Die Sau und der Mörder
schlucken können.
»Mache mir im
Badezimmer die Haare«, kam es zurück. Da hatte ich ja reichlich Zeit;
mindestens eine halbe Stunde bei der Zottelmähne. Erst mal geschmeidig einen
Kaffee aufgesetzt und dann mit gefüllter Tasse auf die Couch verkrochen.
Natürlich war ich nach wenigen Sekunden wieder in den Fall versunken.
Am Anfang der
Ermittlungen hatte es einen Toten gegeben, Hermann Grutz. Seitdem ich
mitmischte, hatte sich die Anzahl der Leichen verfünffacht: Grutz, Egon,
Claude, Kinker und Connie.
Am meisten zu
schaffen machte mir meine Unfähigkeit, die Morde zueinander in Beziehung zu
setzen. Am einfachsten wäre es gewesen, alle Todesfälle der Organmafia
zuzuschreiben. Doch Kinker wurde erst nach Claudes und Egons Tod umgelegt, und
diesen beiden hätte ich die Morde am ehesten zugetraut. Es lag natürlich auf
der Hand, dass die Organisation wesentlich größer war, als ich ermessen konnte.
Wenn ich mich recht erinnerte, hatte Egon auf dem Nottulner Gehöft von Ware aus
Münster gesprochen. Ziemlich komplexe Aufgabe für einen einsamen
Privatdetektiv.
Die Lösung
lag auf der Hand: Ich würde Balthasar Kinker als Hermanns Mörder präsentieren.
Die Serapionsbrüder wären zufrieden, weil ihr Idol durch den Tod des Mörders
gerächt war. Die Polizei wäre zufrieden, weil ich nicht mehr in deren Arbeit
pfuschen würde. Ich wäre zufrieden, weil ich mir vom Honorar einen neuen Wagen
leisten konnte.
Es klingelte.
Mühsam aus dem Sofa befreit und die Tür geöffnet. Sofort stürmte Vaganz an mir
vorbei, drapierte seinen Mantel über die Sessellehne und ließ sich ungefragt
auf der Couch nieder.
Er war jedoch
nicht der einzige Gast, denn Sarah Müller lehnte im Türrahmen: »Darf man
eintreten ?«
»Nur zu.«
Sie setzte
sich neben Xtra, der eine Zeitung auf den Tisch warf.
»Herr Nannen,
eher ami, in was sind Sie nur hineingeraten? Das Schicksal lässt auch nichts
unversucht, Ihnen Knüppel zwischen die Gliedmaßen zu werfen. Gestern noch der
Maestro, das Genie, der Gott der lokalen Detektivprofession, heute ein
Strauchdieb, ein Mörder, ein Gesetzloser. Ich verstehe nicht...«
»Was brabbeln
Sie da vor sich hin ?« , unterbrach ich ihn.
»Soll ich nun
schweigen oder meinen Worten freien Lauf lassen ?« ,
verzog er beleidigt den Mund. »Ich lasse mich nicht herumschubsen wie ein
unmündiges enfant. Sie sollten sich freuen, dass ich Ihre Gesellschaft
nicht meide. Schließlich bin ich als Poet dem Guten, Schönen, Wahren
verpflichtet. Lauter Werte, die in Ihrem begrenzten Wortschatz fehlen dürften.«
Meine Faust
verirrte sich in Xtras Gesicht, genug war genug.
»Ich verklage
Sie, Sie Mörder. Das war ein Attentat auf die Poesie. Ich werde in den nächsten
Wochen, ach, was sage ich, Monaten keine Zeile mehr zu Papier bringen können .«
»Entschuldigen
Sie bitte, Fräulein Müller, normalerweise ist es nicht meine Art, Gäste
zusammenzuschlagen«, achtete ich nicht auf Vaginowskis Gewimmere.
»Haben Sie
etwa noch keine Zeitung gelesen ?« , schenkte sie mir
ein bezauberndes Lächeln.
Auf mein
horizontales Nicken reichte sie mir den Dülmener Kurier, den Xtra auf den Tisch
gelegt hatte. Mein Konterfei zierte die Titelseite. Ich lag mit der Waffe in
der Hand neben dem toten Kinker.
Bekannter
Privatdetektiv mordet im Rausch — Der tiefe Fall des Dieter N.
Der in Buldern ansässige
Privatdetektiv Dieter N. wechselte gestern Nacht die Seiten des Gesetzes. Schon
seit längerer Zeit ist bekannt, dass N. mit dem Erfolgsdruck nicht fertig
wurde. Im Herbst diesen Jahres war er zum ersten Mal
straffällig geworden. Das Opfer: ein Pudel, der arglos seinen Weg kreuzte. N.
sah rot und trat das Gaspedal seines amerikanischen Sportwagens durch. Strafe:
vierzig läppische Sozialstunden. Abschreckende Wirkung: null. In der letzten
Woche wurde Ns Geliebte Cornelia L. in seiner Wohnung erstochen aufgefunden,
doch N. konnte nichts nachgewiesen werden. Gestern Nacht pflasterte eine
weitere Leiche N.s Weg. Balthasar Kinker, ein unbescholtener Bürger unserer
Stadt, beging den Fehler, N. in seine Wohnung zu lassen. N., mit Drogen bis zur Halskrause vollgepumpt, ermordete ihn auf bestialische
Weise. Das Motiv bleibt unklar, da der Dülmener Polizeichef Theo Hartmann zu
keinem Kommentar bereit war. Hoffen wir, dass er für immer weggesperrt wird,
ansonsten drohen Dülmen weitere Morde durch N.
Unterzeichnet war der Sermon mit
Gerhard Tilke, pikanterweise Karin Schumanns Bruder. Ich hatte ihm
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