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Die Scanner

Die Scanner

Titel: Die Scanner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sonntag
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(Fischsuppe ohne Fisch vom Vortag), weil es mir zu Hause nicht aufgefallen war. Und weil die Spiegelfläche in meinem Badezimmer einen Defekt hatte. Bitte Techmix kontaktierten blinkte immer auf. Mein Spiegelbild war deswegen verzerrt, und ich sah aus wie der fette Endgegner bei Water Man 17.
    Noch zwei Stationen bis zu Nomos’ Büro. Ich hatte keinen wichtigen Termin in meiner Mobril gefunden. Woher auch? Ich wollte mich krankmelden. Irgendein Virus war immer im Umlauf. Gefährlich und ansteckend. Ich hätte nur auf Ultranetz recherchieren müssen.
    Aber Nomos hätte sicher Verdacht geschöpft. Keine Chance also. Ich musste zum Monatstreffen. Zu den anderen 20 Buchagenten unserer Gruppe. Zum schrecklich verknallten Jojo. Und – was das Schlimmste war – zu Nomos. Ich lenkte mich mit Häuserzählen ab. Sie schossen wie Raketen am Fenster des Metro-Gleiters vorbei.
    Wenn Arne Bergmann recht hatte, wusste Nomos ohnehin schon alles. Und ich war nicht mehr als ein kleiner Plastikwurm am Angelhaken. Arne sollte mit seiner Büchergilde anbeißen. Nomos würde uns alle aus dem Wasser ziehen und erledigen. Oder war Arne der Angler, und Nomos sollte aus dem See gefischt werden? Egal wie es war, für mich änderte sich nichts. Ich blieb der Wurm.
    Bei 432 hörte ich auf zu zählen.
    »Mobril. Kontakt. Jojo«, sagte ich.
    Jojo nahm den Kontakt nach zwei Sekunden entgegen. Ich sah den Vorraum zu Nomos’ Büro und ein Dutzend Buchagenten mit ihren Mobrils auf dem Kopf.
    »Hey, Rob! Nomos ist noch unterwegs. In 15 Minuten geht’s los.«
    »Du, hör mal. Ich finde, wir sollten die Sache mit Arne Bergmann nicht weiterverfolgen.«
    »Was meinst du?«, fragte Jojo.
    »Also nicht unbedingt … Also vielleicht …«
    »Sprich dich aus«, forderte mich Jojo auf.
    »Vielleicht müssen wir nicht unbedingt sagen, dass Bergmann nur mit mir gesprochen hat im Metro-Gleiter. Und dich ignoriert hat.«
    »Machst du dir immer noch in die Hosen? Ich sag dir …«
    Der Kontakt zu Jojo brach ab. Ton und Bild verschwanden. Alles war schwarz. Der Metro-Gleiter bremste ruckartig. Das war nichts Neues. Aber nun blieb er auf offener Strecke stehen. Ich sah nichts mehr. Wir mussten in einem Tunnel tief unter den Hochhäusern stecken. Im 5. Quartier. Ein paar hundert Meter vor der Station.
    Ich hörte aus den anderen Abteilen und dem Korridor Schreie. Jemand rannte den dunklen Gang entlang und flog dabei auf den Boden. Eine rote Lampe über dem Fensterrahmen leuchtete schwach auf. Ich entdeckte die Notbeleuchtung zum ersten Mal. Mzzzp.
    »Eine technische Störung liegt vor. Bitte bewahren Sie Ruhe«, erklärte eine Männerstimme sehr sanft.
    Der Blick durch die Mobril machte alles noch dunkler. Ich nahm sie ab und sah die Frau, die mir gegenübersaß. Sie war nicht älter als ich. Sie hatte ihre Mobril offenbar vor mir abgesetzt. Sie lächelte so, als ob sie derartige Katastrophen täglich erleben würde. Sie hatte die Augenbrauen zu zwei hauchdünnen Linien gelasert. So wie wir es alle machten. Das sah in Kombination mit der Glatze ziemlich gut aus. Wir waren zu zweit im Abteil.
    »Ähm, alles offline, glaube ich«, sagte ich und zeigte auf meine Mobril und auf die Notbeleuchtung.
    Mehr fiel mir auf Anhieb nicht ein. Wie immer versagte ich in solchen Momenten. Ich musste an die Kontaktanzeige vom vergangenen Abend mit Lucy und dem See bei Vollmond denken. Nur ein Werbetext. Aber er hatte doch etwas für sich. Es gab einen entscheidenden Vorteil. Ich konnte nein sagen, und die Anzeige verschonte mich einen weiteren Tag.
    Ich war viel zu schüchtern. Der Ausflug in die C-Zone zu Arne Bergmann und seiner Gilde war das Mutigste, was ich je getan hatte. Doch das nutzte mir jetzt auch nichts. Dort ging es um 500000, hier ging es um Gefühle. Und davon hatte ich nun wirklich keine Ahnung.
    Ich konnte mich nicht mal hinter meiner Mobril verstecken. Das hätte bei dem Energieausfall zu lächerlich ausgesehen. Keine Jojo-Gespräche. Keine Filmchen. Keine Mobril-Spiele. Kein Ultranetz. Nichts.
    »Ist komisch, so ohne Mobril«, sagte sie.
    Ich konnte nicht mehr als freundlich schauen und dämlich nicken. Und ich erinnerte mich wie immer in solchen Situationen an meinen 16. Geburtstag.
    Mit Jojo hatte ich die Parkhalle (Themenbereich Schnee und Eis) besucht. Damals durfte man an seinem Geburtstag noch kostenlos mit fünf Real-Freunden die Halle besuchen. Ich hatte nur einen.
    Wir fuhren Schlittschuh und Ski. Ich heftete mich die ganze Zeit an ein Mädchen,

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