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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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geradezu wie eine starke Droge und führte dazu, daß er sich letztlich noch mehr veränderte: »Ich hatte das Gefühl, daß ich da draußen alles machen könnte.«
    Seine Betriebsamkeit wurde längst nicht mehr nur durch die große Publicity veranlaßt, die die anderen Barfer immer noch für seine einzige Motivation hielten. Manny Lopez wurde immer mehr von einer Reihe verlockender und überwältigender Gefühle heimgesucht, die im Verlauf der Geschichte schon manch einer vor ihm gekannt hatte: Alexander, Bonaparte, Hitler, Dustin Hoffman. Manny Lopez hatte langsam das Gefühl, allmächtig zu sein.
    Da der Berg am Ende doch nicht zum Propheten ging, ging Manny nach Süden. Als er es später im Sommer eines Abends in ihrem winzig kleinen Squadroom betont sachlich ankündigte, erklärten mehrere Barfer, das sei ja wohl allenfalls mit der Ankündigung eines Jumbo-Captains zu vergleichen, als nächstes werde man aus dem Cockpit die Explosion einer Bombe hören. Oder damit, daß man plötzlich einen Anruf von Lana Banana kriegen würde: »Hör mal, Junge, ich krieg da immer diese kleinen offenen Stellen, und der Arzt meint, ich soll all meine Freunde anrufen und …«
    Ähnlich also war diese Ankündigung. Die Leute wollten darüber reden, aber zuerst kriegte keiner den Mund auf. Die Leute wollten Manny Lopez eine Unmenge von Dingen sagen, warteten aber darauf, daß ein anderer den Anfang machte. Schon die Tatsache, daß jemand Cop war, setzte natürlich eine Menge machismo voraus. Und etwa siebenundachtzigmal soviel davon mußte man haben, um heutzutage Barfer sein zu können. Und selbst wenn man mexikanischer Abstammung war und insofern von Hause aus genügend machismo hatte, um sich sein Lebtag immer selber in Schwierigkeiten zu bringen, gab's gewisse Dinge, die man nicht tat. Nicht im Dienst, nicht für die Ehre, nicht für Gott weiß was alles. Und zu diesen Dingen, die man nicht tat, gehörte es auch, nach Süden zu gehen.
    Manny stellte ihnen allen Ernstes die Frage, ob sie nicht einfach mal ein bißchen mogeln sollten, nachdem sie in diesen Tagen offensichtlich keine Gangster auf amerikanischem Boden zu fassen kriegten? Ob sie nicht einfach mal diese imaginäre Linie überschreiten oder dort, wo dieser gammelige Grenzzaun stand, kurz mal durch ein Loch schlüpfen sollten? Um auf der südlichen Seite zu operieren. Nur ein paar Schritte, na logo. Bloß, um die Oberarschlöcher von Gangstern, die einen mit ihrer neuen Taktik total frustrierten, mal ein bißchen zum Narren zu halten. Und sie sollten bloß mal überlegen, wie viele erstklassige Gangsterfestnahmen sie machen könnten, bevor die Räuber das spitzkriegen würden. Ein regulärer »Blitzkrieg«! Kapiert, ihr Arschlöcher?
    Manny hatte sein bösestes Grinsen aufgesetzt, als er ihnen diesen Vorschlag machte. Sein wegen der Zahnlücken regelrecht kindisches Lächeln war eitel Freude, und die Augenbraue hatte sich hochgeschoben und bildete das berühmte Fragezeichen, als er sich offensichtlich schon lebhaft vorzustellen schien, wie sich da unten in dieser Wüste, die der Republik Mexiko gehörte, der eine oder andere Räuber vor lauter Schreck in die Hosen schiß.
    Die Idee hatte so viele Haken, daß alle wie vom Donner gerührt waren. Sicher nicht der kleinste Haken war der, daß sie unlängst aus zuverlässigen Quellen erfahren hatten, ein paar judiciales und die Polizei von Tijuana hätten ausgesprochene Rachegelüste. Es gab sogar Gerüchte, mexikanische Gesetzeshüter hätten ein paar Pesos gesammelt und ein Versprechen abgegeben. Daß das Geld unabhängig von Ansehen und Person jedem gehören würde, der Vollzugsmeldung erstatten könnte. Bringt uns den Kopf von Manny Lopez! Beziehungsweise, als logische Folgerung, die Köpfe seiner Leute.
    Derartige Gerüchte schwirrten wirklich haufenweise durch die Gegend. Aber auch völlig unabhängig davon, ob das Gerücht über die in bezug auf Manny ausgesetzten Kopfprämien stimmte oder nicht, konnten sie sich schließlich an fünf Fingern abzählen, wie es ihnen nach allem, was sie Chuey Hernandez und Pedro Espindola angetan hatten, ergehen würde, falls sie von ihren Kollegen aus Tijuana auf mexikanischer Seite erwischt werden würden …
    Als die Einsatzbesprechung, auf der weder ein Wort gesagt noch auch nur ein Piepser laut geworden war, an diesem Abend zu Ende ging und alle aussahen, als ob ihnen die Vampire das Blut aus den Adern gesaugt hätten, machte Ken Kelly eine Bemerkung, die wahrhaftig niemand

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