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Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

Titel: Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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stellte fest, dass Aminat bereits abgeholt worden war.
    Ich konnte mich gerade noch rechtzeitig bremsen, um die Erzieherin, die mir die Nachricht überbracht hatte, nicht an der Knopfleiste ihres weißen Kittels zu packen. Der Kittel war neu, und die Erzieherin war auch neu. Ich hatte ihr dummes Gesicht hier noch nicht gesehen. Sie war ganz jung und bestimmt gerade mit der Ausbildung fertig. Man sah ihr an, dass sie an der pädagogischen Berufsschule nicht viel mitbekommen hatte. Ich arbeitete ja selber an einer und wusste, wie es dort zuging. Ich kannte diese ganzen Mädchen, die an Schulen wie der unseren ausgebildet wurden. Sie hielten sich alle für kinderlieb, waren aber in Wahrheit faul, interessierten sich nur für Jungs und hatten schrecklich dumme Gesichter.
    »Die Mami war schon da«, lispelte die neue Kindergärtnerin freudestrahlend.
    Ich setzte mich auf die niedrige Bank, auf der die Kinderchen immer ihre Schuhe anzogen.
    »Was?« keuchte ich.
    »Die Mami hat Anja abgeholt. Anja hat sich so gefreut, dass sie heute mal nicht als Letzte abgeholt wurde.«
    Ich schloss die Augen, um mich zu sammeln.
    »Die Mami ist geistig behindert«, sagte ich betont ruhig. »Die Mami ist eine schlimme Psychopathin. Ja, wissen Sie denn nicht, dass Sie die Mutter hier nicht einmal reinlassen dürfen ?«
    Die dumme Nuss rückte eine Girlande zurecht, die den Türpfosten anlässlich des Feiertags der Sowjetischen Armee schmückte.
    »Nein, davon weiß ich nichts«, sagte sie seelenruhig. »Dazu hatte ich gar keine Anweisung.«
    Ich ging ohne ein weiteres Wort. Das Bittere war, sie hatte recht. Der Schutzwall, den ich um Aminat errichtet hatte, war nur aus Papier, es war nur eine Frage der Zeit, bis er auseinanderfiel. Ich musste mir eingestehen, zu naiv gewesen zu sein, zu gutherzig. Im Grunde war es eine gerechte Strafe.
    Aber Aminat, Aminat hatte es nicht verdient.
    Ich fuhr nach Hause. Kalganow war schon da. Er aß eine kalte Frikadelle, die ich am Vorabend gemacht und in einer Schüssel in den Kühlschrank gestellt hatte. Zum Aufwärmen reichte seine Kraft offenbar nicht mehr.
    »SULFIA!« schrie ich heiser und rannte zum Telefon.
    Ich wählte die Nummer ihres Wohnheims.
    »Sulfia Kalganowa!« rief ich ins Telefon. »Sie hat ein kleines Kind entführt!«
    Im Hintergrund rauschten fröhliche Stimmen. Dort wurde bestimmt schon wieder gefeiert.
    »Sulfia Kalganowa lebt hier längst nicht mehr, Frau«, sagte eine Stimme.
    Ich legte den Hörer auf die Gabel und wankte in die Küche. Mein Mann hatte die Hände über dem Bauch gefaltet und sah aus dem Fenster.
    »Wann hast du Sulfia das letzte Mal gesehen?« schrie ich ihn an. Er rülpste vor Überraschung.
    »Vor zwei Wochen, glaub ich«, nuschelte er. »Als sie doch, na, wie soll ich sagen, also, als sie geheiratet hat.«
    Ich fasste es nicht. Ich konnte mich auf niemanden verlassen: Aus jeder Ecke krochen Verräter hervor. Selbst Kalganow, diese Amöbe, dieses wirbellose Geschöpf, diese giftlose Qualle, hatte sich erdreistet, mich zu belügen. Und ich war schon wieder so arglos gewesen.
    Nun stellte sich heraus: Er hatte Geheimnisse vor mir gehabt. Er hatte sich mit unserer Tochter Sulfia getroffen und sagte mir erst Bescheid, als es nicht mehr anders ging. Man konnte sich einfach auf niemanden in dieser Welt verlassen.
    »Warum hast du mir nichts gesagt, du Tier?«
    »Weil sie mich doch darum gebeten hat«, nuschelte er. »Weil sie doch so Angst vor dir hat.«
    »Angst?? Vor mir?? Wer hat denn Angst vor mir? Vor mir muss niemand Angst haben. Ich will doch nur das Beste. Stell den Teller in die Spüle, du Tyrann!«
    Eine Stunde später verließen wir zusammen unsere Wohnung. Ich wollte alles wissen. Ich wollte alles sehen. Ich wollte Aminat zurückhaben. Ich wollte sicher sein, dass ihr nichts Schlimmes passiert war.
    Das verstand sogar mein Mann. Nachdem ich ihm alles erklärt hatte, hörte er wieder auf mich und zeigte mir das Restaurant, in dem Sulfia ihre Hochzeit gefeiert hatte. Es war, erstaunlicherweise, kein schlechtes Restaurant. Dann fuhren wir mit dem Bus elf weitere Haltestellen, und er zeigte mir die Straße, in der sie jetzt lebte.
    Er wusste das alles! Bloß die Telefonnummer hatte er nicht, er sagte, sie hatten noch keinTelefon, das Haus war ein Neubau.
    Sulfias Mann, sagte Kalganow, war ein ehemaliger Patient von ihr. Er war von einem Auto überfahren und auf Sulfias Station zusammengeflickt worden. Sie hatte ihn gesund gepflegt. Am Tag seiner Entlassung

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