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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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zivilisierten Gesellschaft gebührt«, und er fügte hinzu, daß es hinsichtlich der Haltung der mexikanischen Regierung, die Sicherheit dieser Menschen betreffend, in der Vergangenheit »keinerlei Kompromißbereitschaft gegeben hat und insofern auch künftig nicht geben wird«.
    Während daraufhin eine Anzahl amerikanischer Bürger meinten, niemand werde sich einen Scheißdreck um das kümmern, was ein Oberbohnenfresser in Mexiko City unter »keinerlei Kompromißbereitschaft« verstehe, gab es in Washington durchaus auch Leute, die in diesen Tagen allem, was in Mexiko City geredet wurde, gebannt zuhörten. Schließlich hatten die Bohnenfresser etwas, was die Gringos im derzeitigen Stadium ihrer Geschichte dringend brauchten: Öl. Keiner wußte bisher, wieviel, aber es war nun mal da. Öl!
    Deshalb wurden in der Presse von San Diego und tatsächlich auch in den Zeitungen des Landes immer häufiger Berichte über das Gangsterunwesen an der Grenze veröffentlicht, und in faktisch jedem Lokalbericht und jedem Fernsehinterview (manchmal drei in einer Woche) gab es ein Statement eines Lieutenants der Southern Division des Police Departments, eines gewissen Burl Richard Snider.
    »Lediglich über zehn Prozent aller Verbrechen wird berichtet«, pflegte er zu sagen. »Hier, gucken Sie sich dieses Bild eines vierzehnjährigen Mädchens an, nachdem man es fertiggemacht hat. Hier, schauen Sie sich an, was die Gangster einem Mann angetan haben, der in ihren Augen nicht genug Geld hatte. Hier ist …«
    Wahr und wahrhaftig, im Präsidium liebten sie ihn langsam ungeheuer wegen solcher Schauergeschichten. Cops wollen mit der Presse in der Regel ebensowenig zu tun haben wie mit Politikern, Richtern, Anwälten, Psychiatern und der Roten Armee. Dick Snider führte eine Einmannkampagne. Er wurde sogar von einem Wirtschafts-Magazin über das millionenfache Ausländerproblem in Amerika zitiert.
    »Man müßte eine zweitausend Meilen lange Chinesische Mauer bauen, wenn man die illegale Einwanderung unterbinden wollte«, sagte er. »Um die Wahrheit zu sagen, Kumpel, ich weiß nicht mal, ob das helfen würde.« Und er ließ sich zwar nicht etwa zu schamlosen Übertreibungen hinreißen, erklärte jedoch in einem Fall perverserweise, daß es sich wohl auch bei Josef und Maria auf der Flucht vor Herodes um illegale Grenzgänger gehandelt habe.
    Wann immer er nach einer Lösung für das gravierende Dilemma gefragt wurde, zwinkerte Dick Snider dem Interviewer mit seinen schiefergrauen Augen zu, rollte die unvermeidliche Zigarette aus einem Mundwinkel in den anderen, wippte in seinen Cowboystiefeln hin und her und sagte: »Kumpel, ich weiß, daß ich auch keine Lösung habe. Ich kann's bloß nicht vertragen, wenn in meinem Revier die Leute massakriert werden. In meiner Stadt. In meinem Land.«
    In seinem Land! Das gab den Ausschlag. Von den großen Tieren des Departments oben im Präsidium prallten die Schauergeschichten zunächst zwar wie Billardkugeln ab. Was ist das eigentlich für ein Arsch? Seine verdammte Stadt! Sein verdammtes Land! Der Kerl muß sich doch selber sagen, daß er im Zusammenhang mit diesen gottverdammten Gelegenheitsarbeitern und Dreckfressern keine Sprüche über unser gottverdammtes Land klopfen kann!
    Nichtsdestoweniger jedoch trieb seine öffentliche Kampagne allmählich dem Höhepunkt zu. Er erschien öfter auf dem Bildschirm als Bürgermeister Pete Wilson. Und ein paar der höchsten Tiere – Leute, die normalerweise keinem Beamten aus dem mittleren Dienst über den Weg trauten, der wie eine Klapperschlange durch die Berge kroch – verwandelten sich Knall auf Fall in Experten für Grenzkriminalität, weil hartnäckige Reporter die Fragen, die Dick Snider aufgeworfen hatte, beantwortet haben wollten.
    Selbst Polizeichef William Kolender, der eigentlich durchaus als progressiver Oberbeamter gelten konnte, rief Dick Snider an und beschwerte sich zähneknirschend darüber, daß er in einem jener Stegreifinterviews des Lieutenants verdammt schlecht weggekommen sei.
    Es war nun gar nicht so, daß Dick Snider den Chief nicht leiden konnte; tatsächlich war eher das Gegenteil der Fall. Er war sogar der Überzeugung, daß seine geheimen Pläne gerade deshalb eine reelle Chance hätten, weil Kolender der neue Chief war. Deshalb wählte er seine Worte fortan etwas sorgfältiger, setzte seinen öffentlichen »Blitzkrieg« jedoch unvermindert heftig fort und stellte sich nur allzu bereitwillig jedem Journalisten, der sich für

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