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Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Titel: Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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nicht erschlagen, dann wäre die ganze Katastrophe nicht passiert ...«
    Ich schneide ihm das Wort ab und sage: »Ach, du mein dummer Neffe, was vom Schicksal vorbestimmt ist, darauf hast du keinen Einfluß. Ich habe längst gewußt, daß du es warst, der Sun Bing den Bart ausgerissen hat und ich weiß auch, daß dich meine Frau dazu angestiftet hat. Sie hat sich davon erhofft, einen Keil zwischen mich und Sun Meiniang zu treiben, damit es nicht zu unserer Liebesziehung kommen würde. Ich weiß auch, daß du zusammen mit meiner Frau den Plan ausgeheckt hast, die Mauer mit Hundekot zu präparieren. Ich weiß, daß ihr meine Verbindung mit Meiniang ablehnt, weil sie eine Frau aus dem Volk ist. Aber Sun Meiniang und ich, wir sind einander durch ein früheres Leben vorbestimmt. Nicht du bist schuld, auch sie nicht, niemand ist schuld an alledem, es ist unser Schicksal.«
    »Onkel ...« Liu Pu kniet vor mir nieder und sagt weinend: »Bitte laßt mich Euch die Ehre erweisen!«
    Ich reiche ihm die Hand, um ihn hochzuziehen und sage: »Laßt uns einfach so auseinandergehen, Neffe.«
    Ich mache mich allein auf den Weg.
    Liu Pu ruft mit leiser Stimme hinter mir her: »Onkel!«
    Ich wende mich um.
    »Onkel!«
    Ich gehe noch einmal zu ihm zurück und frage: »Was gibt es noch?«
    »Euer dummer Neffe will Rache für seinen Vater, für die Sechs Heroen und für Onkel Xiongfei. Er will das Übel abwenden, das die Große Qing-Dynastie mit dem Untergang bedroht.«
    »Du willst ein Attentat verüben?« Ich bin verblüfft. »Dein Entschluß steht fest?«
    Er nickt.
    »Dann wünsche ich dir mehr Glück, als dein Onkel Xiongfei hatte, lieber Neffe!«
    Ich setze meinen Weg zur Tongde-Akademie fort und drehe mich nicht mehr um. Das Mondlicht blendet mich, ich fühle mich, als ob in mir unzählige Blütenknospen wären, die kurz vor dem Aufblühen sind. Jede Knospe enthält eine Melodie der Katzenoper, deren Rhythmus ich meine Schritte anpasse.
    Der Präfekt von Gaomi hat das Yamen verlassen, von Trauer erfüllt,
    Miau, miau ...
    Der Herbstwind ist kühl, der Mond leuchtet, die Nachtglocke ertönt ...
    Der Mond scheint mir bis ins Herz hinein. Mond, du heller Mond, nie wieder werde ich dich leuchten sehen! Ich gehe weiter, da erscheint mit einemmal das Bild meiner Frau vor mir, mit papiernem Gesicht liegt sie auf dem Bett. Sie trägt das Haar perfekt frisiert wie ein Phönix und ein Kleid aus Brokat in den Farben der Abendwolken. Ein Abschiedsbrief liegt neben ihr. Darin ist zu lesen: »Die Hauptstadt ist gefallen, der Staat ist ruiniert. Ausländer haben das Land besetzt und teilen es in Territorien auf. Mein Leben lang habe ich von der Gunst des Kaisers gelebt, gut habe ich gelebt von seiner unermeßlichen Gunst. Ich ertrage es nicht mehr, so weiterzuleben, denn dann wäre mein Leben das eines unmoralischen Tieres. Ein loyaler Minister gibt sein Leben für den Kaiser, eine Frau folgt ihrem Gatten in den Tod. Man muß zu Lebzeiten für seinen Nachruhm sorgen. Eure Dienerin wird den Anfang machen, in der Hoffnung, daß Ihr ihr folgen werdet. Alles ist verloren und ich bin voll Trauer.«
    Ach, gnädige Frau! Du weißt, was ein Diener des Staates zu tun hat. Du vergiftest dich und opferst dich für dein Land, gibst mir ein glorreiches Vorbild. Auch ich bin entschlossen zu sterben, denn so ehrlos kann ich nicht weiterleben. Doch noch kann ich nicht in Ruhe aus dieser Welt scheiden, eine Sache bleibt mir noch zu tun. Ich bitte Euch, gnädige Frau, auf mich auf der Himmelsterrasse, von der aus man die Heimat betrachtet, zu warten. Warte, bis ich meine letzte Pflicht erledigt habe, dann werde ich mit dir gemeinsam den alten Kaiser treffen gehen ...
    Das Mondlicht fließt wie Wasser über den friedlich daliegenden Exerzierplatz. Eulen und Fledermäuse fliegen durch die Nacht und in den dunklen Ecken des Platzes blitzen hie und da rot die Augen eines streunenden Hundes auf. Ihr aasfressende Banditen, seid ihr etwa auf der Suche nach totem Menschenfleisch? Niemand hat die Toten fortgeschafft, und so liegen sie im Mondlicht, bis der Tag anbricht. Unterdessen lassen es sich Yuan Shikai und Knobel in meinem Yamen wohl sein, in der Küche klappern die Töpfe und rauchen die Pfannen mit den Köstlichkeiten, die sie sich gönnen. Ihr fürchtet wohl nicht, daß ich Sun Bing töte? Ihr glaubt, sicher sein zu können, weil Ihr mir den Tod androhtet, wenn er stirbt? Aber wenn ich nun gar nicht mehr leben will? Ich werde dem Beispiel meiner Frau folgen, mich

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