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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Mannes. »Manny, ich weiß wirklich nicht, was ich da tun kann.«
    »Verdammt, Chief, ich kündige!« sagte Manny Lopez.
    Da aber sagte Chief Kolender, der genau wußte, wie man mit legendären Revolverhelden und Macho-Cops umging: »Manny, wenn Sie kündigen, fliege ich raus.«
    Sie hätte von Manny persönlich stammen können, diese reife Leistung: Wenn Sie kündigen, fliege ich raus. Die natürliche Folgerung war die, daß Manny Lopez schon eine so berühmte, legendäre und mythische Figur war, daß sein Schicksal unmittelbar mit dem des Polizeichefs verknüpft war. Und vielleicht auch mit dem des Bürgermeisters, wenn man den Gedanken zu Ende dachte. Und scheiß drauf, so fest saß Gouverneur Jerry Brown auch nicht im Sattel!
    Es war ähnlich wie bei einer Diva, die sich zu singen weigert, bevor sie der Impresario nicht in die Arme schließt und sagt: »Aber, meine Göttliche, ich bin erledigt, wenn du nicht singst!«
    Tief im Innern weiß sie ja, daß er Scheiße redet, aber es hört sich so phantastisch an, daß sie rausgeht und anschließend zumindest so viele Vorhänge kriegt, wie ein Bühnenarbeiter Leistenbrüche hat.
    Im Moment überlegte der Chief: »Wie wär's, wenn wir diesen Hernandez dem Gericht zur Voruntersuchung übergäben? Würd Ihnen das genügen?«
    Und Manny Lopez, mittlerweile längst eine Art Königsmacher und was nicht alles, sagte: »Na klar. Ob es dann ne Verhandlung gibt, ist mir schnuppe. Hauptsache, es findet ne Voruntersuchung statt, von wegen, daß wir keine Scheiße gebaut haben. Okay! Und eins noch, Chief, wie wär's denn, wenn Sie mal an 'nem Abend vorbeikämen und meinen Jungs sagen, was Sie von ihnen halten? Es wäre unheimlich nett.«
    Einen Menschen gab es, der mit der BARF Squad zwar wie durch eine Nabelschnur verbunden war, von dem aber weder der Chief noch Deputy Chief Burgreen besonders viel hielten. Auch andere Bonzen hielten diesen BARF-Mann für absolut unwichtig. Dabei war er derjenige, der das Ganze ins Leben gerufen hatte – Lieutenant Dick Snider.
    In einer Hinsicht erging es Dick Snider wie dem Baron Victor Frankenstein nach der Erschaffung seines Monsters: Keiner erinnerte sich noch, was er eigentlich gewollt hatte. Gleichwohl verhielt sich Dick Snider seiner Schöpfung gegenüber absolut loyal, wie man es bei ihm wohl auch kaum anders erwarten konnte. Ohne sonderlich große Seelenqualen akzeptierte er die offizielle Interpretation der internationalen Schießerei – das heißt also, die Interpretation von Manny Lopez. Obgleich man ihn offiziell seit langem von seinen Pflichten als BARF-Chef entbunden hatte, war er inoffiziell, als einer der Oberbeamten vom Dienst bei der Southern Division, immer noch der gute Onkel der Barfer. Manny war nahezu immer so höflich, ihn auf dem laufenden zu halten. Dick Snider honorierte die Höflichkeit dadurch, daß er BARF gegenüber eben jene totale Loyalität an den Tag legte, die ihn bei den hohen Tieren im Department reichlich unbeliebt machte.
    Natürlich war diese Unbeliebtheit in den oberen Etagen des Departments wahrscheinlich schon entstanden, als dieser Dick Snider, mittlerweile vor vielen Monaten, durch seine hartnäckige Einmannkriecherei durch die Canyons das Experiment überhaupt erst richtig in Gang gebracht hatte. Wenn ein Deputy Chief oder Inspector beispielsweise gemeint hatte, die Barfer hätten sich gefälligst fünfzig Meter und mehr von der internationalen Grenzlinie fernzuhalten, pflegte Dick Snider sofort damit zu kontern, daß er sagte: »Wir haben eine eigene unsichtbare Linie, an der wir arbeiten. Wir wollen keine andere haben. Entweder laßt ihr uns da arbeiten, oder ihr löst uns auf.«
    Deputy Chief Burgreen, den das Fußvolk »Bobby« nannte und der wie ein schon etwas vertrockneter und nicht mehr so ganz junger Cherub aussah, sprach für die gesamte Administration, als er sagte: »Lieutenant Snider hatte für die Notwendigkeit beispielsweise von Hausmitteilungen, Dienstwegen und Berichten zur Vorlage höheren Orts nie den richtigen Nerv. Er erledigte alles am liebsten mündlich und war insofern nie ein guter Verwaltungsbeamter, sondern der typische Cop für den Außendienst, der nie einsehen wollte, daß er in seiner Stellung auch Verwaltungsbeamter sein mußte. Er mag ein reizender Kerl und ein guter Cop für den Außendienst sein. Ein guter Lieutenant aber war er nie.«
    Die Einstellung des Departments gegenüber dem BARF-Erfinder spitzte sich in den schwierigen Wochen nach der internationalen

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