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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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lassen würdest.«
    Die Gespräche, die sie untereinander führten, kreisten nur noch um ein einziges Thema: Kündigen. Sie redeten so gut wie gar nicht mehr über Groupies, Saufereien nach Feierabend, Erinnerungsalben oder darüber, daß Manny immer die Schlagzeilen für sich mit Beschlag belegte. Sie redeten über das Überleben. Und auf die Dauer redeten sie sogar beim Appell darüber, in Gegenwart ihres Sergeants.
    Eddie Cervantes sprach's irgendwann mal aus. »Wahrscheinlich haste ja schon gehört, Manny, daß ich ne Chance angeboten gekriegt hab, okay, ich könnte zum Ausbildungssonderkommando gehen. Okay?«
    »Warum sagste nicht gleich, was los ist?« antwortete Manny Lopez mit hochgezogener Augenbraue.
    »Ha?«
    »Ausbildungssonderkommando, Herr des Himmels. Du hast doch bloß Schiß.«
    »Ich? Schiß?«
    »Ja, du.«
    »Wenn ich Schiß hätte, war ich längst abgehauen.«
    »Laß dir doch mal von Ralph Nader die Eier überprüfen! Biste 'n Arschficker, oder biste keiner? Hau doch ab, hau doch in 'n Sack!«
    »Okay, wirste ja sehen, ob ich 'n Arschficker bin oder ob ich keiner bin!«
    »Da haste bloß eine Chance, wennste irgendwem was beweisen willst«, sagte Manny Lopez trocken. »Daß du rausgehst und ne anständige Nummer machst.«
    »Okay, Arschloch«, sagte Eddie Cervantes. »Weißte was? Ich hau nicht 'n Sack, okay? Ich bleibe!«
    »Ich glaub, daß dir da deine Alte Flausen in den Kopf oder sonst wohin gesetzt hat«, grinste Manny Lopez. »Ich geb heute abend 'n Bier aus!«
    Und als er dann vier Stunden später hinter einem Felspfeiler kauerte, hinter dem es nach Schweiß, Angst, Verwesung und menschlichen Exkrementen roch, hatte Eddie Cervantes nur noch einen Gedanken: Ich werde getötet. Heute abend ist es soweit. Und seine sämtlichen Freunde würden hinterher sagen, er sei ja ganz schön blöd gewesen. Weil es nie einem um diese Grenze gegangen sei. Weil er bloß für Mannys Ruhm und Ehre gestorben sei.
    Ernie Salgado sagte seine Meinung zu dem verbotenen Thema sogar noch direkter. »Einer muß es dir wohl mal sagen«, meinte der Veteran aus Vietnam eines Abends zu Manny Lopez. »Ich hab Angst. Ich hab vor allem Angst, wenn ich so verrückte Sachen machen muß wie nach Süden zu gehen.«
    »Na klar. Und deine Frau ist schwanger«, sagte Manny Lopez angewidert.
    »Du weißt, daß sie's ist«, sagte Ernie. »Und du weißt, daß sie Fehlgeburten hatte und …«
    »Eeeeeerniiiiiee, komm mal her!« äffte Manny Lopez wieder mal die ihm offensichtlich unvergessen gebliebene Szene nach, als Susan Salgado ihren Ernie auf einer Party zu sich gerufen hatte.
    »Ich wollte bloß sagen«, fuhr Ernie Salgado fort, »daß ich nicht kündige. Aber daß ich echt Angst hab wegen der Art, wie wir's jetzt machen.«
    »Okay, du hast Angst«, seufzte Manny Lopez. »Ich hab's immer gewußt, seit du damals nicht geschossen hast.«
    Die meisten wurden damals ziemlich fett und kriegten vom Saufen ziemliche Speckrollen. Manche wurden jede Nacht zur Säuferstunde schweißgebadet und mit Herzstolpern wach. Ein paar berichteten von Alpträumen, in denen es zunächst schauerlich qualmte und dann neblig und dunstig verschleiert wurde, bevor sie aufwachten.
    Einmal, als sie im Deadman's Canyon an einer düsteren Mauer aus Büschen entlanggingen, wurden drei Waffen aus den Holstern gerissen, weil sie plötzlich das Rauschen und Flattern von Flügeln hörten. Eine Taube flatterte davon wie die Seelen dieser jungen Männer. Einer von ihnen gab zu, er habe ernsthaft gedacht, sein Herz würde ein für allemal stehenbleiben. Triebwerkstillstand bei null Metern über dem Meeresspiegel.
    Fred Gil stellte sich seit kurzem eine Frage, auf die es allem Anschein nach keine einfache oder auch nur logische Antwort gab. Im Grunde war es die komplexeste, schwierigste und beunruhigendste Frage seines Lebens: Warum bin ich bloß nicht Klempner geworden?
    Und eines Tages war es dann soweit, daß mehr oder weniger alle Barfer im privaten Kreis durchblicken ließen, daß demjenigen, der einfach reinkommen und die Klamotten hinschmeißen würde, der Rest sofort folgen würde. Der alte Fred Gil jedoch zog dann – gestützt auf die Tatsache, daß er der Älteste und einer derjenigen war, die es schon mal erwischt hatte – die logischen Konsequenzen. Er ging einfach zu Manny rein und sagte »Verflixt« und »Scheibenkleister« und tat's. Er kündigte und machte wieder Streifendienst.
    Aber nicht einer folgte ihm. Noch nicht.
    »Ich fühlte mich

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