Die sanfte Entfuehrung des Potsdamer Strumpftraegers
mir Frau Rottenbauer angeboten, mir einen Prominenten auszuleihen.«
»Und was für einen!«, ruft Frau Rottenbauer dazwischen. »Sie wissen schon, dass ich ihn selber gerne gehabt hätte.«
»Ich bin Ihnen auf immer und ewig dankbar.«
»Das sollten Sie auch.« Frau Rottenbauer schmunzelt ein wenig.
»Er war so ein toller Mann!«, begeistert sich Frau Oberhaid. »Olaf war dermaßen eifersüchtig …«
»Obwohl er dazu überhaupt keinen Grund hatte«, bemerkt Frau Rottenbauer süffisant. Dass sie dabei kurz in Etiennes Richtung schielt, entgeht mir nicht. Ihm sehr wohl.
»Er hat den ganzen Pepp zurückgebracht«, schwärmt Frau Oberhaid weiter. »Man sagt ja immer, dass Ehepaare auch gemeinsame Hobbys brauchen. Völlig richtig. Die Entführung hat uns wieder ganz eng zusammengebracht. Es war wie eine zweite Hochzeit, irgendwie. Wir kamen uns lange Zeit ganz verrucht vor, weil wir dieses Ding durchgezogen haben und so ein aufregendes Geheimnis hatten.«
»Die Aufregung lässt natürlich mit der Zeit nach«, kommentiert Frau Rottenbauer kühl, was Frau Oberhaid aber nicht von einem lauten, schmachtenden Seufzer abhält.
Katja und Heidi Klum haben die Erzählung gleichermaßen gespannt verfolgt, sie kleben an Frau Oberhaids und Frau Rottenbauers Lippen und springen mit ihrer Aufmerksamkeit von der einen zur anderen, so schnell sich die Frauen den Gesprächsball eben zuspielen, und reißen die Augen dabei immer weiter auf. In der sich jetzt kurz einstellenden Redepause wittern beide ihre Chance. »Wer war er?«, platzen sie fast gleichzeitig heraus.
Frau Rottenbauer und Frau Oberhaid sehen sich mit cool hochgezogenen Augenbrauen an. Als wäre es ein abgesprochenes Zeichen.
»Das bleibt ein Geheimnis«, erklärt Frau Rottenbauer dann genussvoll.
»Er war großartig«, ergänzt Frau Oberhaid. »So charmant.«
»Er war Franzose«, sagt Frau Rottenbauer.
»Er ist es sogar noch«, sagt Frau Oberhaid und lacht los. »Ich hab ihn erst vorgestern wieder im Fernsehen gesehen.«
»Dann könnte ich ihn mir ja direkt noch mal holen«, lacht Frau Rottenbauer mit.
Ich möchte nicht sehr viel intensiver darüber nachdenken, was während der damaligen Entführung im Hause Oberhaid alles vorgefallen sein könnte. Würde ich mir Gedanken darüber machen, wäre vielleicht endlich eine Erklärung dafür gefunden, wie Olaf Oberhaid mit seinem Quarkgesicht und Susanne Oberhaid, die früher nicht ganz unansehnlich war, aber auch nicht zur Faschingsprinzessin gewählt worden wäre, einen Sohn fabrizieren konnten, den man problemlos jeder Barbiepuppe zum Mann geben könnte. Würde ich mir Gedanken machen, würde ich zudem in die Waagschale werfen, dass Etienne nun mal Etienne heißt und das ein französischer Name ist, den keiner seiner Elternteile ohne größere Unfälle aussprechen kann. Ich würde darüber hinaus überlegen, welcher französische Prominente auch schon vor zwanzig, nein, fast neunzehn Jahren international oder zumindest in Frankreich und Deutschland bekannt war, womöglich gar Deutsch sprechen kann und nicht nur fantastisch aussieht, sondern noch dazu ein echter Charmeur vor dem Herrn ist. Es kämen nicht viele infrage. Gut, dass ich nicht weiter drüber nachgrübele. Gérard Depardieu scheidet jedenfalls schon mal aus. Etienne scheint das alles nicht sonderlich zu interessieren. Er hat das Denken anscheinend irgendwann eingestellt und seither mit offenem Mund der Erzählung gelauscht. Seine Konklusion aus alldem beschränkt sich auf: »Krass, meine Mutter ist eine Gangsterbraut.« Er schüttelt ungläubig den Kopf und beschäftigt sich vermutlich eher mit dem Problem, dass er die Story nicht mal weitererzählen darf und keiner seiner Freunde je erfahren wird, dass er die durchtriebenste Mutter von allen hat. Damit könnte man durchaus angeben.
»Das alles habe ich Herrn Müller jedenfalls erzählt«, schließt Frau Oberhaid. »Und eher als Witz dazu gesagt, dass er doch einfach Günther Jauch entführen soll, wenn Paul es in der Sendung nicht packt.«
»Schon richtig«, stimmt Herr Müller kleinlaut zu. »Eigentlich war es ihre Idee.«
»Das war es dann aber mit den Offenbarungen, ja?«, frage ich. »Wir, die hier sitzen, wissen Bescheid und sonst niemand. Richtig?«
»Nicht dass ich wüsste«, sagt Frau Rottenbauer. »Und ich wüsste es mit Sicherheit.«
Ich bin einigermaßen beruhigt. Obwohl sich die Zahl der Mitwisser auf einen Schlag von vier auf acht verdoppelt hat, wird alles weiter in geregelten
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