Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)
und spürte, wie er mit seinem muskulösen Körper wieder nach oben kam und sich auf sie legte. Seine Bewegungen kamen ihr ungeduldig vor. Ein wenig linkisch. Fast jungfräulich.
Als Vincent in sie eindrang, kam ihr plötzlich ein Gedanke – unerwünscht, ungewollt und schockierend. Sie wollte ihren Schwanz wiederhaben, nur dieses eine Mal, und den jungen Vincent damit in den Arsch ficken. Das Bild ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Sex wie ein rasender Güterzug: stampfende Kolben, Motorenlärm, Rattern. Sie gab es nur ungern zu, aber in Momenten wie diesem fehlte ihr der alte, pralle Schwanz und seine Gabe, ihr Lust zu spenden …
Eine Stunde später zogen sie sich wieder an. Der Geruch von Sex lag schwer in der Luft. Ein Geruch von abgestorbenen Blumen und nassem Talkum. Eine kühle Brise wehte zum offenen Fenster herein und trug gedämpften Verkehrslärm mit sich, der im Hintergrund summte.
Sehr zu Ivanas Frustration gab es in dieser Nacht keinen Sex mehr.
Die sogenannte Jugend von heute
, dachte Ivana. Sie hatte alles versucht, seinen Schwanz gestreichelt und gelutscht, aber es war, als würde sie eine nasse Socke bearbeiten. Vincents Männlichkeit hatte sich verkrochen und kam nicht wieder aus ihrem Versteck heraus, egal, was Ivana versuchte.
»Du … warst toll«, sagte Vincent mit rotem Gesicht. »Es war nicht so, wie ich gedacht habe.«
»Danke für die Blumen, Simon Cowell. Warst du nur neugierig, wie es ist, eine Transsexuelle zu ficken? Ging es ausschließlich darum?« Sie wollte sich nicht so verbittert anhören.
»Nein … ich meine … ich wusste nicht, was mich erwartete. Das ist alles. Du bist mir schon beim ersten Mal im Billy Holidays aufgefallen. Mir war nur nicht klar, dass du so empfindsam sein könntest … so zärtlich …«
»Die Ivana im Billy Holidays ist nicht die wahre Ivana, lieber Vincent. Ich spiele mit den Erwartungen der Leute. Das ist eine Charade, mit er ich mein Leben mithilfe von bunten Pillen meistere. Die mir helfen, mit allem Hässlichen und der Einsamkeit fertigzuwerden.«
»Du … du weinst«, sagte er mit plötzlich nervöser Miene. »Habe ich etwas gesagt oder getan, was du nicht wolltest?«
Sie beugte sich zu ihm und küsste ihn liebevoll, während sie sich den schwarzen Seiden- BH überstreifte.
»Nein, du hast nichts falsch gemacht, liebster Vincent; du hast mich nur ein letztes Mal an einen alten Freund denken lassen, der unwiederbringlich tot ist.«
Zwei Stunden später, als Vincent sich längst verabschiedet hatte, hörte sich Ivana
Oldies but Goldies
im Radio an.
»Endlich sieht es mal wieder etwas besser aus«, sagte sie und wünschte sich, es wäre morgen Abend, wenn sie Vincent wiedersehen würde. »Vincent, Vincent, Vincent …«
Beim Gedanken an seinen jugendlichen Körper und daran, wie er auf ihr gekommen war, erschauerte Ivana wohlig. Sie verspürte Hitze und Feuchtigkeit zwischen den Beinen. Dachte an den großen, rosa Dildo in der Nachttischschublade und überlegte, ob sie ihn herausholen und sich selbst damit ficken sollte.
»Soll ich, oder soll ich nicht?«
Als sie blinzelte, fiel ihr etwas auf. Etwas auf dem Teppich, rund und glänzend.
Sie bückte sich, hob es auf und betrachtete es eingehend. Ihr Herz schlug plötzlich einen unguten Takt. Ein Ehering.
»Oh, Vincent … du dummer, dummer Junge.«
Ein Läuten an der Tür unterbrach sie in ihrem Monolog.
Sie schloss die Faust um den Ehering, ließ ihn in der Tasche verschwinden, richtete sich auf und warf rasch einen Blick in den Spiegel. Lippenstift. Haare. Zähne. Alles sah blendend aus. Sie fächelte sich hastig Luft ins Gesicht, um sich ein wenig abzukühlen.
Es läutete erneut.
Alter schützt vor Torheit nicht
, dachte sie und öffnete die Tür. Ihr graute vor den Lügen, die sie aufgetischt bekommen würde; dennoch war sie bereit zu vergeben.
»Hallo, Francis.«
Kapitel Vierzehn
»Die Welt ist verrückter, als wir glauben …«
Louis MacNeice, Snow
Als Karl am Freitagmorgen sein Büro betrat, war die Sonne gerade dabei, sich über der zerklüfteten Silhouette von Belfast zu erheben. Naomi schlief sicher noch tief und fest – Gott sei Dank –, obwohl er diesmal keinen Streit befürchtete.
Der Gestank von Zigarettenrauch und Alkohol hing ihm in den Kleidern; er legte sie ab und ging unter die Dusche.
Während das Wasser die üblen Gerüche fortspülte, dachte Karl an seine sechsstündige Glückssträhne beim Kartenspiel. Drei Asse. Drei Könige. Zahllose
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