Die Satojerin (German Edition)
ließ
Hauptmann Simm wie immer zuhause bei Mutter. Sie kümmerte sich, wie sonst auch,
mit mir zusammen um die Geschäfte und Vaters Aufgaben. Kurz vor seiner geplanten
Rückkehr erreichte uns die Nachricht, dass Vater tot sei. Wir konnten das
natürlich beide nicht glauben, weil das so... “, Thiudarec hielt inne und schien
nach den richtigen Worten zu suchen, „So unglaublich war. Nein, nicht
unglaublich, sie hörte sich unwahr an. Da die Nachricht aber von Vaters
Hauptmann kam, der mit ihm gereist war, konnten wir darauf vertrauen, dass sie
den Tatsachen entsprach. Der Hauptmann war auch der Einzige, der überlebt
hatte. Während Vater und seine Begleiter in einem Gasthaus in Mosim, kurz vor
der Grenze Asudas übernachteten, geriet der Gasthof in Brand und alle kamen im
Feuer um. “ Thius Stimme
zitterte und Ally glaubte ein Schluchzen zu hören, doch dann fasste er sich
wieder und redete weiter. „Ich orderte Carr zu mir. Er war zu dieser Zeit nur
einen Tagesritt vom Schloss stationiert. “ Sein Blick glitt ganz kurz zu dem Fremden, ü ber den Ally sich anf ä nglich gewundert hatte und der noch immer mit
dem Rücken zu ihnen stand. „Als er bei mir ankam, ritten wir sofort zum
Gasthof, um uns selbst zu überzeugen. Alles, was wir dort sahen, bestätigte uns
die Version von Vaters Hauptmann. Wir ritten zurück, um ihn noch einmal zu
befragen, doch als wir ankamen erfuhren wir, dass auch er an den Folgen seiner
Verbrennungen gestorben war. “ Er hielt inne, machte eine Pause, stand auf und ging zum Fenster.
Mit starrem Blick schaute ihr Cousin in die Nacht hinein. Armer Thiu, das
hast du nicht verdient. Niemand hat so etwas verdient! Als Ally wieder vom
Tisch aufschaute, bemerkte Sie, dass der Fremde sich noch immer nicht umgedreht
hatte. Ihr Blick ruhte erbost auf seinem Rücken. Was bildet er sich ein? Ist
er wirklich so unverschämt, dass er es nicht nötig hat, uns in das Gesicht zu
sehen? Was erlaubt ihm, uns die ganze Zeit den Rücken zuzudrehen und sich nicht
einmal vorzustellen? Carr – Carr heißt du also. Und wer bist du? Ally
schaute sich den Mann noch einmal genau an. Er war groß und muskulös – es
schien, als bestehe sein Körper nur aus Muskeln und kenne gar kein Fett.
Beschämt dachte Ally sofort an ihre eigenen, runden Hüften. Zugleich musste sie
aber auch zugeben, dass er etwas sehr Beeindruckendes, fast Anziehendes an sich
hatte. Seine Körperhaltung ließ sie keine Gefühlsregung erraten und er stand
wie versteinert an diesem Fenster. Trotzdem vermittelte er Ally nichts
Beängstigendes, sondern eher etwas Beschützendes. Er sah aus wie ein tapferer
Krieger und Ally konnte sich vorstellen, dass er sicherlich die eine oder
andere Narbe des Kampfes an sich trug. Sicherlich reagierte auch so manche Frau
in seiner Gegenwart mit Herzflattern. Ihr Blick hing an ihm und gerade, als sie
sich überlegte, wieso sie ihm gegenüber so fühlte, drehte er sich herum. Er
neigte seinen Kopf und seine pechschwarzen, vollen Haare bewegten sich ein
wenig durch den Windzug, den seine Drehung verursachte. Dann schaute er Ally
direkt in ihr Gesicht und seine leuchtenden, fast schon flackernden türkisen
Augen durchbohrten sie mit einem Blick, von dem sie sich kaum mehr abwenden
konnte. Seine Haut war gebräunt und an seinen Wangenknochen verliefen zwei
schöne, geschwungene Tätowierungen. Dennoch konnte Ally auch an seinem Gesicht
keinerlei Gefühlsregungen ablesen. Er hatte die wunderschönen, bei Tag und bei
Nacht leuchtenden Augen eines Satojers. Ich verstehe nicht, wie manche
Menschen davor Angst haben können? Nur weil die Augen der Satojer keine
Pupillen haben? Weil ihre Augen allesamt unvorstellbare Farben besitzen?
Natürlich mag es für manche Menschen befremdlich wirken, wenn ein paar
purpurfarbene oder orange, wie mit fremder Energie zum Leuchten gebrachte Augen
sie anschauen. Ich finde allerdings, dass es die schönsten Augen aller sieben
Königreiche sind! Das Faszinierendste daran ist doch, dass nur die Augen und
die Haut der Satojer ihr Alter verraten. Allen anderen Völkern kann man ihr
Alter an ihren Haaren ansehen, denn sie ergrauen und werden schließlich weiß.
Aber die Satojer behalten ihre vollen, pechschwarzen Haare unverändert, nur
ihre Augen verblassen - so lange, bis sie schließlich, wenn sie sterben,
schwarz werden. In diesem Moment stieg in Ally eine wohlige Wärme auf und
sie erinnerte sich daran, wie oft sie als Kind traurig dagesessen hatte, weil
sie so gerne die orangen
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