Die Satojerin (German Edition)
reisen wollte,
irgendwann einmal Mosim passieren. Dies hatte zur Folge, dass praktisch alle
Waren, Informationen und Dienstleistungen über Mosim liefen und ihrer
Bevölkerung Reichtum und eine Vielfalt an Waren bescherten. Dann gab es noch
Sivaram, ein nach Allys Wissen eher zu vernachlässigendes, kleines Königreich,
wobei sie zugeben musste, dass sie hierüber nicht viel wusste. Bei den letzten
Königreichen ging es ihr wieder anders. Diese befanden sich auf einer großen
Insel, die in zwei Königreiche geteilt war. Posa, im Norden, das von König San
regiert wurde und Enuia, im Süden, das Honder zum König hatte. Posas
Bevölkerung war eher unauffällig und wenig schillernd. Das Königreich hatte
sich auf das Handwerk spezialisiert, König San hielt sich aus den meisten
Angelegenheiten heraus und wollte zumindest immer eine neutrale Position
bewahren. Leider konnte er sich aber nur in einem nicht zurückhalten: Sobald er
etwas verdienen konnte, war es vorbei mit den guten Vorsätzen. Meist machte er
ein Vermögen durch die handwerklichen Spezialgebiete seiner Untertanen – hin
und wieder aber ließ er sich auch zu anderen Projekten hinreißen. Ally musste
plötzlich in sich hinein lachen, weil sie sich an einen Satz ihres Onkels
erinnerte. „Dieser San – der würde selbst seine eigene Großmutter verkaufen,
wenn man ihm nur genug dafür zahlt. Sieht er Gold, setzt bei ihm der Verstand
aus. So sind sie fast alle, die Posaner! “ Im Gegensatz zu Posa war es entspannend, an Enuia zu denken. Das
K ö nigreich war das kleinste von allen, hatte am
wenigsten Bev ö lkerung und K ö nig Honder war ein g ü tiger und weiser Mann. Interessanterweise legte
er ü berhaupt keinen Wert auf die Kampfkünste, Krieg
oder ähnlich brutale Dinge. Meistens bezog er zu nichts Stellung und schaffte
es im Gegensatz zu San, wirklich seine neutrale Position zu halten. Allerdings
machte er es sich damit auch nicht immer leicht.Ally nahm sich vor,
ihren Cousin Thiudarec noch ein bisschen weiter über Neuigkeiten aus den
anderen Königreichen auszufragen, denn sie hatten ihr Interesse geweckt. Sie
konnte ja nicht ahnen, dass sie sich bald über die Königreiche schlaumachen
musste, ob sie wollte oder nicht.
♔♕♛♚
„Juna, Allegra! Endlich! Ihr seid da! “ Ally schickte ihrem Bruder ein strahlendes L ä cheln: Ihr Herz h ü pfte! Es war Thiudarec, ihr Cousin. Diese Stimme w ü rde sie aus Tausenden wieder erkennen, liebte
sie ihn doch genauso wie einen Bruder. Thiudarec war so alt wie Juna,
allerdings hatte er schwarzes Haar, einen großen und schlanken, fast schon mageren
Körperbau, und seine Gesichtszüge waren fein, beinahe wie gemalt. Ally fand es
immer wieder bemerkenswert, dass er trotz seiner Statur männlich wirkte, wenn
auch einiges weniger als Juna. Thiu war einer der engsten Freunde und
Vertrauten des Geschwisterpaares, sein Steckenpferd waren die Philosophie und
die Kunst und er teilte sich einige Interessen mit Juna, war aber im Gegensatz
zu ihm ein fürchterlich schlechter Kämpfer. Thiudarec kam eigentlich aus Sujia.
Das Königspaar war vor über zwanzig Jahren auf einer geheimen Reise dorthin und
ritt auf der Rückkehr in sein eigenes Königreich quer durch Mosim. Dort wurden
sie Zeuge eines Überfalls mehrerer Banditen auf ein sujianisches Ehepaar, das
einen Säugling dabei hatte. Als der König und seine Leibwachen zur Hilfe
eilten, kamen sie allerdings zu spät, denn die Frau war bereits tot und der im
Sterben liegende Ehemann übergab dem König, ohne zu wissen, wer er war, den
Säugling. Er bat ihn, ihn in seine Obhut zu nehmen. Auf die Frage, wieso und ob
er sich sicher sei, antwortete der Mann, „Ich sehe es an Ihren Augen – Sie sind
ein guter und gerechter Mensch! “ Somit nahmen ihre Tante und ihr Onkel das kleine, ungefähr drei
Monate alte Bündel mit nach Hause, tauften ihren neuen Sohn Thiudarec und
adoptierten ihn. Thiudarecs Eltern bekamen sonst keine leiblichen Kinder mehr
und liebten ihren kleinen Sohn wie ein eigenes Kind. Dennoch waren sie stets
der Meinung, dass er ihre ganz spezielle Familiengeschichte von Anfang an
kennen sollte. Thiudarec wollte die Krone nicht, das wusste Ally. Der Meinung
war er schon, als er ein Kind war und nach asudanischem Recht stand diese wohl
auch keinem Adoptivsohn zu. Selbst wenn er das Erbe seiner Eltern hätte
annehmen wollen, wäre es fast unmöglich gewesen, ihn an die Krone zu bringen. Ich
habe nie verstanden, wieso er sich schon immer so
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