Die San-Diego-Mission
dreißig Pollos drei nur mit Steinen bewaffneten Angreifern sofort gehorcht, wenn diese Angreifer den dicken Maxe markieren und so tun, als ob sie schon richtige huevos hätten. Diese Strolche jedenfalls waren drauf und dran, zu demonstrieren, wie groß ihre Eier tatsächlich waren, weil sie mit einemmal eine völlig neue Witterung aufnahmen. Irgend etwas gab's hier im Tunnel, das sie witterten wie Blut: Frauen!
Reynaldo, der älteste Grenzgänger, hatte mit seinen dreißig Jahren noch nie erlebt, daß ihm jemand in einem finsteren Tunnel heißen Schnapsatem ins Gesicht blies und wissen wollte, was er davon halte, wenn man ihm mit dem Messer Bauch und Hals aufschlitzen würde. Später war er fürchterlich beschämt und geradezu verstört, als er zugab, wie erleichtert er gewesen war, als die Gangsterknabenbande die Frauen entdeckte und von ihm abließ.
Rosa Lugo entschloß sich, doch noch wegzulaufen, aber dazu war es zu spät. Rosa Lugo fühlte Hände auf ihrer Brust. Zwei Paar Hände. Sie schrie, und irgendwer legte ihr eine Hand auf den Mund und begann, ihr Obszönitäten zuzuflüstern. Ihre Beine zitterten. Dann schienen ihre Beine den Dienst endgültig zu versagen. Sie kriegte kaum Luft.
Urplötzlich merkte Rosa Lugo, daß Esther weg war! Sie hörte ihre Tochter schreien. Das Kind wurde durch den Tunnel gezerrt, von ihr weg. Sie schleppten Esther weg. Der Boß dieser Gangsterknabenbande war außer sich vor Freude. Während er Rosa Lugo den Mund zuhielt und ihre Brüste betatschte und streichelte, entdeckte er zwanzig amerikanische Dollar sowie zwei religiöse Medaillen, die vielleicht aus Silber waren, so daß er sie den Nutten in den Colonia-Coahulla-Bordells verkaufen konnte, weil die nach religiösen Medaillen immer völlig verrückt waren.
Er ließ ihren Mund los, als er das Geld gefunden hatte. Er hatte ja noch so viel Zeit. Rosa Lugo verlegte sich aufs Bitten. Sie flehte die Gangster im Tunnel an. Sie konnte Umrisse erkennen. Furchterregende Schatten. Ihre Tochter weinte ohne jede Hoffnung und schrie nach der Mutter. Rosa Lugo bat nicht um Gnade für sich selbst. Sie bot an, sich vergewaltigen und ermorden zu lassen, alles, was sie wollten, wenn sie bloß ihre Tochter zufrieden lassen würden. Sie fanden das ausgesprochen komisch. War das möglich? Diese alte Frau vergewaltigen, wenn's da diese nette kleine pollita gab? Vielleicht später, vieja. Vielleicht hinterher, Alte.
Der Mädchenschänder zerrte das wimmernde Kind zum Tunneleingang. Er nagelte es mit dem Gewicht seines Körpers an der Mauer fest. Während er sie im Stehen festhielt, nestelte er an ihrer und an seiner Hose. Die Worte des Mädchenschänders wurden später in dieser Nacht von der Polizei aufgezeichnet. Zeugen hörten, wie er sagte: »Wie hübsch du bist. Der Schwanz wird dir noch Spaß machen, wenn er erst drin ist. Wie hübsch du bist.«
Dann fing Rosa Lugo echt an zu schreien. Man hätte ihr Geschrei eigentlich noch in den Bordells südlich von hier hören müssen. Sie schrie ihre verängstigten Gefährten an, die sich ringsherum hingekauert hatten.
Sie schrie: »Helft ihr doch! Die dürfen das nicht mit meiner Tochter machen! Bitte!«
Aber der Vergewaltiger hatte Esther die Hose schon bis zu den Knien heruntergezogen, und als er von hinten in sie eindringen wollte, konnte das Mädchen in seiner Angst bloß noch hysterisch flüstern: »Mama! Mama! Mama!« Dabei sagte der Vergewaltiger, wie Zeugen hörten: »Der Fick wird dir noch gefallen, du Hübsche …«
Dann tat Rosa Lugo etwas Außergewöhnliches, etwas Unglaubliches, wie sie später selbst sagte. Sie hörte auf, die Gangster um Gnade und die anderen Grenzgänger um Hilfe zu bitten. Sie redete Gott direkt an und verlangte von ihm nicht weniger als un milagro. Vielleicht hatte sie ja, nachdem gerade erst zwei Tage seit der Geburt von Jesus Christus vergangen waren, schon zu viel gebetet, damit sie Kraft genug für diese Flucht hatte. Jedenfalls war das jetzt kein Beten mehr. Sie forderte. Man hörte sie sagen: »Gott, du mußt meine Tochter retten! Du wirst meine Tochter retten!«
Und sieh da! Genau zur selben Zeit hatten sich in der Dunkelheit, nur wenige Meter entfernt, keine drei Meter nördlich des löchrigen Drahtzauns, wie die Heinzelmännchen drei bekümmerte, abgerissene, wild aussehende Zuschauer mit Wollmützen hingekauert, die sie sich tief über die eiskalten Ohren gezogen hatten. Aus den Mützen lugte kaum mehr als der eine oder andere Zapata-Schnurrbart
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