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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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hat? Ich hätte ja nicht mal 'n IQ von unter hundert, wenn ich mir diese Scheiße noch länger bieten ließe.«
    Dreißig Minuten später führte der Deputy Chief Manny Lopez in das Büro des Chiefs of Police und sagte: »Manny ist stocksauer.«
    Der Chief of Police bearbeitete gerade einen juristischen Vorgang. Ohne aufzusehen sagte er: »Ach! Und über was ist er stocksauer?«
    Manny Lopez erinnerte sich krampfhaft daran, daß er ja vor dem großen Boß persönlich stand. Er sagte: »Ich kann Ihnen sagen, Chief, über was ich stocksauer bin. Daß gegen Hernandez keine Anklage erhoben wird!«
    »Ich weiß«, antwortete der Chief. »Die Mordkommission hält den Fall für ziemlich weich.«
    Daraufhin verblüffte Manny Lopez sowohl die beiden Vorgesetzten als auch sich selbst, indem er mit der Faust auf den Tisch schlug und sagte: »Scheißmordkommission! Scheißquatsch! Die haben sich meine Darstellung nicht mal angehört! Ich kündige! Ich kündige!«
    Der Chief sagte: »Meinen Sie, beim Department?«
    Da wurde er erst mal ruhig, weil er beim Department ja eigentlich wirklich nicht kündigen wollte, sondern nur bei der BARF Squad. Dann fügte er hinzu: »Na ja, also darüber hab ich noch nicht nachgedacht.«
    Urplötzlich sah er im Geist seine ganze Karriere zusammenbrechen, und das war mit Abstand die fürchterlichste Vorstellung, die er seit längerem gehabt hatte. Er brauchte wirklich Zeit zum Nachdenken, nachdem der Chief ihn mit seinem Bluff reingelegt hatte.
    Noch etwas fiel ihm ein. »Diese Arschlöcher saufen ja auf meine Rechnung!« schrie Manny. »Ich muß zu meinen Jungs! Die sind bei Anthony's!«
    Da sagte Deputy Chief Burgreen: »Was halten Sie davon, daß wir mitkommen? Ich könnte die Rechnung übernehmen.«
    »Nein, die übernehme ich«, sagte der Chief of Police.
    Als sie dann an diesem Nachmittag in Anthony's Harborside ankamen, hatte der Pressebeamte die Barfer schon ins Bild gesetzt, daß es gegen Chuey Hernandez wohl keine Anklage geben würde. Und weil Manny Lopez nie kleinlich war, besonders dann nicht, wenn ein anderer die Rechnung übernahm, griff er sich die nächstbeste Kellnerin und sagte: »Vier Flaschen Wein vom Besten für meine Jungs!«
    Der Chief of Police überraschte sie dann alle, als er sich an die Barfer wandte und sagte: »Ich vertrau euch ja. Ich hab Manny schon gesagt, daß ich dem District Attorney sagen werde, daß er gegen den mexikanischen Beamten doch Anklage erheben soll.«
    Manny Lopez war sich durchaus bewußt, daß er einen größeren Sieg errungen hatte. Er war an diesem Abend letztlich unheimlich betrunken. Nur eines verdarb ihm etwas die Freude an dem Abend. Es passierte, nachdem Deputy Chief Burgreen reichlich laut gesagt hatte: »Das, was mich an dieser Sache stört, ist die große Gefahr. Ich hab Angst, daß Manny da draußen umgelegt wird.«
    Eddie Cervantes kriegte sofort Stielaugen und schrie: »Daß Manny umgelegt wird! Wieso bloß Manny?«
    »Ist doch klar, daß ihr alle gemeint seid«, fügte der Deputy Chief hinzu. »Ich hab ja nur gemeint, daß Manny … also, daß Manny immer an vorderster Front ist. Das ist das, was ich sagen wollte.«
    Später wollte Manny Lopez den finster dreinschauenden Eddie Cervantes beschwichtigen: »Du weißt doch genau, du Arschloch, daß die sich die Geschichten selber zurechtbasteln. Ich erzähl den Reportern immer, daß Eddie Cervantes dies und Ernie Salgado das gemacht hat. Ich schreib die Artikel schließlich nicht selber, du Arschloch. Ich schreib sie tatsächlich nicht selber!«
    Als Manny sich am nächsten Morgen mit einem fürchterlichen Brummschädel rasierte, kam sein zehnjähriger Sohn zu ihm und sagte: »Hast du was Böses gemacht, Daddy? Im Fernsehen haben sie gerade gesagt, sie würden keine Anklage gegen den Mann erheben, den du angeschossen hast.«
    »WAS HABEN SIE GESAGT?« schrie Manny, der sich um ein Haar die Kehle durchgeschnitten hätte.
    Während er sich die Jacke anzog und mit seiner matschigen und kaputten Birne justament aus der Tür gehen wollte, sagte er zu seiner Frau: »Heute flieg ich endgültig raus. Mach's mal gut.«
    Im Büro seines Chefs erlebte der BARF-Sergeant es dann zum ersten und einzigen Male, daß William Kolender ziemlich unsicher war.
    »Chief, Sie haben versprochen, daß Sie die Anklage durchdrücken wollten!« sagte Manny Lopez.
    »Der Fall ist wirklich nicht sehr stark«, meinte Chief Kolender. Und dann kam er um den Tisch herum und legte den Arm um die Schultern des kleineren

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