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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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den Deadman's Canyon knatternden italienischen Hubschrauber hing, und plötzlich löste sich der Drahtkorb von selber. Er löste sich wie in Zeitlupe, weil die Idioten ihn nicht richtig festgemacht hatten, was ja kaum anders zu erwarten gewesen war, nachdem sie wirklich alles verkehrt gemacht hatten, und er schaute zu, wie er aus dem Himmel, dem Korb und buchstäblich aus allen Wolken fiel. Der arme alte Fred Gil, ein erschöpfter, in die Hüfte geschossener Eimer voll Scheiße, überschlug sich und fiel direkt in diesen verdammten Canyon, und dann rechnete er auch noch damit, daß er durch einen schrecklichen Zufall vielleicht sogar noch lebendig sein würde, wenn ihm diese miserablen kleinen Kids ihre heißen, brennenden Autoreifen auf den zerschossenen Körper rollen ließen.
    Gerade in dem Moment aber wurde die nervenzerfetzende Darbietung für den alten Fred Gil beinahe zur schauerlichen Realität. Weil er tatsächlich keine Luft kriegte. Er befand sich tatsächlich knapp zweihundert Meter über den Canyons, und die Rotoren verursachten eine solche Turbulenz, daß der Leichensack ihm dauernd ins Gesicht knallte und ihm irgendwann, weil man ihm ja im Korb auch die Arme festgebunden hatte, mit seiner hin- und herflatternden Klappe den Mund verstopfte! Das konnte zwar nur dadurch passieren, daß er sie daran gehindert hatte, den Reißverschluß bis oben hin zuzumachen. Auf jeden Fall aber war Fred Gil auf dem besten Wege, der erste Cop in der Geschichte von San Diego und vielleicht von ganz Amerika zu werden, der effektiv von einem Leichensack umgebracht wurde!
    Er war kurz davor, die Besinnung zu verlieren, als sie zur Landung ansetzten und die Geschwindigkeit verringerten. Dann schafften sie's, ihn ins falsche Krankenhaus zu bringen. Aber Fred Gil war's egal. Sie waren auf der Erde. Sein Gesicht war fuchsienfarben, aber er lebte noch. Und der Hubschrauber ging wenige Minuten nach der Landung kaputt, und sie konnten nicht mal wieder starten.
    Fred Gil guckte sich den Hubschrauber an, dessen abgewürgter Motor stillstand, und meinte zu einer Krankenschwester, die ihn daraufhin für bekloppt hielt: »Ich hab eigentlich immer Glück gehabt.«
    Eine andere Krankenschwester hielt ihn für einen Grenzgänger. Es war ein verständlicher Irrtum, in Anbetracht dessen, daß er ebenso blutige wie dreckige Klamotten trug und inzwischen fast selbst nach Müll stank und sich weder gekämmt noch seit einigen Tagen rasiert hatte. Das Blut des Gangsters hatte ihn so durchtränkt, daß sie glaubte, er sei in die Beine geschossen worden.
    Als sie anfing, ihn auszuziehen, sah sie eine seiner Waffen und schrie: »Der Wetback ist bewaffnet!«
    Der alte Fred Gil jedoch hatte in dieser Nacht schon derart viel Schreckliches gehört, daß er es kaum noch zur Kenntnis nahm. Er fand es viel schlimmer, daß der Doktor ihm einen Katheter in den Penis steckte, um eventuelle innere Blutungen festzustellen.
    »O je, das kann ich nicht ab. Das kann ich überhaupt nicht ab!« wollte der alte Fred Gil dem Doktor sagen, aber er fühlte sich so schwach und schwindlig, daß er's am Ende kaum noch spürte.
    Dann machten sie Röntgenaufnahmen und steckten ihm Schläuche, die so dick waren wie sein Pimmel, in Arme und Nase und Mund, und die Schmerzen in der Hüfte wurden schlimmer, und am Ende kreuzten auch noch ein paar von den Morddetectives auf, um ihn auszufragen, während er immer schwächer und verwirrter wurde.
    Das Geschoß hatte den Hüftknochen getroffen, aber der war ebensowenig zersplittert worden wie das Geschoß selbst. Die Kugel hatte sowohl die Blase als auch die anderen Organe heil gelassen. Sie hatte sich oberhalb des Beckens in seinem Körper eingenistet, geradezu gemütlich, so daß sie voraussichtlich kaum jemals Ärger machen würde. Nach Ansicht der Ärzte konnte sie dort ewig bleiben, wenn durch den ganzen Schmutz, den sie großenteils schon jetzt aus ihm herauskratzten, keine Infektion verursacht werden würde.
    Aber noch ehe Fred Gil nochmals sagen konnte, was für ein Glückspilz er war, widerfuhr ihm etwas reichlich Unglückliches. Nachdem sie Fred Gil das Blut weggewischt und ihn auf die Intensivstation gefahren hatten, durften ihn Jan und die Kinder besuchen.
    Fred Gil war durch die ganzen Medikamente sicherlich etwas verwirrt, als er so da lag und seine jüngste Tochter anschaute und plötzlich hörte, wie sie sagte: »Dad, dein Gehirn hat doch nichts abgekriegt, oder?«
    Und er lächelte und sagte: »Nee, nee, ich bin ganz

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