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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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als sie sich tatsächlich mal auf der richtigen Seite der imaginären Linie befanden, versuchte eine Gruppe von drei mit Messern und Knüppeln ausgerüsteten Gangstern die Zweitbesetzung zu überfallen, und dann war die übliche Festnahme bereits im Gange, und dann rannte Renee, ohne auch nur einen Augenblick nachzudenken, mit einemmal hinter einem der Räuber her. Er rannte in seiner blinden Wut auf den Grenzzaun zu.
    Es schien kein Mond. Sie stürzten beide hin. Der Gangster erreichte zwar das Loch im Zaun, schlüpfte jedoch, anders als die Gangster sonst, nicht gleich durch. Er war mit seiner Hose im Stacheldraht hängengeblieben. Renee kroch unmittelbar vor ihm durch. Der Mann trat nach ihm und schlug um sich und kratzte und biß wie ein tollwütiger Coyote. Natürlich stank der Mann nach Tod.
    Renee Camacho schrie: »Barf Barf Barf Barf, VER-DAMMT!« und schlug nach dem Gangster und verfehlte ihn und wurde geschlagen, und dann zog er die Kanone, und der Gangster schlug ihm seine Kanone, die daraufhin zwischen die Felsen polterte, aus der Hand, und jetzt war auch Renee wütend wie ein Coyote und schlug den kleineren Mann, dessen Kraft doch allmählich nachließ, mit beiden Fäusten ins Gesicht. Und plötzlich hielt ein Wagen auf der dreckigen Straße, und die beiden Männer im Nahkampf wurden von Scheinwerfern angestrahlt. Renee schaute auf und sah rote und blaue Lichter.
    Und mit einemmal erkannte er, wo er war: mindestens dreißig Meter südlich der imaginären Linie. Zwei Wagentüren wurden zugeschlagen, und Renee riß den Gangster hoch und kriegte ihn in den Schwitzkasten, und der Räuber fing an zu keuchen und nach Luft zu schnappen.
    Gerade in dem Moment sagte einer der beiden Polizisten aus Tijuana: »Lassen Sie ihn los!«
    »Ich bin Polizeibeamter aus San Diego!« schrie Renee Camacho. »Er hat gerade versucht, mich zu überfallen! Er ist mein Gefangener!«
    Der größere der beiden sagte: »Lassen Sie ihn los. Er wird von uns mitgenommen, als unser Gefangener. Sie befinden sich auf mexikanischem Boden.«
    Aber Renee ging langsam rückwärts in Richtung Zaun, wobei er den Gangster, den er nach wie vor im Schwitzkasten hatte, gewaltsam mit sich zerrte.
    Die Cops aus Tijuana warfen sich einen Blick zu und rückten langsam vor, und diesmal gab es keinen Zweifel, auf wessen Territorium sie waren.
    Renee benutzte den Gangster als Schutzschild und sagte mit einem Mund, der so trocken war wie der Tijuana River, andauernd nur: »Hören Sie zu, ich bin Polizist aus San Diego! Hören Sie zu, ich bin Polizist! Das müßte Ihnen doch klar sein. Das muß Ihnen klar sein!«
    Selbstverständlich war es den Polizisten aus Tijuana klar, und es war ihnen auch klar, daß es diesem Polizisten klargewesen sein mußte, daß es sich bei Chuey Hernandez und Pedro Espindola ebenfalls um Polizisten gehandelt hatte, als unter anderem er sie durchlöchert hatte. Es war ihnen buchstäblich alles klar. Und sie kamen immer näher und warfen sich erneut einen Blick zu.
    Für Renee sah das bereits ganz nach einem dieser Spielchen mit Limonade oder stacheligen Stöcken aus, mit denen man im allgemeinen das Rindvieh zur Räson brachte, in dem Fall aber wahrscheinlich seine Eier kitzeln würde. Die beiden Cops sahen echt danach aus, als ob sie einem ganz schön auf die Hühneraugen treten könnten. Auf spanische Art. Und so wich Renee äußerst vorsichtig weiter zurück, in Richtung Amerika. Richtung Heimat.
    Im nächsten Moment hörte Renee Geklapper am Zaun und dachte, er sei umzingelt. Er hörte leise Schritte hinter seinem Rücken! Aber dann schrie Manny: »Haut ab und holt eure Vorgesetzten, wenn ihr Probleme habt! Dieser Mann ist unser Gefangener, und wir nehmen ihn mit!«
    Renee Camacho guckte die verdammten Cops an. Und dann Manny. Und hob seine Waffe auf. Und guckte noch mal zu Manny rüber. Und noch mal zu den beiden Cops, die offensichtlich über den Fall nachdachten.
    Und er rechnete fest damit, jeden Moment die schrecklichsten Worte zu hören, die die menschliche Sprache kennt: »Sabes que?«
    Manny flüsterte ihm auf englisch zu: »Wenn sie ziehen, leg sie um!«
    Die Tijuana-Cops zogen nicht. Sie blieben ohne ein Wort zu sagen vor dem Grenzzaun stehen und schauten zu, wie die beiden Barfer ihren Gefangenen durch das Loch rüber nach Amerika zerrten und mehrfach auf ihn einprügelten, weil er nicht parieren wollte.
    Renee Camacho war klatschnaß vom Kopf bis zum Hintern. Sie hatten wieder mal ein Spiel gewonnen. Ein Spiel, in

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