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Die sanfte Entfuehrung des Potsdamer Strumpftraegers

Die sanfte Entfuehrung des Potsdamer Strumpftraegers

Titel: Die sanfte Entfuehrung des Potsdamer Strumpftraegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ritter
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wirft sich auf den Boden und macht Sit-ups. Es geht los.
    »Und hier kommt Ihr Moderator. Hier ist Günther Jauch.« Dööö-dö-dömmm. Applaus. Johlen. Euphorische Pfiffe. Wir applaudieren mit, als Günther Jauch in Überlebensgröße auf uns zutritt. Er trägt einen ganz besonders schicken Anzug und wirkt sehr gut erholt. Er lächelt so breit, wie er noch nie gelächelt hat. Im Fernsehen zumindest. Als er bei unserer Party mit Frau Rottenbauer geplaudert hat, war es noch ein wenig mehr. Er hatte sich so gefreut, mit ihr Bekanntschaft zu schließen. Ach, der Günther. War schon ein richtig netter Sommer mit ihm.
    »Begrüßen Sie unsere prominenten Spielkandidaten«, sagt er. »Edmund Stoiber, Hans Sarpei, Michael Mittermeier und Heidi Klum.«
    »Die Heidi!«, kreischt Katja auf und zuckt wohl unbewusst mit dem Knie.
    »Aua«, sagt Herr Müller, ohne sich über Gebühr zu rühren.
    Etienne bekommt einen etwas verschmitzten Gesichtsausdruck, als Heidi Klum auf ihrem Kandidatenstuhl Platz nimmt. Er schaut zwar noch Richtung Fernseher – es ist schwierig, bei einem Fernseher dieser Größe nicht in seine Richtung zu schauen –, aber mit hoher Sicherheit sieht er irgendwas anderes vor seinen glasigen, großen Augen. So genau wissen wir alle nicht, was Heidi und er auf unserer Party miteinander gemacht haben. Etienne schweigt sich ausschweifend darüber aus. Und es ist nicht so, dass Katja ihn nicht sehr direkt gefragt hätte.
    Heidi sitzt auf dem Stuhl, auf dem ich auch gesessen habe, als ich in der Sendung war. Schon komisch, wenn ich daran zurückdenke. Damals dachte ich, das wäre der schlimmste Tag meines Lebens und dass das jetzt sowieso vorbei wäre, das Leben, dass nichts mehr kommen kann, was mich zurück in die Spur bringen wird, dass das Spannendste in näherer Zukunft das Paket mit den neuen Warentrennern fürs Kassenlaufband sein würde. Aber was wäre denn gewesen, wenn ich um zwei Zehntelsekunden schneller BCAD eingetippt hätte, als es um Lettland und Liechtenstein und Co. ging? Dann wäre ich auf dem Stuhl gelandet und nicht der rauchende Otto. So. Und dann? Ich hätte 125 000 gewonnen, wahrscheinlich. Ich wäre nach Hause gefahren, hätte mich feiern und mich von irgendwem dazu bequatschen lassen, ein schickes neues Auto zu kaufen, wie es alle machen, die unkreativ mit ihrem Gewinn umgehen, ich hätte den Rest auf die Sparkasse gebracht und dann doch so weitergemacht wie bisher. Ich wäre schneller im Laden gewesen mit dem neuen Auto, okay – aber das hier ist doch um Längen besser. Sind doch mehr Möglichkeiten jetzt, und neue, interessante Leute habe ich auch kennengelernt. Von den Aussichten auf die Zukunft ganz zu schweigen!
    Ich glaube, wir alle haben jetzt so lange vor uns hingedacht und uns vom regelmäßigen, plosiven Atemausstoß Rodrigos bei jedem Sit-up hypnotisieren lassen, dass wir die Auswahlfrage gar nicht richtig mitbekommen haben. Heidi Klum nimmt gerade elegant auf dem Spielstuhl Platz. Keine große Leistung beim Promi-Special. Da ist es eher schlecht, als Erstes dran zu sein. Die Reihenfolge ist vorher ohnehin ausgemacht, und die Leute, die eine gute Show liefern sollen, tun so, als kapierten sie die Frage nicht, um später dranzukommen.
    »Heidi Klum, Top-Model, Moderatorin und Mutter, gebürtig aus Bergisch Gladbach«, stellt Günther Jauch sie vor. »Da hatten Sie ja keine lange Anreise.«
    »Ja, richtig. Ich hab schon als Kind immer gerne an der S-Bahn-Endstation Bergisch Gladbach gespielt«, sagt Heidi Klum. Herr Müller und ich zwinkern uns wissend zu, und Günther Jauch tut überzeugend so, als würde er die Geschichte zum ersten Mal hören. Nach einer Minute unterbricht er sie bei ihrer Lebensgeschichte und schlägt vor, zwischen der Plauderei die niedrigen Fragen zu spielen.
    Als sie 500 Euro geschafft hat, reißt sie die Arme hoch und jubelt und sagt dann, sie sei jetzt sehr erleichtert, denn vor den einfachen Fragen hätte sie am meisten Angst gehabt.
    »Sagen Sie mal, Frau Klum, wie haben Sie eigentlich Ihren Sommer verbracht?«, fragt Günther Jauch da plötzlich.
    Katja presst sich die Hand vor den Mund und schaut besorgt.
    »Mal hier, mal da. Zwischendurch haben wir uns ja auch mal getroffen, gell?«, sagt Heidi Klum und zwinkert.
    »Ja, beim spontanen Urlaub auf dem Bauernhof«, sagt Günther Jauch, und wir alle holen gleichzeitig ganz tief Luft.
    »Das kann ich nur jedem empfehlen«, sagt er dann. »Sehr gute Luft auf dem Land.«
    Ich glaube, er zupft absichtlich

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