Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
Vom Netzwerk:
Verbindung stehen: zweifellos eine Delinquentin. Ein angestrahlter Journalist wird diese Leckerbissen viele Stunden nach den Ereignissen der Nation vorsetzen, doch die Neuigkeit rast schon durch die Straßen: Pinkwalla! Und das Wax: sie haben es zerlegt - aus einandergenommen ! Jetzt herrscht Krieg.
    Dies jedoch ereignet sich an Schauplätzen, die - wie so vieles andere auch - die Kamera nicht sehen kann.
    Gibril: bewegt sich wie in einem Traum, denn nach der tagelangen Wanderung durch die Stadt ohne Nahrung, ohne Schlaf, die Trompete namens Asrael sicher in einer Tasche seines Wintermantels verstaut, kennt er keinen Unterschied mehr zwischen Wach-und Traumzustand; er hat jetzt einen Begriff davon, was Allgegenwart sein muss , weil er sich durch mehrere Geschichten zugleich bewegt, da ist ein Gibril, der über die Untreue Alleluja Cones trauert, und ein Gibril, der über dem Totenbett eines Propheten schwebt, und ein Gibril, der heimlich über eine Pilgerfahrt zum Meer wacht, den Augenblick abwartet, in dem er sich zu erkennen geben wird, und ein Gibril, der jeden Tag stärker den Willen des Widersachers spürt, der ihn näher und näher zieht und ihn ihrer letzten Umarmung entgegenführt: der subtile, trügerische Widersacher , der das Gesicht seines Freundes angenommen hat, seines treuesten Freundes Saladin, um ihn einzulullen, um seine Wachsamkeit einzuschläfern. Und da ist ein Gibril, der die Straßen Londons durchstreift und versucht, den Willen Gottes zu verstehen.
    Soll er das Werkzeug des Zorns Gottes werden?
    Oder seiner Liebe?
    Ist er Rache oder Vergebung? Soll die tödliche Trompete in der Tasche verbleiben oder soll er sie hervorziehen und blasen?
    (Ich gebe ihm keine Anweisungen. Auch ich warte mit Interesse darauf, wie er sich entscheiden wird - auf das Ergebnis seines Ringkampfs. Charakter gegen Vorbestimmung: ein Freistilkampf. Zwei Stür ze, zwei Aufgaben oder ein K.O. werden entscheiden.)
    Ringend schreitet er durch seine vielen Geschichten voran.
     
    Es gibt Zeiten, da sehnt er sich nach ihr, Alleluja , allein ihr Name eine Freude; aber dann entsinnt er sich der diabolischen Verse und wendet seine Gedanken ab. Das Horn in seiner Tasche will geblasen werden, doch er beherrscht sich. Die Zeit ist noch nicht reif. Nach Hinweisen suchend - was muss nun getan werden? - pirscht er durch die Straßen der Stadt.
    Irgendwo sieht er in einem Abendfenster einen Fernseher.
    Auf dem Bildschirm is t ein Frauenkopf, eine berühmte »Moderatorin«, die von einem ebenso berühmten, zwinkernden irischen »Gastgeber«, interviewt wird. - Was wäre das Schlimmste, das Sie sich vorstellen können? - Oh, ich glaube, das wäre, ja, das wäre bestimmt: an Heiligabend allein zu sein.
    Da wäre man auf sich selbst zurückgeworfen, nicht, man würde in einen erbarmungslosen Spiegel schauen und sich fragen: und das soll alles sein? - Gibril, allein, er kennt den Treff nicht, geht weiter. Der Widersacher im Spiegel nähert sich im selben Tempo wie er, winkt ihm, streckt die Arme aus.
    Die Stadt sendet ihm Botschaften. Hier an dieser Stelle, sagt sie, hat der holländische König beschlossen zu bleiben, als er vor dreihundert Jahren herüberkam. Damals war sie außerhalb der Stadt, ein Dorf, inmitten der grünen englischen Flur. Aber als der König kam, um sich niederzulassen, schössen die Londoner Plätze inmitten der Flur auf, erhoben sich rote Backsteingebäude mit holl ändischen Krenelierungen in den Himmel, damit seine Höflinge ein Dach über dem Kopf hatten.
    Nicht alle Einwanderer sind machtlos, wispern die noch stehenden Gebäude. Sie zwingen ihrer neuen Erde ihre Bedürfnisse auf, bringen ihre Zusammenhänge in das neu gefundene Land mit, denken es sich neu. Doch aufgepasst , warnt die Stadt. Auch die Zusammenhanglosigkeit will ihr Recht. Bei einem Ritt über das Parkgelände, in dem er zu leben gewählt hatte - das er kultiviert hatte -, wurde Wilhelm III. vom Pferd abgeworfen, landete unsanft auf dem aufsässigen Boden und brach sich den königlichen Hals.
    An manchen Tagen findet er sich zwischen wandelnden Leichen, Massen von Toten, die sich alle weigern zuzugeben, dass sie erledigt sind, Leichen, die meuternd fortfahren, sich wie Lebende zu benehmen, einkaufen, dem Bus nachlaufen, flirten, nach Hause gehen und vögeln, Zigaretten rauchen. Aber ihr seid tot, schreit er ihnen zu. Ihr Zombies, geht wieder zurück in euer Grab. Sie ignorieren ihn oder lachen oder schauen betreten oder drohen ihm mit der Faust. Er

Weitere Kostenlose Bücher