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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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und neben ihr, auf dem Boden neben dem Bett, ebenfalls bewusstlos , ihr M ann, der aus Mekka heimgekehrte Ex-Lehrer Sufyan. Während anderswo in dem brennenden Shaandaar gesichtslose Menschen am Fenster stehen und erbarmungswürdig um Hilfe winken, weil sie nicht schreien können (kein Mund).
    Der Widersacher: da bläst er!
    Als Silhouette vor dem Hintergrund des entflammten Café Shaandaar, da, das ist der Bursche!
    Asrael springt unaufgefordert in Farishtas Hand.
    Auch einem Erzengel kann eine Offenbarung zuteilwerden , und als Gibril, für den flüchtigsten aller Augenblicke, Saladins Blick erhascht - da, in diesem unendlichen Bruchteil eines Moments werden ihm die Schleier vom Gesicht gerissen -, sieht er sich mit Chamcha auf den Brickhall Fields wandern, in einer Schwärmerei befangen und die intimsten Geheimnisse seines Liebesspiels mit Alleluja Cone enthüllend - dieselben Geheimnisse, welche später unzählige böse Stimmen ins Telefon flüsterten -, hinter all diesen Stimmen erkennt Gibril nun das vereinende Talent des Widersachers, der guttural und hoch sein konnte, der beleidigte und schmeichelte, der beharrlich wie auch sc hüchtern war, der prosaisch und - ja! verseschmiedend war. Und endlich, jetzt, sieht Gibril Farishta zum ersten Mal ein, dass der Widersacher nicht einfach Chamchas Züge als Verkleidung angenommen hat, auch ist dies nicht im geringsten ein Fall paranormaler Besessenheit, von Leichenraub durch einen Eindringling aus der Hölle, kurz: dass das Böse Saladin nicht äußerlich ist, sondern irgendeiner Nische seiner wahren Natur entspringt, dass es sich in seinem Ich gleich einem Krebsgeschwür ausgebreitet hat, das Gute, das in ihm war, ausradiert, seinen Geist ausgelöscht hat, und dies mit Hilfe zahlreicher irreführender Finten und Kniffe, zuweilen auch scheinbar zurückweichend; während es tatsächlich, unter der Illusion der Besserung, in ihrem Schutz sozusagen, bösartig weiterwucherte; und jetzt füllt es ihn zweifellos aus, von Saladin ist jetzt nichts mehr übrig außer dem dunklen Feuer des Bösen in seiner Seele, das ihn ebenso mit Haut und Haaren verzehrt, wie das andere Feuer, buntschillernd und allumfassend, die schreiende Stadt verschlingt. Dies sind wahrlich »höchst schauerliche, böse, blut’ge Flammen, nicht wie die hehre Flamme eines gewöhnlichen Feuers«.
    Das Feuer ist ein Bogen über dem Himmel. Saladin Chamcha, der Widersacher, der auch Spoono, mein alter Chumch ist, ist im Eingang des Café Shaandaar verschwunden.
    Dies ist der Schlund des schwarzen Lochs; der Horizont schließt sich darum, alle anderen Möglichkeiten schwinden, das Universum schrumpft auf diesen einzigen und unwiderstehlichen Punkt. Gibril bläst einen ungeheuren Stoß auf seiner Trompete und stürzt durch die offene Tür.
     
    Das Gebäude, das das Amt für multikulturelle Angelegenheiten von Brickhall beherbergte, war ein einstöckiges purpurnes Backsteinungeheuer mit kugelsicheren Fenstern, eine bunkerartige Schöpfung der sechziger Jahre, als man solche Formen als elegant empfand. Das Gebäude war nicht leicht zu betreten; die Tür war mit einer Sprechanlage ausgerüstet und gab den Weg auf einen schmalen Gang frei, der an einer Seite des Gebäudes entlangführte und vor einer zweiten Tür endete, welche ebenfalls mehrfach gesichert war.
    Auch eine Alarmanlage war vorhanden.
    Diese Alarmanlage, so sickerte später durch, war ausgeschaltet worden, möglicherweise von den beiden Personen - die eine männlichen, die andere weiblichen Geschlechts - , die sich mit Hilfe eines Schlüssels Zugang verschafft hatten. Von offizieller Seite verlautete, dass diese Personen Sabotage im Sinn gehabt hätten, eine »Insider-Sache«, da eine, die tote Frau, bei der Organisation, um deren Büroräume es sich handelte, beschäftigt war. Die Gründe für das Verbrechen blieben im Dunkeln, und da die Übeltäter in den Flammen starben, war es unwahrscheinlich, dass sie jemals ans Licht kommen würden. Ein »Eigentor« galt als die wahrscheinlichste Erklärung.
    Eine tragische Geschichte; die tote Frau war hochschwanger gewesen.
    Inspektor Stephen Kinch, der eine Erklärung abgab, in der diese Fakten genannt wurden, zog eine »Verbindung«
    zwischen dem Brand im Brickhaller AMKA und jenem im Café Shaandaar, wo der zweite Tote, der Mann, einen halbfesten Wohnsitz hatte. Es sei möglich, dass der Mann der tatsächliche Feuerteufel war und die Frau, seine Geliebte, obwohl sie mit einem anderen Mann verheiratet

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