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Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Titel: Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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die Barbaren am nördlichen Ufer aufwirbeln, verschwinden, wann werden die Verräter entlarvt? Ich werfe den Kopf zurück und rufe den Himmel an, daß er mir Kummer und Schmerz vergelte!
    Ich bin Yue Pengju, der heute den Befehl des Himmelskaisers erhalten hat, herabzusteigen zu diesem heiligen Altar und in den Körper des Sun Bing zu schlüpfen, um euch in den Kampfkünsten zu unterrichten und in den Kampf auf Leben und Tod mit den ausländischen Barbaren zu führen. Wukong, empfange meinen Befehl!«
    Der Gefährte im Kostüm Sun Wukongs kniete nieder und sagte in unterwürfigem Tonfall: »Euer Diener ist zur Stelle!«
    »Dein General befiehlt dir, diesen Leuten hier die achtzehn Positionen deines Affenstabs vorzuführen.«
    »Zu Befehl!«
    Wukong riß sich den Rock aus Tigerfell von der Hüfte und wischte sich damit über das Gesicht. Als er die Hand herunternahm, war es, als hätte er eine Maske abgenommen: sein Gesicht hatte mit einem Mal die Lebendigkeit eines Affen angenommen. Die Menge wollte beim Anblick seiner Grimassen am liebsten loslachen, wagte es aber nicht. Schließlich hatte er genug vom Grimassenschneiden, stieß einen markigen Schrei aus, stützte sich mit beiden Händen auf seinen Stab und machte einen eleganten Salto. Alles jubelte. Nun wurde er noch kecker. Er warf seinen Zauberstab hoch in die Luft, sprang hinterher, überschlug sich doppelt und fing, nachdem er sicher und ohne jedes Geräusch gelandet war, den Zauberstab wieder auf. Jede Bewegung saß perfekt. Die Leute applaudierten wie verrückt. Im anhaltenden Applaus setzte der Affenkönig seine Show mit der Demonstration der Macht seines Zauberstabs fort. Er selbst hatte sich soeben mit seiner Geschicklichkeit als ein rechter Drache ausgewiesen. Nun wurde der Stock in seiner Hand selbst zu einem tanzenden Drachen. Er stach mit ihm zu, schlug, klopfte, fegte, wischte, kreiste, massierte, hüpfte ... und alles mit Bravour. Der Stab zischte durch die Luft und sein Schatten tanzte ihm hinterher. Zu guter Letzt nahm Wukong den Stab und steckte ihn in die Erde. Mit einem Satz sprang er hinauf und balancierte auf der Spitze, so daß er aussah wie ein Wetterhahn. Mit der Hand bedeckte er die Augen und spähte in die Ferne  – so kannte ihn jedes Kind.
    Zum Abschluß machte er aus dieser Haltung heraus einen Salto rückwärts, kam scheinbar mühelos wieder auf der Erde zu stehen und verbeugte sich vor dem Publikum. Ein wahrhaft ungewöhnliches Schauspiel! Alles applaudierte und rief: »Bravo!«
    General Yue gab den nächsten Befehl: »Bajie, hierher!«
    Der Gefährte kam wackelnd herbeigerannt und sagte grunzend: »Euer Diener ist zur Stelle!«
    »Dein General befiehlt dir, den Leuten hier die achtzehn Positionen deiner Mistgabel vorzuführen!«
    »Zu Befehl!«
    Mit einem dämlichen Grinsen zog Bajie die eiserne Mistgabel hinter sich her, wie ein alter Dummkopf, der zum Arbeiten aufs Feld geht. Was die Leute da sahen, schien nichts anderes als eine gewöhnliche Mistgabel zu sein, ein Ackergerät, wie es jedermann zu Hause hatte. Die Mistgabel hinter sich herziehend machte er, fortwährend dämlich grinsend, eine Runde nach der anderen um den Platz, bis es den Leuten zu bunt wurde. Konnte er denn nichts anderes, als mit einem doofen Grinsen seine Runden drehen? Schließlich warf er die Mistgabel weg, ließ sich auf Hände und Füße nieder und grunzte und schnüffelte wie eine Sau auf Futtersuche. Die Leute konnten nicht mehr an sich halten und brachen in schallendes Gelächter aus. Nur General Feldmarschall Yue stand ungerührt und gebieterisch wie eine Statue da. Vermutlich hat dieser Dritte Jünger doch noch ein paar Tricks auf Lager, dachten sich die Leute.
    Und tatsächlich beendete Bajie seine Vorstellung der auf dem Boden nach Futter schnüffelnden Sau. Er begann nun, auf allen vieren im Sauseschritt geradezu davonzufliegen, und raste mit einer ganz und gar nicht schweinegemäßen Geschwindigkeit um den Platz. Gleichwohl grunzte er dabei wie zuvor. Nach mehreren Runden begann er Purzelbäume zu schlagen, rollte und rollte, bis man nur noch einen schwarzen Wirbelwind wahrnahm, der sich unerwartet in einer Spirale nach oben schraubte und auf die Füße kam. Auch die Mistgabel hatte er unversehens wieder in der Hand. Auf den ersten Blick hatte seine Darbietung etwas Unbeholfenes und Tolpatschiges, doch bei genauem Hinsehen erkannte man die Virtuosität, die hinter der scheinbaren Unbeholfenheit steckte. Keine Bewegung war dem Zufall

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