Die Satansbraut
»Sie hätte sich noch zu Tode gefressen, wenn ich sie in Camille Hall zurückgelassen hätte. Sie wurde schon fett und träge, und jedesmal, wenn ich sie sah, warf sie mir vorwurfsvolle Blicke zu und wieherte unablässig, und nach einer Weile hörte es sich ganz nach deinem Namen an. Was sollte ich da machen?«
Und sie hatte nur noch einmal »Danke« gemurmelt.
Ryder ritt neben ihr her und freute sich, daß es ihm ausnahmsweise gelungen war, sie glücklich zu machen. Mit dieser Überraschung hatte sie wirklich nicht gerechnet, und er überlegte, womit sie sich wohl revanchieren würde, denn er kannte sie inzwischen gut genug, um zu wissen, daß es ihr unerträglich wäre, in seiner Schuld zu stehen.
Als sie dann die schmale Landstraße hinabgaloppierte, zügelte er seinen Hengst Genesis, der rabenschwarz und ausdauernd wie zehn Maulesel war, und folgte ihr in gemäßigtem Tempo. Er war wieder daheim, es war ein warmer, sonniger Tag, und er hatte seiner Frau eine Freude gemacht. In optimistischer Stimmung begann er zu pfeifen. Auch für seine diversen Freundinnen glaubte er vernünftige Lösungen gefunden zu haben. Und was seine Kinder betraf, so wollte er nur einen günstigen Zeitpunkt abwarten, um Sophie in sein Geheimnis einzuweihen. Er vermißte die Kinder und würde sie morgen besuchen. Für alle hatte er aus Jamaika Geschenke mitgebracht.
Hinte einer engen Kurve ließ Sophie ihre Stute im Schatten einer riesigen Eiche verschnaufen, die fast so alt zu sein schien wie die Kalkfelsen in einiger Entfernung. Sie holte tief Luft und stellte fest, daß sie sich wohl fühlte. Ryder benahm sich sehr zivilisiert. Mit Ausnahme der letzten Nacht, wo er sie lebhaft an den arroganten Mann erinnert hatte, als der er auf Jamaika aufgetreten war. Vielleicht würde er heute abend begreifen, daß sie nicht von ihm berührt werden wollte, vielleicht würde er einfach nett zu ihr sein und zivilisiert bleiben. Sie runzelte die Stirn.
Nach etwa zehn Minuten begann sie sich zu wundern, wo er abgeblieben war. Konnte ihm etwas zugestoßen sein? Sie beschloß zurückzureiten.
Als sie um die Kurve bog, sah sie ihn, und ihm fehlte nicht das geringste. Eine Frau auf rotbrauner Stute war bei ihm. Mitten auf der Straße waren sie in eine angeregte Unterhaltung vertieft. Sophie sah, wie die Frau eine Hand ausstreckte und Ryder am Ärmel berührte, und sie sah auch, wie Ryder der Frau zulächelte und sich zu ihr vorbeugte.
In Sophie begann es plötzlich zu kochen. Sie knirschte mit den Zähnen und ballte ihre behandschuhten Hände, die Opals Zügel hielten, zu Fäusten.
Ohne zu überlegen, stieß sie ihre Stiefelabsätze in Opals Flanken und galoppierte direkt auf ihren Mann und das Flittchen zu, das so aussah, als würde es jeden Moment auf Ryders Pferd und in seine Arme springen.
Ryder schaute auf und sah Sophie mit grimmiger Miene in gestrecktem Galopp auf sich zukommen. Allmächtiger, sie sah geradezu mordlustig aus! Er grinste breit. Als Sara ihn angehalten hatte, hatte er sich nicht ganz wohl in seiner Haut gefühlt. Doch als er seine Frau nun wie eine Furie näher kommen sah, freute er sich über die Begegnung mit Sara. Wut deutete entschieden auf andere Gefühle als Gleichgültigkeit hin.
Sara hatte noch nichts von der Amazone bemerkt. Sie fragte Ryder auf ihre üblich sanfte, liebe Art, ob er sie nicht küssen wolle. Sie beugte sich zu ihm hinüber, und er fühlte ihre weichen Lippen auf seiner Wange und ihre Finger an seinem Kinn, damit er sich ihr zuwenden solle, als ihm einfiel, daß es gar nicht schlecht wäre, wenn Sophie sehen würde, daß eine andere Frau ihn küßte. Saras Mund war frisch und lockend, aber seltsamerweise empfand er dabei keine Erregung. Gespannt wartete er auf Sophies Reaktion und konnte gerade noch in letzter Sekunde seinen Hengst zurückreißen, damit die Stute nicht in ihn hineinraste. Sara warf einen Blick auf die scheinbar Irre und wurde schreckensbleich.
»Wer zum Teufel sind Sie?«
Es war Sophies Stimme, aber diesen Ton hatte Ryder seit über zwei Monaten nicht mehr gehört. Sie klang kalt, zornig und arrogant, und ihre Augen schleuderten Blitze. Ryder war begeistert.
»Verdammt, lassen Sie die Hände von meinem Ehemann!«
»Ihrem was?« Die arme Sara versuchte ihre Stute zum Zurückweichen zu bewegen, aber das Tier war von Opal sichtlich fasziniert und rührte sich nicht von der Stelle.
»Sie haben doch gehört! Was haben Sie mit ihm zu bereden? Warum streicheln Sie ihn? Und wie können
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