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Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Titel: Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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Schmerzen.«
    Naomi nahm das Glas und stand auf. »Bist du sicher, dass du wirklich noch einen …«
    »Herrgott noch mal, hör auf, so rumzuzicken, Naomi! Wenn ich angeschrien werden wollte, würde ich mir einen Brüllaffen halten!«
    »Schrei du
mich
nicht an, Karl Kane!«
    »Gib mir einfach das Glas, dann mach ich das verdammte Ding selbst voll!«, sagte Karl, riss Naomi das Glas aus der Hand und stieg aus der Badewanne. Zwei Sekunden später rutschte er auf dem nassen Boden aus, landete klatschend auf dem Rücken und knallte mit dem ohnehin ramponierten Kopf auf den Boden.
    »Scheiße! Aaah
 …
«
    »Karl!«, schrie Naomi und ließ sich mit erschrockener Miene neben ihm nieder. »Alles okay? Karl, antworte mir.«
    »Bring mir einfach was zu trinken, verdammt! Ich brauch was zu trinken. Ohne was zu trinken bin ich völlig unbrauchbar, nutzloses Weib!«
    Sie zog ihn fest an sich und drückte ihn. Er zitterte. Sie hielt ihn noch fester, und plötzlich waren nur noch sein keuchender Atmen und ihr leiser Herzschlag zu hören.
    »Schon gut. Schon gut«, tröstete sie ihn, strich ihm das Haar mit den Fingern zurück und küsste sanft sein geschwollenes Gesicht. »Alles wird gut.«
    »Ich habe sie im Stich gelassen, Naomi. Ich habe meine wunderschöne Katie im Stich gelassen. Begreifst du nicht? Die Bullen haben recht. Sie ist tot.«

Kapitel Vierzig
    »Wie trefflich kommt dein Besuch zupass,
    An einem Tag, regnerisch, nass.«
    Christopher Smart, On a Bed of Guernsey Lilies
    Spätnachmittag, und alles im Schlafzimmer um Karl herum sah düster aus; düster und nicht allzu scharf umrissen. Nicht genügend Kontrast. Das trübe Licht vom Fenster reichte jedoch aus, dass er die Ruine seines Gesichts im Spiegel über der Kommode erkennen konnte. Einen Moment lang tröstete ihn der Anblick eines weiteren Menschen, auch wenn es sich nur um sein zerschlagenes Ebenbild handelte. Er versuchte, die schrecklichen Schmerzen von der Realität abzukoppeln, indem er sich sagte, dass Schmerzen nur im Geist existierten, nicht im Körper.
    Als er abermals mit zusammengebissenen Zähnen das Gesicht verzog, musste er sich seine Niederlage eingestehen: Er litt Höllenqualen und konnte nichts dagegen tun.
    Gestern Nacht hatten ihn immer wieder Träume von Katie heimgesucht; Träume von einem halben Dutzend Begegnungen zwischen Vater und Tochter in einem weit entfernten Zimmer. Jedes Mal, wenn er die Augen zumachte, sah er ihr Bild vor sich. Sie hatte das Gesicht eines Engels, ohne Schminke und ohne die Zornesfalten oder Linien vom Stirnrunzeln, die junge Leute heutzutage so oft besaßen. Alles an ihr war glatt und weich. Sie lächelte ihm zu und sagte etwas zu ihm, als er gerade gehen wollte. Aber er bekam es nie mit, wie eine Vision, die sich verflüchtigt, sobald man erwacht. Was hatte sie gesagt?
Mir geht es gut, Dad.
War es das?
Ruh dich aus. Du findest mich.
    Stunden später sah er immer noch nichts anderes als ihr Gesicht. Dann verschwand es; zurück blieben die Gesichter von anderen vermissten Mädchen mit Dunkelheit und Leid in den Augen.
    »Karl? Schläfst du?«, fragte Naomi leise.
    »Hm?«
    »Unten im Büro wartet ein sehr großer, außerordentlich gut gekleideter Mann auf dich. Er hat seinen Namen nicht gesagt, nur, dass es sehr wichtig ist. Er sagt, er ist vom FBI . Offenbar nur ein superwitziger Zivilbulle, der wegen des Überfalls auf dich gekommen ist. Ich habe ihm gesagt, ich wüsste nicht, ob du ihn heute empfangen kannst. Vielleicht morgen. Aber er ist ziemlich hartnäckig. Er behauptet, es sei extrem wichtig. Soll ich ihm sagen, dass er ein andermal wiederkommen soll?«
    »Wie lange habe ich geschlafen?«
    »Ungefähr zehn Stunden.«
    »Zehn verdammte Stunden! Warum hast du mich nicht geweckt?«, stöhnte er und richtete sich mühsam im Bett auf. »Ich müsste da draußen sein und nach Katie suchen. Sag dem Mann, dass ich gleich runterkomme. Vielleicht hat er ja was für mich.«
    Naomi wandte sich ab.
    »Naomi?«
    »Ja?«
    »Tut mir leid … der ganze Mist …«
    »Anders würde es mir gar nicht gefallen.«
    »Was würde ich nur ohne dich machen?«
    »Ich bin sicher, irgendwann würde dir was einfallen. Wie immer.«
    Keine Minute später stand Karl unter der Dusche, wo die ersten heißen Tropfen sich wie Nadeln anfühlten. Doch es tat gut. Er fühlte sich lebendig. Was hätte er nicht für eine Rasur gegeben, doch die Vorstellung, durch das Labyrinth der Schnitte und Blutergüsse in seinem Gesicht zu manövrieren,

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