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Die Schanz

Die Schanz

Titel: Die Schanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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plauderte munter auf Holländisch. Aufgewachsen mit einer deutschen Mutter und einem niederländischen Vater, konnte er mühelos und völlig akzentfrei zwischen beiden Sprachen hin- und herspringen.
    «Wacht even!» Und dann zu Toppe: «Mieke macht sich Sorgen um ihren Vater. Sie sehen sich zwar nicht häufig, aber sie telefonieren seit dem Tod der Mutter regelmäßig miteinander, und sie kann ihn auch nicht erreichen. Warte mal!»
    Er sprach wieder ins Telefon: «Waneer heb je met hem gesproken, waneer heb je hem opgebeld?» – Sie hat ihn am Samstag, dem 19. Oktober, angerufen, morgens gegen zehn. Er wollte zum Einkaufen nach Kleve fahren. Danach hat er sich nicht wieder gemeldet. – «Wat zeg je, mijn liefde? Ja … jaa, ik vraag hem. – Mieke hat einen Hausschlüssel. Sie will kommen und im Haus nachsehen. Sie möchte, dass wir beide dabei sind. Gegen fünf könnte sie in Schenkenschanz sein.»
    Toppe nickte eindringlich.
    «Dat past. Tot ziens! Ja, ik ben er ook blij over.»
    «Lass mich raten: Sie freut sich, dich wiederzusehen.»
    «Selbstverständlich!»

Acht
    Mieke Bouma war eine große, schmale Frau Anfang dreißig mit weißblond gefärbtem Haar und hellen Augen. Sie hatte einen Kunstpelzmantel locker über die Schultern gelegt, und unter dem schwarzen Wollkleid zeichnete sich ein kugeliger Babybauch ab.
    Lowenstijn begrüßte sie mit einem Kuss auf die Wange. Er sprach jetzt Deutsch mit ihr. «Wartest du schon lange?»
    «Nein, nur eine Minute oder so.» Sie gab Toppe die Hand, in ihren Augen flackerte Angst. «Ich habe schon geklingelt, aber er macht nicht auf.»
    Beschwichtigend umfasste er ihren Ellbogen und führte sie zur Haustür. Sie schloss auf.
    Muffige, bitterkalte Luft schlug ihnen entgegen. Toppe warf einen Blick auf den Thermostat der Flurheizung. Er stand auf zweieinhalb, vor drei Wochen ausreichend, da war es vierzehn, fünfzehn Grad warm gewesen.
    Lowenstijn machte eine fragende Kopfbewegung zur Treppe hin, Toppe nickte. «Warten Sie bitte einen Moment hier, Frau Bouma, ja?» Sie biss sich auf die blassen Lippen.
    In weniger als zwei Minuten hatten die Männer einen Blick in alle Räume geworfen und kamen in den Flur zurück. «Er ist nicht hier.»
    Mieke Bouma atmete zitternd aus.
    Toppe holte Latexhandschuhe aus der Manteltasche und streckte der Frau und Lowenstijn je ein Paar hin, bevor er selbst welche anzog. «Wir sollten möglichst nichts verändern.»
    Er war überrascht. Von außen wirkte das Haus protzig, ein gleißender Fremdkörper in einer Landschaft, in der es nach Gülle, Kartoffelkraut und Feldarbeit roch. Hier drinnen war es bescheiden, die Möbel verwohnt, ein bisschen schmuddelig. Toppe hatte mit pedantischer Ordnung gerechnet – schließlich war Bouma Soldat – oder mit einer besonders spartanischen Einrichtung, aber sicher nicht mit diesem nachlässigen Durcheinander.
    Die Pflanzen im Wintergarten schrien nach Wasser. Durch das Panoramafenster blickte man in einen von einer alten Buchenhecke eingerahmten Obstgarten. Das Gras zwischen den Apfel- und Birnbäumen, die ihre fruchtbaren Tage längst hinter sich hatten, war lange nicht gemäht worden und bräunlich verfault.
    An der linken Grundstücksgrenze stand ein Wohnwagen, aufgebockt auf Kalksandsteinen.
    «Er wollte immer einmal Campingurlaub mit uns machen», Mieke Bouma war Toppe gefolgt, «aber dann hatte er doch nie Zeit.»
    Er drehte sich zu ihr. «Würden Sie nachschauen, ob irgendetwas fehlt, Koffer, Kleidung?»
    Die Angst in ihren Augen hatte etwas Matterem Platz gemacht. «Er hat ein Häuschen an der See, oben bei Den Helder, und ein Boot. Manchmal fährt er einfach hin für ein paar Tage, eine Woche – aber niemals im November. Ich habe die Nachbarn dort angerufen. Sie haben ihn nicht gesehen.»
    Auf dem Küchenschrank stand ein Becher mit einem eingetrockneten Milchkaffeerest, daneben lagen ein benutztes Frühstücksbrettchen und ein verschmiertes Messer. Im Brotkasten ein halber verschimmelter Laib und ein paar zu Stein vertrocknete Schwarzbrotscheiben, im Kühlschrank eine fast noch volle Literpackung fettarme Milch, weit über dem Verfallsdatum.
    Toppe nahm sich das Badezimmer im Obergeschoss vor. Klodeckel und Brille waren nicht heruntergeklappt, jemand hatte WC-Reiniger ins Becken geschüttet, der in blauen Schlieren angetrocknet war. Das Waschbecken war sauber ausgewischt. Auf der Ablage darüber ein Nassrasierer, Ersatzklingen, eine Dose Rasierschaum, in einem Glas Zahnpasta und eine trockene

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