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Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition)

Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition)

Titel: Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Seeberg
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Mit so Dinos hab ich mal im Sand eine ganze Dino-Stadt gebaut. Und die Dinos dann so reingestellt. Und die Mama hat ein Foto gemacht und das dann in Groß aufgehängt. Das sieht voll echt aus alles …«
    Und schon waren wir bei einem anderen Thema. Leonce und Lena erzählten von dem Garten bei ihrer Mutter, von gemeinsamen Unternehmungen, dem Kindergarten, ihren Freunden, dem anstehenden Sommerfest in ihrer Straße …
    Der Vater schien vergessen.
    Als ich sah, dass beide Kinder entspannt und guter Stimmung waren, lenkte ich das Thema wieder auf ihren Vater.
    »Wenn das jetzt gerade nicht so war wie sonst, wenn ihr den Papa besucht, wie ist es denn normalerweise?«
    Leonce schaut zu Boden und sagt leise: »Ich will ja immer nicht so gern hierher.«
    Lena ergänzt: »Ja, der Leonce will nie. Ich will manchmal und manchmal nicht. Aber die Mama sagt, wir sollen gehen. Ist ja auch nicht lange. Und ist ja auch nicht schlimm hier.«
    Ich schaute Leonce fragend an. Er nickte: »Schlimm ist es hier nicht. Wir können ja immer Filme schauen. Und zu McDonald’s oder auf den Spielplatz mit dem Trampolin. Und wir bekommen bei jedem Besuch ein Geschenk.«
    Ich wartete.
    Lena erklärte. »Aber wir sind eben lieber bei der Mama. Da ist es einfach schöner. Und der Papa ist auch oft so komisch. Der soll sich dann selber fühlen.« Jetzt sieht sie beinahe wütend aus. Offenbar hatte Herr Wischnewsky seine stereotype »Wie fühlst du dich«-Frage heute nicht zum ersten Mal gestellt.
    Aber schon lächelte Lena wieder und sagte: »Wenn du gleich weg bist, dann dürfen wir auch wieder einen Film schauen. Der Papa hat gesagt, dass wir das heute erst dürfen, wenn du nicht mehr da bist.«
    »Ja, und das fand ich doof! Auch dass der wieder die Batterien rausgemacht hat aus der Fernbedienung. Das find ich so gemein. Das macht der immer, wenn wir nicht fernsehen sollen, der Arschleuchter, der!«, schaltete sich Leonce wieder ein. »Ich mag hier eben lieber fernsehen und nicht mit dem Papa spielen. Da redet der dauernd.«
    »Leonce … Man schummelt nicht. Das darfst du nicht machen.« Lena machte ihren Vater frappierend echt nach. Und Leonce fiel in den Singsang mit ein. »Lena … Du sollst nicht so wild würfeln. Das macht man nicht.« Beide Kinder kicherten, und ich musste mich zusammenreißen, um nicht mitzulachen.
     
    Das Gespräch, das ich ein paar Tage später mit Herrn Wischnewsky führte, verlief zunächst sehr zäh. Es war deutlich zu spüren, dass Herrn Wischnewsky der Verlauf der Interaktionsbeobachtung äußerst unangenehm war. Er war im Gegensatz zu unserem ersten Gespräch sehr wortkarg und verzichtete auf ausführliche Beschreibungen seiner Erziehungskompetenzen und seines guten Verhältnisses zu Leonce und Lena. Stattdessen warf er der Mutter der Kinder vor, sie habe Leonce und Lena »irgendwie beeinflusst, dass die sich so benehmen«.
    Nach ein paar eingehenderen Fragen erwachte Herr Wischnewsky aus seiner Lethargie und erläuterte seinen Verdacht wortreich: »Ich kann mir das nicht anders erklären. Sonst läuft immer alles ganz wunderbar und harmonisch ab und jetzt … Sie wusste wahrscheinlich, dass wir diesen Termin haben. Bestimmt hat sie die beiden am Tag vorher extra spät ins Bett gebracht, damit sie schon gestresst zu mir kommen. Und dann hat sie ihnen sicher auch noch gesagt, sie würden einen Film anschauen dürfen. Dabei weiß sie ganz genau, dass ich Leonce und Lena nie fernsehen lasse. Nie! Das ist ja auch nicht gut für Kinder. Aber das sieht die Mutter ja anders. Sie hat sich überhaupt sehr verändert seit der Trennung. Früher war sie einfühlsam und auch eine gute Mutter. Aber jetzt … Also, nein. Sie hat nur noch ihre eigenen Bedürfnisse im Kopf und schaut gar nicht mehr nach den Kindern. Auch dass sie nicht will, dass ich sie am Wochenende haben kann …«
    »Herr Wischnewsky, bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie hier unterbreche. Ich möchte Ihnen gern meinen Eindruck schildern und dann gemeinsam mit Ihnen überlegen, ob wir eine Lösung finden können. Machen wir es so?«
    Herr Wischnewsky war zunächst irritiert, dann aber einverstanden.
     
    Das, was ich ihm sagen wollte, war nicht leicht, und ich gab mir große Mühe, trotz aller Klarheit vorsichtig und feinfühlig zu formulieren. Schließlich wollte ich Herrn Wischnewsky nicht verletzen, sondern die Gesamtsituation verbessern. Und das möglichst mit seiner Unterstützung.
    Es fiel dem Vater schwer, mir zuzuhören, aber er tat es. Ich

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