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Die scharlachrote Spionin

Die scharlachrote Spionin

Titel: Die scharlachrote Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
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zu ihren Aufgaben gehörte, die Bekanntschaft zu diesem Mann zu suchen. Obwohl der Herzog über ihre wahre Identität und über ihre Absichten natürlich im Dunkeln bleiben musste. Sofia war sich allerdings nicht ganz sicher, warum der Marquis die Begegnung für wichtig hielt. Unwahrscheinlich, dass Sterling ihr noch mehr über den verdächtigen Tod seines Großsohnes berichten konnte; aber vielleicht spürte Lynsley, dass der Mann ihr unwissentlich mehr über Lord Roberts Freundeskreis und dessen bevorzugte Aufenthaltsorte erzählen würde.
    Nicht dass sie mit großartigen Enthüllungen rechnete. Andererseits musste sie jedem Hinweis nachgehen. Im Spiegel betrachtete sie ihren ironischen Blick. Selbst wenn es bedeutete, dass sie sich einige Lektionen über die bildhauerischen Techniken antiker Künstler ins Gedächtnis rufen musste. Sterling genoss einen ausgezeichneten Ruf als Kenner altertümlicher Münzen und Münzporträts. Wenn sie vorgab, seine Leidenschaft zu teilen, hätte sie die unumstößliche Begründung dafür, die Freundschaft zu pflegen.
    Lügen und Täuschungen.
    »Tragen Sie heute das waldgrüne Tageskleid, Mylady?« Rose betrat das Zimmer, in der Hand einen Stapel frisch gebügelter Taschentücher.
    Sofia schaute auf. »Ja.« Der altmodische Schnitt des Kleides - mit langen Ärmeln, hohem Kragen, üppigen Falten - würde den Eindruck erwecken, sie sei eine sittsame und anständige Witwe, die daran interessiert war, ihr Wissen über einen ernsten Gegenstand zu vertiefen. »Und einen schlichten wollenen Schal.«
    »Ausgezeichnet, Mylady! Wir sollten jetzt mit dem Ankleiden beginnen, wenn Sie nicht zu spät erscheinen wollen.«
    Höchste Zeit, sich um eine neue Verkleidung zu bemühen.
    Kaum hatte die Zofe sich abgewandt, tastete Sofia nach dem Medaillon unter dem seidenen Unterkleid. Es lag wie ein Fremdkörper auf ihrer Haut. Auch in dieser Hinsicht fühlte sie sich mit der geheimnisvollen Lady auf der Miniatur verwandt. Die verblassten Gesichtszüge spiegelten ihre eigene verwischte Herkunft. Beide besaßen keinen Namen, keine erkennbare Vergangenheit. Dieser Streifzug durch die Londoner Gesellschaft, in der jedes kleinste Detail der Familie, des Ranges und der Beziehungen eingehend geprüft wurde, führte ihr nur noch deutlicher vor Augen, wie einsam sie war. Und wie viele Fragen niemals beantwortet werden würden.
    Lady Nobody.
    »Eine schlichte Frisur würde am besten passen, nicht wahr?« Rose umfasste den rabenschwarzen Haarschopf mit einer Hand und drehte ihn zu einem strengen Dutt auf.
    Sofia konzentrierte sich wieder auf die Gegenwart. »Ja. Ja, das sieht genau richtig aus.«
    Trotzdem wirkte sie, als wäre sie während des Ankleidens nicht recht bei der Sache, schnappte sich ein Buch über römische Geschichte und überflog das Kapitel über das Pantheon, als ihre Zofe sich an die letzten Handgriffe machte.
    »Wäre schön, wenn der Duke sich für Florenz oder Siena interessieren würde«, murmelte sie. »Ich habe immerhin rudimentäre Kenntnisse über die Renaissance.«
    Die Zofe hantierte mit der Haarnadel herum, die jedoch zu Boden fiel.
    »Verzeihung!« Sofia lächelte entschuldigend. Gewöhnlich bewies Rose eine sichere Hand. »Ich fürchte, meine Zappelei macht es Ihnen noch schwerer.«
    »Keineswegs, Mylady.« Trotzdem lag ein merkwürdiger Ausdruck auf der Miene der Zofe, als sie zur nächsten Nadel griff.
    »Irgendwas nicht in Ordnung, Rose?«
    »Nein, Mylady.« Sie schwieg, während sie eine gelöste Strähne richtete. »Nur, dass Sie die Stadt erwähnt hatten. Siena. Das hat mich an etwas anderes erinnert.«
    Sofia drehte sich auf ihrem Stuhl herum, zerstörte beinahe das Werk der Zofe. »Sie kennen ... Siena?«
    Rose blickte noch aufgewühlter drein. »Ich habe bisher nicht die Gelegenheit gehabt, nach Italien zu reisen.«
    »Das habe ich nicht gemeint.« Sofia beschloss, auf den Punkt zu kommen. Die Welt der feinen Gesellschaft war so neu und sehr verwirrend. Wäre es nicht schön, jemanden zu haben, dem sie ein paar Geheimnisse anvertrauen konnte? Lynsley hatte ihr versichert, dass die Frau vollkommen vertrauenswürdig war. »Ich hatte von ...«, Sofia zögerte kurz, »... meiner Schwester gesprochen. Meiner Waffenschwester, um genau zu sein. Siena und ich haben jahrelang dieselbe Ausbildung genossen.«
    Es war, als würde das Geständnis zu einem Riss in dem versteinerten Gleichmut der Zofe führen. »Die Ähnlichkeit zwischen ihnen ist frappierend«, murmelte Rose und

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