Die Satojerin (German Edition)
erschien sie blass und
hatte große, grüne, funkelnde Augen. Der größte, zuerst Allen auffallende,
Unterschied zu ihrem Bruder Juna war aber wohl ihr onyxfarbenes, langes Haar,
das sie niemals offen trug. Ihr Charakter war ein weiterer Punkt, in dem sie
sich von ihrem Bruder unterschied, denn sie war so facettenreich, dass sie
manchmal dachte, sie wäre wahnsinnig. Ohne Frage war sie ein guter, liebevoller
und fast immer heiterer Mensch, aber auf der anderen Seite war sie genauso wild,
energiegeladen, kraftvoll, starrköpfig, willensstark und abweisend. Dazu kamen
noch Phasen, in denen sie ihren Mund nicht halten konnte und ohne Punkt und
Komma plapperte – ohne Rücksicht auf Verluste.
„Tse! “ , seufzte Ally in Gedanken und schreckte sogleich aus ihnen
heraus, als die K ö pfe der
beiden M ä nner zu ihr her ü ber schnellten. Hm … dann war das doch nicht in Gedanken,
sondern laut. Sie fing an, innerlich zu kichern. Aber bei all diesen
Ereignissen des heutigen Tages noch normal zu bleiben, kann man wohl wirklich
nicht von mir erwarten.
So oft man ihr sagte, sie hätte einen so
schwierigen Charakter, dass man einfach nicht mit ihr leben könnte, so sehr
freute sie sich insgeheim auch darüber. Sie wollte niemals heiraten, niemals
einem Mann die Schuhe hinterher tragen, seine Kinder gebären, Kuchen backen,
kochen und ihm gehorchen. Und vor allem nicht ihm gehören. Nicht dass sie etwas
gegen Kochen oder Kinder hatte. Aber Kinder – Sie?! Ally versetzte alleine der
Gedanke daran in Panik. Somit schützte sie ihr ach so schwieriger Charakter vor
dem, was sie am meisten hasste. Gleichzeitig aber verhalf er ihr zu den nötigen
Voraussetzungen, um sich den Respekt in ihrer eigenen Lordschaft zu
verschaffen, den sie benötigte, um eine gute Lady zu sein.
„Prinzessin? “ „ Prinzessin!!!?? “ Ally wurde erneut aus ihren Gedanken gerissen.
Etwas genervt sch ü ttelte sie
den Kopf, damit sie das Gef ü hl hatte, wieder komplett im Hier und Jetzt zu sein. „ Simm, ich habe Ihnen doch schon eine Million
Mal gesagt, dass Sie mich nicht Prinzessin nennen sollen. Sie können froh sein,
dass ich überhaupt reagiert habe! “ Und da sage ich sogar die Wahrheit. Wie lange habe ich dieses
Wort schon nicht mehr gehört?! Den Titel hatte ich längst abgelegt und
vergessen. „Aber wenn es denn so ist, Prinzessin? “ Simm hatte einen Unterton in der Stimme, der
sich etwas beleidigt anh ö rte. „ Schlie ß lich ist Ihr Vater der Bruder des K ö nigs von Asuda. Es ä ndert auch nichts daran, dass Sie Ihre Lordschaft hier in Satojer
haben! Und Sie müssen sich demnächst wahrscheinlich noch an ganz andere Titel
gewöhnen! “ Das war jetzt
etwas vermessen. Ihren Bediensteten hätte sie so etwas nie durchgehen
lassen, zumindest nicht ohne eine Rüge. Aber wir haben es momentan alle
nicht ganz leicht, außerdem hängen all seine Hoffnungen an mir und ich kenne
ihn schon Jahrzehnte. „Ja Simm, bitte? “ Der Hauptmann stand auf, verneigte sich vor ihr und
verabschiedete sich. „ Ich werde
mich jetzt zur ü ckziehen. Wir
reiten morgen los und bis dahin erwarte ich auch Ihre Entscheidung. Zumindest,
ob Sie mit uns kommen oder nicht. “ Er sendete ihr ein kleines, kaum sichtbares, aufmunterndes L ä cheln, drehte sich um und ging.
„Boah!“, brüllte Juna. Ally bekam fast einen Herzschlag.
„Was?! “, zischte sie ihren Bruder an, „Erstens bitte etwas leiser und zweitens: Was um
alles in den sieben Königreichen meinst du denn? “ „ Onkel
und Tante sind tot, Thiudarec will die Krone nicht oder kriegt sie nicht? Das
habe ich nicht so genau verstanden. Und du, eine Satojerin, soll alles, was sie
hier aufgebaut hat, aufgeben, damit sie mal kurz das Königreich Asuda weiter
führt? “ Er
kniff ein Auge zusammen. „ Ist da noch irgendwo ein
Prinz, den du heiratest und zum K ö nig
nimmst? Dann h ä tten wir das auch gleich mit erledigt.“ Der
Spott in Junas Stimme war nicht zu verkennen. In Ally stieg hei ß e,
lodernde Wut auf und am liebsten h ä tte
sie gegen etwas geschlagen. F ü r einen Moment schien die
Tischplatte vor ihr das perfekte Opfer zu sein, aber sie wusste, dass diese
durch die Wut, gepaart mit ihrer fast grenzenlosen Energie, sicherlich Schaden
nehmen würde. Sie schluckte, ballte ihre Hände zu Fäusten und atmete tief
durch. „Ja, so ist es. Das hast du richtig erkannt. Wir treffen uns in dreißig
Minuten beim Abendessen und besprechen alles in Ruhe. Ich brauche noch etwas
Zeit zum Nachdenken
Weitere Kostenlose Bücher