Die San-Diego-Mission
allen Seiten im Stehen applaudiert.
Wenn der Chief Reden über die Grenzkriminalität hielt, erklärte er regelmäßig, daß man die entsprechende Verantwortung endlich und unbedingt Washington auferlegen müsse, und insofern sprach er wie ein Republikaner über die Richtungslosigkeit in Jimmy Carters Politik. Wenn Manny dagegen redete, erschien es den Zuhörern, als ständen sie den Gangstern in der stockdunklen Nacht tatsächlich gegenüber und müßten ihnen mit dem Ziehen ihrer Waffen zuvorkommen. Es war leicht, sich vorzustellen, wen die Leute lieber hören wollten, Republikaner wie Demokraten.
Nie sagte Dick Snider auch nur ein einziges bitteres Wort darüber, daß er ab sofort von allen Entscheidungen über sein geistiges Produkt ferngehalten wurde. BARF gehörte jetzt nur noch Manny Lopez. Dick Snider beschwerte sich nicht mal dann, als seine Karriere, wie Deputy Chief Burgreen es formulierte, »ins Schleudern geraten« war.
So lange jedenfalls nicht, wie Manny Lopez und seine Leute Gangster festnahmen und Grenzgänger in den Canyons beschützten, in seiner Stadt, in seinem Land.
Manny umschrieb es so: »Dick Sniders Motive waren bis zum Schluß sauber. Er war der einzige von uns allen, dessen Motive immer sauber waren. Die Bonzen konnten das nicht nur nicht verzeihen, sondern nicht mal glauben.«
Hinsichtlich der Gefahren, in denen die Barfer ununterbrochen schwebten, sagte Dick Snider lediglich: »Wenn die Millionäre von La Jolla es dauernd mit Raub-, Notzucht- oder Morddrohungen zu tun hätten, würde man von uns im Zweifel sofort verlangen, daß wir unser Leben hergeben. Ganz selbstverständlich, ohne zu fragen.«
Während die Medien auf beiden Seiten der Grenze in den Wochen darauf buchstäblich Sperrfeuer schossen, löste Chief Kolender sein Wort ein und besuchte die Southern Division, um Mannys Leuten zu versichern, daß sie wirklich eine verdammt tapfere Bande von harten Jungs seien, eine verdammt gute Arbeit leisteten und immer mit seiner uneingeschränkten Unterstützung rechnen könnten.
Der Chief richtete seine Worte an die Barfer auf deren ureigenem Terrain, als sie gerade wieder mal zu ihrer Kriecherei durch die Canyons aufbrechen wollten. Nachdem er seine anfeuernde Rede beendet hatte, sagte er: »Die Anklage gegen den Polizeibeamten aus Tijuana wird nach der Voruntersuchung möglicherweise fallengelassen. Sie sollten besser darauf vorbereitet sein.«
Und da plötzlich platzte Ken Kelly, der sich heute besonders kriegerisch und aufgekratzt fühlte und sich deshalb ein Gemisch aus Pulverkaffee und Pulverschokolade über das ganze Gesicht geschmiert hatte, mit einer Frage heraus. Im übrigen hatte er sein langes Haar auch zu einem Knoten zusammengebunden und unter einer Mütze aus einem Strumpf versteckt, damit es in den Canyons nicht so sehr auffiel. Er sah damit aus wie ein einsamer GI, der sich mit Kokain beflügelt hatte, in einem Hollywoodfilm über Vietnam, eine Mischung aus einem Punkrocker und einem der berühmten indianischen Kopfjäger aus dem Urwald im östlichen Ecuador.
Ken Kelly, der immer noch unter den Folgen der Tatsache zu leiden hatte, daß er als einziger Cop von San Diego wegen der tätlichen Beleidigung eines Zivilisten angeklagt worden war, zwirbelte seinen Walroßschnurrbart und sagte: »Chief, wie ist es möglich, daß dieser Cop aus Tijuana einen Cop aus San Diego anschießen kann und trotzdem ungeschoren davonkommt? Während ich demnächst vor Gericht muß, bloß weil ich ein Arschloch ersten Grades mit 'ner Taschenlampe verprügelt habe? Wie ist so was möglich?«
Darauf wechselte der Chief of Police schnell das Thema und fragte: »Wer sind Sie?« Dann lachte er und fügte hinzu: »Vor allem sind Sie einer der verdächtigsten Leute, die ich je gesehen habe.«
Die Barfer hätten am liebsten vor Vergnügen gebrüllt, weil Ken Kelly wirklich echt bekloppt aussah. Es schmeichelte ihnen unheimlich, daß der Chief sie gestreichelt hatte, gleichgültig, ob die Anklage gegen Chuey Hernandez fallengelassen wurde oder nicht.
Der Chief beendete das Ganze, indem er über den Polizisten aus Tijuana sagte: »Er hat ja ganz schön bezahlen müssen, wie Sie wissen.«
Ein Punkt, den der Chief während dieser Zusammenkunft auch noch zur Sprache gebracht hatte, rief bei den Barfern die unterschiedlichsten Gefühle wach: »Ich möchte da auch noch hinsichtlich einer anderen Sache ehrlich sein. Es ist ein wahres Wunder, daß noch niemand getötet worden ist. Ich habe ständig
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