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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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auf Ehre und Gewissen?
    Selbst die mexikanische Staatspolizei, die mit einem Gerichtsbeschluß erschienen war und die Opfer und Zeugen einkassiert hatte, zeigte sich äußerst verständnisvoll und hatte kein Jota daran auszusetzen, daß die Cops aus San Diego auf mexikanischem Boden tätig geworden waren. In so religiös geprägten Ländern wie Mexiko hat man mit Vergewaltigern sehr, sehr wenig im Sinn. Genaugenommen wahrhaftig gar nichts.
    Immerhin sah es klar und eindeutig so aus, als hätte Dick Snider jetzt sein Public-Relations-Wunder, mit dem er beweisen konnte, wie überaus wertvoll die Arbeit seiner Mannschaft tatsächlich war. Und daß dieses Moratorium einfach verlängert werden müsse, um ihnen für die Zerschlagung der Gangsterbanden etwas mehr Zeit zu geben.
    Die Barfer erzählten diese Geschichte immer und immer wieder, und dabei erwähnten sie unweigerlich den unvergeßlichen Anblick der »alten Frau«, die zu Füßen von Manny Lopez niederkniete und ihm die Hand küßte. Es ging immer nur um diese »alte Frau«.
    Und wenn sie gefragt wurden, wie alt diese Frau denn nach ihrer Meinung gewesen sei, antworteten sie gewöhnlich: »Also, mit einer derart jungen Tochter kann sie im Grunde höchstens fünfzig gewesen sein. Aber sie sah aus wie sechzig. Das Leben da unten ist hart.«
    Im amtlichen Polizeibericht steht das wahre Alter von Rosa Lugo. Sie war einunddreißig, also kaum älter als der »Engel«, dessen Hand sie geküßt hatte. Das Leben da unten ist wirklich sehr hart.

 

    7. KAPITEL
    Das verlorene Paradies
    S elbst das Wunder schien der Task Force dann allerdings nicht mehr helfen zu können. Die Rettung aus dem Tunnel brachte ihr zwar eine Menge Publicity ein, aber nahezu ausschließlich auf der südlichen Seite der Grenze. Es sah so aus, als ob die hohen Tiere beim Department die Sache eher so weit wie möglich herunterspielen wollten. Natürlich hatten sie gute Arbeit geleistet, aber dazu hatten sie mexikanisches Territorium betreten müssen. Es war bestimmt besser, nicht allzuviel Aufhebens davon zu machen.
    Die Männer von der Border Patrol und die Beamten des amerikanischen Zolls hatten die Squad schon verlassen und waren an ihre eigentlichen Arbeitsplätze zurückgekehrt. Am letzten Nachmittag ihres 90-Tage-Experiments, lange vor Sonnenuntergang, fiel den Barfern eine Gruppe von Männern auf, die etwa zweihundert Meter westlich des Deadman's Canyons standen. Sie standen neben einem Lieferwagen auf der mexikanischen Seite der Grenze. Die Cops hörten einen Schuß, und nachdem sie sich zu Boden geworfen hatten, beobachteten sie die Gruppe durchs Fernglas. Irgendwer feuerte in aller Gemütsruhe in ihre Richtung. Schießübungen auf die Pollos im Canyon? Gerade in dem Moment überflog eine Beobachtungsmaschine der Border Patrol das Gebiet. Sie hörten weitere Gewehrschüsse. Sie hatten keine Ahnung, ob die Männer auf das Flugzeug schossen oder sich nur noch etwas mehr damit vergnügten, auf die Grenzgänger zu schießen. Vermutlich handelte es sich um Gangster, die glaubten, daß ihnen dieses Canyongebiet gehörte. Wenn sie wollten, konnten sie in diesem Niemandsland auf jeden schießen.
    Die Barfer waren ganz schön sauer, als sie an diesem Abend Schluß machten. Sie hatten in diesen neunzig Tagen unter dem Strich wahrhaftig nicht allzuviel zustande gebracht. Die verdammten Gangster beherrschten immer noch ein ziemliches Stück von San Diego.
    Trotzdem veranstalteten sie eine Riesenparty, um das Ende ihrer Show zu feiern. Sie hatten vergebens versucht, sich sowohl gegenseitig als auch die hohen Tiere beim Department davon zu überzeugen, daß sie in den Canyons eigentlich doch äußerst erfolgreich gewesen waren. Auf der Party waren sie allesamt guter Dinge und ziemlich voll, und die Frauen verstanden sich ausgerechnet jetzt, wo es Abschied zu nehmen galt, ausgezeichnet miteinander. Auch die Leute von der amerikanischen Border Patrol und vom Zoll meinten, daß sie gute Arbeit geleistet hätten, was ihnen bei ihrer Arbeit für die Bundesbehörden bestimmt sehr zustatten kommen würde. Manny Lopez entpuppte sich als toller Conférencier und rannte ununterbrochen mit einer Santa Fe Corona Grande zwischen den Zähnen und einem Wasserglas mit Chivas Regal in jeder Hand herum, weil ihm einer gesagt hatte, er würde dann zumindest nicht dauernd den Finger wie eine Kanone in die Gegend strecken und sagen: »Hör zu, du Arschloch!«
    Er holte Eddie Cervantes an den Vorstandstisch und schenkte ihm

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