Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die scharlachrote Spionin

Die scharlachrote Spionin

Titel: Die scharlachrote Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
Vom Netzwerk:
sich von dem Fest im Ballsaal eine Pause zu gönnen. Osborne lehnte sich an das Geländer, zündete die Zigarre an einer Fackel an und war froh, vor den Blicken verborgen zu sein. Er sog die stechende Süße in den Mund ... und hustete beinahe, als er aufschaute.
    Das Versteck gewährte ihm freie Sicht über die Buchsbaumpflanzungen bis hinüber zu der großen athenischen Vase auf der anderen Seite der Terrasse; der Winkel erlaubte nicht nur einen Blick auf die zauberhaften Details, sondern auch auf das Paar, das sich leidenschaftlich küsste.
    Verdammt!
    Was zum Teufel spukte der Contessa eigentlich im Kopf herum? Eine Witwe durfte durchaus in eine Affäre verstrickt sein, allerdings nur, wenn sie sich dabei äußerst diskret verhielt. Lady Sofia sollte es besser wissen, als ihre Vorlieben so schamlos zur Schau zu stellen. Beinahe könnte man auf den Gedanken kommen, dass sie sogar wünschte, man hielte sie für ein wenig abenteuerlustig.
    Der Rauch auf seiner Zunge schmeckte plötzlich bitter. Osborne verwarf den angebrochenen Stumpen, löschte die Glut unter seinem Stiefelabsatz. Lynsley hatte ihn gebeten, die Lady zu begleiten, nicht, ihr Kindermädchen zu spielen. Es gehörte nicht zu seinen Pflichten, die Lady über anständiges Benehmen zu belehren. Überdies hatte sie schon bewiesen, wie wenig Wert sie auf seinen Rat legte.
    Er schaute sich um, aber außer ihm schien niemand die Indiskretion bemerkt zu haben. Die Lady durfte sich glücklich schätzen, ohne ernsthafte Folgen die Flucht ergreifen zu können. Nun, das Glück musste ihr nicht immer hold bleiben. Das nächste Mal konnte es schon ganz anders ausgehen.
    Dieses E-Book wurde von der "Osiandersche Buchhandlung GmbH" generiert. ©2012

7. Kapitel
    O sborne goss sich noch einen Spritzer Brandy in das Glas. Aber weder die Wärme des Alkohols noch das gedämpfte Feuer im Kamin seines Schlafzimmers hatte seine Anspannung lindern können.
    »Absurd«, brummte er, glättete die Seide des Schlafrocks auf seiner nackten Haut. Vor über einer Stunde schon war er nach Hause gekommen; wie ein pubertierender Schuljunge hockte er immer noch in seinem Schlafzimmer und zerbrach sich den Kopf über eine Lady, die seine Anwesenheit offenbar nur schwer ertragen konnte. Lag es an dieser Herausforderung, dass er vor Unruhe kaum schlafen konnte? Schließlich war ihre Missbilligung nichts anderes als Hohn und Spott.
    Dabei war er eitel genug, sich einzubilden, mit seinem Charme jede Frau entwaffnen zu können.
    Und doch, bis jetzt hatte Sofia Constanza Bingham della Silveri seine Schmeicheleien mit rüden Abwehrstößen pariert.
    Verdammt! Bei der Erinnerung an ihren Kuss mit dem Italiener rann ihm ein heißer Schauder über den Rücken.
    Osborne streifte die Seide von seinem Körper, stakste zum Fenster und presste die Stirn und die Handflächen an die verbleite Rahmung. Draußen prasselte der Regen; ein paar Tröpfchen sickerten durch das Glas, kühlten seine nackte Haut und die angespannten Muskeln. Wenn das boshafte Teufelchen in seinem Kopf doch nur verstummen würde ...
    »Ich bin ein verdammter Idiot!«, fluchte er und hoffte inständig, das verführerisch dämonische Wispern in seine Schranken zu weisen ... dieses Wispern, das sich über ihren gebogenen Nacken und die Rundungen ihrer Brüste ausließ.
    Aber die Stimmen wurden nur noch lauter. Unheilvoll starrte er auf seine wachsende Erektion. Die sündigen Worte fühlten sich an, als ob ihm jemand mit einer Mistgabel in den Unterleib stäche.
    Wieder fluchte er, und sein Atem benetzte das Glas. Luft ... Plötzlich verspürte er das Bedürfnis, den engen Mauern des Schlafzimmers zu entfliehen, oder besser, seiner überhitzten Einbildungskraft. Rasch zog er sich an, schnappte sich die Stiefel und eilte zur Hintertreppe.
    Es herrschte nahezu vollkommene Dunkelheit, als er das Gatter zur Wiese öffnete und zum Cumberland Gate im Hyde Park ritt. Mit jedem Schritt blies der schnaubende Hengst Atemwölkchen in die Luft, die sich gespenstisch weiß von dem regenverhangenen Morgengrauen abhoben. Über dem Pflasterstein hing schwerer Nebel, der die Geräusche in der erwachenden Stadt verschluckte. Er passierte ein verschlafenes Waschmädchen, das sich mit der Kohlenschütte abmühte, und einen Straßenhändler, der seinen Karren durch die Pfützen zerrte.
    Zu dieser frühen Stunde sollten die Reitwege eigentlich leer sein, grübelte er. Die beste Zeit für einen höllischen Galopp. Aber als er sich im Sattel rührte, bemerkte

Weitere Kostenlose Bücher