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Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Titel: Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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Stille. Eine sonderbare, fast beängstigende Stille. Die alte Notbeleuchtung war fast völlig ausgefallen, sodass die Straßenlampen hinter dem Gefängnis die einzigen Lichtquellen darstellten, die den schmalen Weg zwischen dem Hof und den Flügeln des Gebäudes spärlich erhellten und die Silhouetten des Trios wie graue Gespenster vor den Gitterstäben hervorhoben. Stacheldrahtrollen krönten die Mauern.
    Karl hörte sein Herz in den Ohren pochen, pochen, pochen, als befände er sich unter Wasser.
Jetzt reiß dich zusammen
, dachte Karl, dem plötzlich mulmig zumute wurde.
    »Keine Menschenseele«, sagte Willie.
    »Die Anlage wird nicht mehr bewacht, weil es hier nichts mehr zu holen gibt. Die Flügel wurden entkernt, weil wohl mal ein Fünf-Sterne-Hotel daraus werden soll. Nur ein Flügel ist noch unversehrt«, antwortete Brendan.
    »Und welcher wäre das?«, fragte Willie.
    »Der A-Flügel. Dort haben die Bullen ihre dreitägige Suche durchgeführt. Im A-Flügel haben sie, soweit ich weiß, republikanische Häftlinge eingesperrt«, erklärte Brendan. »Die loyalistischen Häftlinge waren im C-Flügel untergebracht. Und in dem berüchtigten Keller saßen die Ratten ein.«
    »Ratten?«, fragte Karl.
    »Die Schlimmsten. Die Verräterischsten. Die zweibeinige Variante.«
    »Das stimmt«, bekräftigte Willie. »Zwei gute Freunde von mir landeten wegen der Ratten im Keller im C-Flügel. Du hast mir immer noch nicht verraten, woher du das alles weißt.«
    »Los, weiter«, sagte Karl, der verhindern wollte, dass Willie weitere Fragen stellte. »Wir vergeuden hier kostbare Zeit.«
    »Okay. Hier lang«, forderte Willie und ging über den Hof, dicht gefolgt von Karl und Brendan. »Das große Tor da vorn müsste zum Zirkel führen. Da haben alle Flügel ihren Anfang. Wenn wir drinnen sind, müsste direkt vor uns schon einer liegen, wenn mich die Erinnerung nicht trügt.«
    Die moderne Tür, die zum Zirkel führte, war ein Kinderspiel für Willie. Drei Minuten später sprang sie auf. »Wir nehmen die Treppe neben dem …«
    »Moment mal, Willie«, sagte Karl. »Du bleibst hier.«
    »Was?« Willie sah ihn verblüfft an. »Was zum Teufel redest du da?«
    »Von hier an dürfte es ausgesprochen kitzelig werden. Du hast schon genug für mich riskiert. Außerdem musst du mit diesem Walkie-Talkie draußen bleiben«, sagte Karl und drückte Willie das Gerät in die Hand. »Wir müssen wissen, ob jemand kommt. Es ist sehr wichtig, dass du uns warnst.«
    »Das ist nicht dein Ernst. Wie zum Teufel wollt ihr zwei euch ohne mich da drin orientieren? Hm? Sag mir das mal, Bamber Gascoigne.«
    »Das kann
ich
dir sagen«, meldete sich Brendan.
    »
Wie?
Wie zum Teufel willst
du
dich hier zurechtfinden?«
    »Ich war fast zwölf Jahre … hier zu Gast.«
    Willies Augenbrauen krümmten sich zu haarigen Fragezeichen. »Du? Zwölf Jahre? Du nimmst mich auf den Arm. Er
nimmt
mich doch auf den Arm, Karl. Richtig?«
    »Nein … nein, Willie. Brendan sagt die Wahrheit.«
    Willie schüttelte fassungslos den Kopf. »Und da prahle ich mit meinen neun Monaten«, murmelte er. »Ich komme mir wie ein alter Trottel vor.«
    »Musst du nicht«, sagte Brendan. »Neun Wochen, neun Monate, neun Jahre – das ist alles eins, wenn einem Zeit gestohlen wurde.«
    »Du willst mir vermutlich nicht sagen, weshalb du gesessen hast?«
    »Willie, ich sagte doch, keine Fragen«, sagte Karl hastig, als er Brendans verkniffene Miene sah. »Tu einfach, worum ich dich gebeten habe. Nimm das Walkie-Talkie und …«
    »Ich habe beim Glücksspiel gemogelt«, sagte Brendan.
    »Gemogelt … und dafür haben die dir zwölf Jahre gegeben?«, fragte Willie misstrauisch. »Da musst du ja im verdammt großen Stil gemogelt haben.«
    »Ich habe die Bank gesprengt.«
    »Was?«
    »Buchstäblich. Sprengstoff.«
    »Oh.«
    »Oh, richtig«, ging Karl dazwischen. »Also, stehst du jetzt für uns Schmiere, oder nicht?«
    Willie nickte, nahm das Walkie-Talkie, ging zum Eingang und flüsterte dabei: »Zwölf Jahre …«
    Im Inneren wartete eine nahezu pechschwarze, undurchdringliche Finsternis auf Karl. Trübe Lichter, kaum größer als ein Babyzeh, säumten die Wände und verliehen der Schwärze einen unheimlichen Blauton.
    »Trostlos«, sagte Karl, der spürte, wie sein Magen die altbekannten Purzelbäume schlug.
    »Was hatten Sie erwartet?«
    »Ich weiß nicht, was ich erwartet habe.«
    »Erwarten Sie stets das Unerwartete. Das ist der Gesundheit zuträglich«, sagte Brendan, nahm eine

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