Die Satansbraut
Überhaupt...«, sie lächelte mich hintergründig an,
»... wie ich Alex kenne, hat er viel zuviel Angst, es bei mir zu versuchen.«
Dann wandte sie den Kopf und
starrte wieder hinaus, woraus ich schloß, sie wolle sich nicht weiter
unterhalten. Überdies gab es etwas anderes, das mich beschäftigte. Entweder war
der Wagen zu groß für Walter oder er zu klein für den Wagen, oder vielleicht
kamen sie einfach nicht miteinander zurecht? Jedenfalls wurde die Fahrt bald
zum Alptraum. An der dritten Kreuzung, die er mit unverminderter
Geschwindigkeit bei Rot durchfuhr, fürchtete ich einen schrecklichen Moment
schon, auf dem Rücksitz gleich Gesellschaft zu kriegen. Ein großer Mensch mit
Bart, das Gesicht ein einziges Zornlodern, schrie etwas aus vollem Halse, aber
glücklicherweise fiel er im letzten Augenblick von seinem Motorrad. Zu diesem
Zeitpunkt beschloß ich, die Augen zu schließen, während ich gleichzeitig
krampfhaft versuchte, nicht auf die Brems- und Quietschgeräusche zu hören, die
an meine Ohren drangen.
Lange Zeit später, als sie
merklich nachgelassen hatten, schlug ich die Augen wieder auf und sah mich um.
Wir befanden uns weit draußen in der Wildnis, auf der falschen Seite einer
Sandstraße, die von hohen Bäumen gesäumt wurde. Eine Ewigkeit lang durchfuhren
wir Kurven und Kehren, dann überquerten wir plötzlich eine Hügelkuppe, und da
lag alles unter uns. Ich meine, das Haus und der Pazifische Ozean. Das Haus war
ganz toll — mit einem geräumigen Innenhof, einem Mosaik-Schwimmbecken und allen
möglichen Türmchen und so. Es wirkte wie ein Ort, wo — im Spätprogrammfilm — Marlene
Dietrich ihr Kamel geparkt und gewartet hätte, während Gary Cooper und der
Regisseur einen Dreh suchten, wie sie die nächste Szene durch die Zensur
bringen konnten.
Von nahem, nachdem der Wagen
das offene Tor passiert hatte, sah es nicht mehr so gut aus. Im Hof klafften
breite Risse, aus denen teilweise Gras sproß. Die Ränder des Schwimmbeckens
waren von Algen grünverschmiert, so daß ich allein beim Gedanken ans Schwimmen
dabei Magendrücken bekam. Walter befand urplötzlich, wir seien weit genug
gefahren. Er stampfte auf die Bremse, und der Wagen hielt ruckartig vor der
großen Veranda. Es folgte eine tiefe Stille, während der, so glaube ich, wir
uns alle überzeugten, daß wir noch am Leben waren.
Celestine sprach zuerst.
»Willkommen in der Volksausgabe von San Simeon«, sagte sie. »Und achten Sie
darauf, Mavis, sich nicht an eine Mauer zu lehnen, sonst fällt uns das ganze
verdammte Haus auf den Kopf.«
Wir stiegen aus und über die
rissigen Steinstufen zur Veranda hinan. Der Eingang hatte einen Spitzbogen und
zwei Türflügel, beide aus Holz, massiv, eisenbeschlagen, so als seien sie
gebaut, die Fremdenlegion gegen arabische Nomaden abzusichern. Links daneben
hing eine große Bronzeglocke, und als Nina ungeduldig an ihrem Seil zog,
erschallte ein Geräusch wie vor dem Jüngsten Gericht.
Innerhalb von fünfzehn Sekunden
öffnete sich der rechte Türflügel, und vor uns stand ein sagenhafter Typ und
starrte uns an.
»Was ist denn das?« flüsterte
ich Celestine zu.
»Sie meinen wohl, >wer ist
das« fragte sie.
»Ich weiß, was ich meine!«
antwortete ich. »Selbst, wenn es lebt, kann ich nicht recht glauben, daß es ein
Mensch ist.«
»Das ist Alex’ Diener«, sagte
sie. »Er gehört gewissermaßen zum Inventar. Ich glaube, er ist Araber.«
Mir kam er eher wie ein
Alptraum vor. Er war etwa zwei Meter zehn groß und wog mindestens zwei Zentner.
Sein gewaltiger Schädel war völlig kahl; seine Augen hatten eine eigenartige
Mandelfarbe, und zwischen ihnen ragte eine grausame Hakennase hervor. Er trug
eine schmutzige weiße Jacke und eine schwarze Seidenhose, dazu an den bloßen
Füßen alte Pantoffel.
»Hallo, Ahmid «,
sagte Nina aufgeräumt. »Die Koffer sind im Wagen. Wo ist Mr. Blount?«
»Er schläft«, sagte das
Ungetüm, und die Stimme war das Seltsamste an ihm — ein echter tiefer Baß , wie zu erwarten war, aber auch eine der sanftesten
Stimmen, die ich je im Leben gehört hatte. »Mrs. Blount ist im Wohnzimmer.«
»Ich wette, sternhagelvoll?«
sagte Celestine.
Ahmid grinste und zeigte prachtvolle
weiße Zähne. »Noch nicht, Miss Celestine, aber sie ist allen anderen schon ein
gutes Stück voraus.« Er öffnete die Tür weiter. »Wenn Sie schon zum Wohnzimmer
durchgehen möchten, Miss Farr — ich trage die Koffer
in die Schlafzimmer.«
Wir marschierten im Gänsemarsch
an ihm
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