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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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bereits voll in die Nase, wenn Manny Lopez seine Kommandos zum Feuern noch gar nicht rausgebrüllt hatte.
    Robbie Hurt, der Rechtshänder war, sah dummerweise nur auf dem linken Auge gut, und sie stellten ziemlich spät fest, daß er, was nicht gerade sehr tröstlich war, mit dem Schrotgewehr kaum vernünftig schießen konnte. Ernie Salgado, der's eigentlich durchaus konnte, baute dauernd Scheiße, und Manny Lopez donnerte ihn ständig zusammen. Renee Camacho wiederum konnte sich mittlerweile kaum noch bewegen, weil er am ganzen Körper blödsinnigerweise viel zu viele Patronen versteckt hatte. Er war nahezu schon ein ebensolches wandelndes Waffenarsenal wie Joe Castillo. Und Joe hatte ein dunkles Geheimnis, das er nie einem Menschen anvertraute. Es war das gleiche Geheimnis, das insgeheim auch Renee Camacho und Ernie Salgado und Eddie Cervantes und Fred Gil mit sich rumschleppten. Das Geheimnis bestand darin, daß sie das Gefühl eines bevorstehenden Unheils einfach nicht mehr loswurden. Jeder hatte es, und jeder meinte, er sei der einzige.
    Sie brauchten dringend praktischen Beistand und gute Ratschläge für ihr mörderisches Geschäft: Wir haben uns hier zusammengefunden, um Sie auf eine Situation vorzubereiten, in der ein Mann wie ein Geist aus dem Dunkel auftaucht. Er wird stinken wie der Tod …
    Renee Camacho guckte inzwischen dauernd auf den schwangeren Leib seiner Frau und fragte sich, wem ihr Kind wohl ähnlich sehen würde. Er brach dann in Schweiß aus, und ein heißer Schauder überlief ihn. Die Dinge fingen an, sich zu verändern: Der Himmel war tatsächlich blauer. Das Gras war tatsächlich grüner.
    Joe Castillo hatte ein ähnliches Gefühl. Ich will noch was vom Leben haben. Ich möchte lebendig sein. Und weil er's sich so schrecklich wünschte, trank er noch mehr als bisher, machte immer mehr Wirbel und wurde gegen sich selbst immer rücksichtsloser. »Ich bin rumgelaufen«, so etwa drückte er's aus, »als wär mir alles scheißegal.«
    Mehr und mehr kriegten dann alle dieses Gefühl. Mir ist ja alles schnuppe. Wen interessiert das? Was soll's? Sie fühlten sich langsam wirklich alle wie eine Minorität innerhalb einer Minorität innerhalb einer Minorität.
    Sie hatten mit den alltäglichen Aufgaben der Polizei überhaupt nichts mehr im Sinn. Als sie wegen eines mexikanischen Feiertags zu einem polizeilichen Sondereinsatz abkommandiert wurden, ärgerten sie sich scheckig. »Wieso wir? Wieso müssen wir das machen?«
    Manny Lopez erklärte: »Weil ihr Mexikaner seid, ihr blöden Arschlöcher!«
    Sie fühlten sich derart isoliert und elitär (Wir, die wir sterben werden … ), daß sie sich schließlich selbst isolierten und als Elite agierten. Ob die Streifencops sich über ihr Aussehen, ihre Kleidung und ihr Benehmen ärgerten oder auch nicht, war ihnen insofern egal, als sie sowieso zwangsläufig die Zielscheibe für jedermanns Neid und Eifersucht darstellten. Daß sich die Detectives der Mordkommission über sie ärgerten, war sonnenklar, weil die Detectives der Mordkommission es verständlicherweise überhaupt nicht schätzten, sich die Nächte draußen in diesen Bergen um die Ohren zu schlagen, nur weil diese Vigilanten andauernd die Canyons in Fetzen schossen. Sie hatten nahezu ihr eigenes Recht und Gesetz, und sie waren immer noch die Lieblinge der Medien und der Politiker – die letzten Revolverhelden.
    Eines Tages erfuhr Fred Gil, was derzeit passieren konnte, wenn man wieder einmal einen Scherz wie damals machen wollte, als BARF noch neu war und sie alle noch jung waren, was mindestens ein Jahrhundert her war. Fred Gil hatte eine Brille und Plastikzähne gefunden, die von einem Halloween-Kostüm übriggeblieben waren, und machte sich wie Charlie Chan zurecht, worauf Manny Lopez, in dessen Augen er eher wie ein philippinischer Buchmacher aussah, Carlos Chacon herbeizitierte, der mit einer philippinischen Frau verheiratet war.
    Manny rief: »He, Carlos, dein Schwager will dich mal sprechen!«
    Und Carlos Chacon glaubte es natürlich und kam zum Eingang und wollte wissen, warum, zum Teufel, sein Schwager plötzlich hier aufkr…
    Dann sah Carlos den alten Fred Gil mit vorstehenden Zähnen und einer Brille mit aufgeklebten verdrehten Augen, und daraufhin fletschte Carlos seinerseits die wolfsähnlichen Zähne, verdrehte seinerseits die Augen wie Rasputin und schrie: »DU KANNST MICH AM ARSCH LECKEN, GIL!«
    Und der arme alte Fred Gil und alle anderen kapierten mit einemmal, daß sie sich

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