Phänomen, das schon manchen älteren und klügeren Menschen als Robbie Hurt übermannt hatte. Das Phänomen war eine Hure. Und die abstoßende, unheimliche Hure hatte einen Namen. Sie nannte sich Berühmtheit.
13. KAPITEL
Grenzen und Schatten
D as Verhältnis der Barfer untereinander ging durch ihren immer größeren Ruhm allmählich mehr und mehr in die Binsen. Sie vergeudeten ihre Zeit damit, sich interviewen zu lassen (das heißt, Manny Lopez tat es) und Vorträge zu halten (was allerdings ebenso fast immer nur Manny Lopez tat), und die anderen fühlten sich allmählich wie der Charakterdarsteller, der das Mädchen nie kriegt. Der eine oder andere von ihnen, vor allem Eddie Cervantes, hätte sein Leben dafür hergegeben, prominente Leute kennenzulernen.
»Also, ich kann ja schlecht nein sagen, wenn ich beim Rotary Club 'n Vortrag halten soll«, verteidigte sich Manny Lopez. »Ihr Arschlöcher wißt ganz genau, daß es euch jederzeit freisteht, genauso Reden zu halten oder im Fernsehen aufzutreten wie ich oder 'n Presseagenten anzuheuern. Kommt nächstes Mal einfach mit.«
Aber sie taten's nie, abgesehen von einem einzigen Mal, wo Tony Puente zur Bereicherung eines Vortragsabends der Kiwanis beitrug. Er war von der Art, in der Manny mit seiner Zuhörerschaft umging, zutiefst beeindruckt. Tony war ab sofort felsenfest davon überzeugt, daß Manny bestimmt noch mal Polizeichef oder Bürgermeister von San Diego werden könne, unter Umständen sogar, verdammt noch mal, Gouverneur von Kalifornien. Dick Snider mochte sich die Idee zusammengeträumt haben, aber BARF, das war Mannys Baby. Er formte es, er verkaufte es, er stellte es dar, und wenn es je sterben sollte, würde er derjenige sein, der es umbrächte. Eddie Cervantes und die meisten anderen meckerten und beschwerten sich zwar dauernd, Manny würde ihnen die Show stehlen, aber einige räumten auch ein, daß niemand von ihnen das machen könnte, was Manny machte.
Irgend jemand meinte: »Könnt ihr euch vielleicht
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