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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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okay im Kopf, Honey.«
    Aber dann dachte er darüber nach. War er es wirklich? War Vietnam nicht genug gewesen? Er erinnerte sich an das Gefühl, das er noch Jahre nach Vietnam gehabt hatte. Einfach froh zu sein, noch lebendig zu sein. Bloß keine großen Ambitionen haben. Keinen Ehrgeiz. Bloß einfach froh zu sein, noch lebendig zu sein und zu wissen, daß keiner mehr darauf lauerte, einen umzulegen. Und weshalb dann doch das Police Department? Bloß, um nicht in alle Ewigkeit andauernd diese elende, haßerfüllte Stimme zu hören? Diese Stimme, die immer sagte: »Du bist und bleibst ''n Muttersöhnchen.«
    War normale Polizeiarbeit nicht genug? Sicher, er war wohl schon immer einer der ganz wenigen gewesen, die sich, ähnlich wie Dick Snider, ernsthaft mit dem Elend der Grenzgänger beschäftigt hatten. Es war ihm stets ein Greuel gewesen, mit ansehen zu müssen, wie verstörte, barfüßige Kinder, deren Haare voller Kletten und Dornen waren, ihre Mutter anstarrten, die weinte, weil sie in ihrem Beisein gerade vergewaltigt und beraubt worden war. In der Hinsicht war's wie in Vietnam: Kinder waren die Hauptleidtragenden.
    Aber war es wert, dafür zu sterben? Was taten sie eigentlich da draußen? Erschossen zu werden, das war die eine Seite der Medaille. Die Kehrseite war die, nicht mal zu wissen, warum. Er hatte von diesem Moment an nur noch den dringenden Wunsch, mitzuerleben, wie seine kleine Tochter größer wurde und zur Frau heranwuchs. Es war das einzige, das irgendeinen Sinn zu haben schien.
    Und während ihm solche Dinge noch mehr oder weniger zusammenhanglos durch den Kopf gingen, kreuzten die Nachrichtenleute vom Fernsehen bei ihm auf und interviewten sowohl Fred als auch seine Frau.
    Er merkte, daß Jan das anfänglich großartig fand. Der Rummel um BARF hatte ihr immer gefallen, und sie gab's auch zu, und nun waren sie die Stars. Ihre eigene Show! Die Lily-Tomlin-Lee-Trevino-Stunde!
    Er konnte an ihrem Gesicht ablesen, was sie empfand: ihre Ehe war lausig, aber das hier war phantastisch! Die Fernsehleute kamen ohne Voranmeldung und ohne Erlaubnis. Sie brachten Fred Gil durch ihre gezielten, peinlichen Fragen ziemlich aus der Fassung.
    »Es sieht ganz so aus, als seien Sie von einem Ihrer Kollegen angeschossen worden. Was empfinden Sie dabei? Ist unter Umständen irgendwas faul hinsichtlich der polizeilichen Ausbildung in San Diego? Meinen Sie, daß man bei der Auswahl der Männer für den Einsatz in diesen Canyons mehr Sorgfalt walten lassen sollte?«
    Da meinte Jan Gil, wenigstens dem Sinn nach: »Er muß überhaupt nicht mit Ihnen sprechen. Fred, sag besser gar nichts, wenn sie dir solche Fragen stellen! Fred wird keinen einzigen in die Pfanne hauen, auch nicht, wenn wirklich einer schießgeil sein sollte!«
    »Ich hab nie gesagt, einer sei schießgeil!« versuchte sich Fred Gil später bei Manny Lopez zu rechtfertigen. »Ich hab so was nie behauptet! Das war Jan. UND DU WEISST JA, WAS SIE FÜR NE VERFLIXTE KLAPPE HAT!«
    Eins allerdings sagte er dann doch noch, als sie gar nicht aufhörten, ihn mit Fragen zu löchern. Er sagte das, was von ihm erwartet wurde, nachdem ihm sozusagen die Hunderttausenddollarfrage gestellt worden war, die in dem Fall hieß: »Wollen Sie trotzdem wieder in die Canyons gehen, nach allem, was Sie erlebt haben?«
    Er antwortete: »Aber klar! Sobald ich wieder auf den Beinen bin. Klar will ich!«
    Im gleichen Augenblick allerdings dachte er an sein kleines Mädchen. Und dabei fühlte Fred Gil sich sehr alt. So alt wie der Krieg.
    Sofern man den mexikanischen Einwanderungsbeamten Luis Tamez mit auf die Rechnung setzte, waren Fred Gil und Joe Castillo der zweite und dritte Gesetzeshüter, die in den Canyons angeschossen worden waren. Unter dem Strich waren es zwei echte Gangster und drei Cops. Alle von Cops angeschossen. Man hätte sich langsam fragen können, was sich darüber wohl, auf seinem Aussichtspunkt auf dem oberen Fußballfeld, der Maiskuchenverkäufer Chano B. Gomez junior dachte. All diese kleinen Gernegroße, die sich im Deadman's Canyon herumtrieben, rein in die Canyons und wieder raus aus den Canyons, und die sogar durch die Röhren rollten wie so manche steinharte Scheiße. Die dauernd »Barf Barf Barf!« schrien und nachts Leute umlegten. Unter dem Strich mehr Cops als Gangster.
    Es gibt etwas ganz Typisches in bezug auf Gewalt. Wenn sie erst einmal losgelassen ist, tendiert sie im allgemeinen immer zur Eskalation.

 

    12. KAPITEL
    Die Hure
    E s gab in der

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