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Die Schanz

Die Schanz

Titel: Die Schanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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sie sorgsam alle Fenster und Türen geschlossen hielten, wurde es in den Büros nicht wärmer als achtzehn, neunzehn Grad.
    «Kein Wunder», antwortete Cox. «Für diese arktischen Temperaturen sind die Häuser hier einfach nicht gebaut. Wir haben minus vierzehn Grad, und es soll noch kälter werden. Aber ich hab noch einen alten Ölradiator aus Studententagen im Keller. Den bring ich morgen mit. Ansonsten empfehle ich Thermounterwäsche, da ist einem ganz mollig.»
    Toppe dachte an seine lange Unterhose, die einzige, die er in seinen Kleiderkisten gefunden hatte, grau gewaschen, aus kratzigem Feinripp mit Eingriff. Er hatte keine Ahnung, wann und wie dieses Ungetüm in seinen Besitz gelangt war, aber das interessierte ihn im Moment wenig, es tat seine Dienste.
    «Wenn nichts anderes anliegt», fuhr Cox fort, «würde ich gern zu den beiden Sportschützenclubs fahren, die eine Colt Python im Vereinsbestand haben. Die Waffen waren noch nicht beim Beschuss, und es könnte doch sein, dass die es mit der Waffenausgabe nicht immer so genau nehmen.» Er suchte Toppes Blick. «Das Projektil ist unsere einzige echte Spur, Helmut.»
    «Wenn es denn aus einer registrierten Waffe abgefeuert wurde …»
    «Ach komm, wenn du dir auf dem Schwarzmarkt eine Kanone besorgst, weil du einen damit umlegen willst, dann doch bestimmt nicht so eine schlappe Sportwaffe!»
    «Hm, vielleicht kennt der Täter sich mit Waffen nicht aus.» Toppe stand auf. «Ich fahre nach Schenkenschanz. Mir will einfach nicht in den Kopf, dass in einem so kleinen Dorf niemand in den letzten drei Wochen Bouma vermisst haben soll.»
    Cox unterdrückte ein Seufzen.
    «Und mit Dellmann möchte ich auch nochmal sprechen. Der ist Boumas nächster Nachbar.»
    «Okay.» Cox gab sich einen Ruck. «Diese Anschläge, von denen du gesprochen hast, sind natürlich schon interessant. Du sagst, sie sind immer dann passiert, wenn Bouma nicht zu Hause war. Dann können das doch nur welche aus dem Dorf gewesen sein.»
    Toppe wickelte sich den Schal um den Hals. «Nicht unbedingt. Auch von den Booten auf dem Altrhein hat man freie Sicht auf Boumas Einfahrt.»

Neun
    Das Wartehäuschen vor den Toren der Schanz wirkte verwahrlost, hier hatte lange kein Bus mehr gehalten. Im Dorf gab es keinen Laden, keine Post, nicht einmal eine Telefonzelle.
    Toppe nahm seine Mütze ab. Die dicken Festungsmauern schützten vor dem Eiswind, aber es war doch so kalt, dass sich keine Menschenseele auf der Straße blicken ließ. Vor dem alten Pfarrhaus stand ein Briefkasten – Leerung: Montag, 10 Uhr –, daneben ein grün-weiß-rot geringelter Ständebaum mit den Schildern der Schanzer Vereine: Marine Spielmannszug Schenkenschanz, FF Schenkenschanz, Schützenverein von Schenk, Heimatverein Schenkenschanz und FC Vorwärts Schenkenschanz e.   V. 09 – Düffelward.
    Toppe schüttelte den Kopf. Wo nahmen die ihre Vereinsmitglieder her? Wenn man die Dorfkinder ausnahm, blieben gerade noch genug Schänzer übrig, die Vorstandsposten zu besetzen. Er wollte zuerst mit der Wirtin sprechen, aber die «Inselruh» würde erst in zwanzig Minuten öffnen. Also machte er kehrt und bog in die Gasse ein, die zur Mauer hin anstieg. Das Eckhaus war heruntergekommen, es roch nach feuchtem Mauerwerk. Die untere Etage schien unbewohnt, «Ferienappartement» las er auf dem Klingelschild. An den oberen Fenstern hingen vergilbte Spitzengardinen, ein Fernseher plärrte. Vor dem nächsten Haus blieb Toppe verdutzt stehen. In einer Nische über der Eingangstür war ein Stall eingebaut, drei weiße Kaninchen mümmelten vor sich hin. Vermutlich ein sicherer Platz bei Hochwasser.
    An der Mauerkrone führte ein Spazierweg entlang. Hier oben pfiff ihm der Wind um die Ohren. Er warf nur einen kurzen Blick auf die vereisten Fluten und ging dann wieder zur Hauptgasse hinunter.
    Am Haus gegenüber war ein Schild angebracht: «Rote Ecke» Nr.   8.   10.   12. 14. 16. Er folgte dem Pfeil und kam zu einer Art Hinterhof, um den sich fünf kleine Häuser gruppierten, etwas Rotes konnte er nicht entdecken. Das Haus gleich links von ihm wurde anscheinend gerade renoviert, der zitronengelbe Putz war neu, und drinnen wurde eifrig gehämmert. An seine Seite duckte sich ein grau verwitterter Holzschuppen.
    Er hörte jemanden rufen und schaute um die Ecke. Vor der Ferienwohnung stand ein Mann in einem blauen Trainingsanzug und brüllte aus voller Kehle: «Klaus! Klaaus!»
    Hier brauchte man kein Telefon, hier konnte man nicht einmal

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