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Die Schatten der Vergangenheit

Die Schatten der Vergangenheit

Titel: Die Schatten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corrine Jackson
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Schließlich hatte ich Tausende von Geheimnissen.
    Dennoch kam mir die Galle hoch. Mein Großvater musste wissen, dass die Möglichkeit bestand, dass ich an der Heilung dieser Frau zugrunde ging. Interessierte ihn das überhaupt?
    Ich schüttelte den Kopf. »Tut mir leid«, sagte ich zu Melinda. »Ich kann Ihnen nicht helfen. Ich wünschte, ich könnte es, aber …«
    Sie lächelte traurig. »Ich hab ihm ja gesagt, das sei zu viel verlangt. Das ist schon okay. Wirklich«, fügte sie hinzu, als ich nervös meine Finger knetete.
    Es wurde still im Raum. Sie teilten einen weiteren dieser wissenden Blicke, in die ich nicht eingeschlossen war.
    Franc drückte Melinda die Hand und sagte dann leise: »Wir müssen es ihr sagen.«
    Ich runzelte die Stirn. Mir sagen? Was?
    Melinda versuchte, ihm zum Zeichen ihres Protests die Hand zu entziehen.
    »Mel, jetzt hör mir mal zu. Ich kenne meine Enkelin. Sie würde es wissen wollen!«, meinte Franc.
    »Wovon redet ihr?«, fragte ich.
    Mein Großvater stand auf und zog Melinda mit sich hoch. Er legte ihr den Arm um die Schultern und schob sie sanft vorwärts. Angesichts seines feierlichen Blicks stellten sich mir die Nackenhaare auf. Das, was er zu sagen hatte, würde mir nicht gefallen.
    »Lass es!«, bat Melinda, aber er überhörte es, weil selbst ich heraushören konnte, dass sie nur scheinbar protestierte.
    »Remy, Melinda ist meine Nichte. Sie ist deine Cousine.«
    Ich kniff die Augen zusammen, als er mir erklärte, dass er in der Hoffnung bei den Heilern geblieben sei, ein Mittel gegen Melindas Krankheit zu finden. Aber da sie in Pacifica alle in ständiger Gefahr vor den Beschützern lebten, hätte er Melinda von der Heilergemeinde ferngehalten, damit siein Sicherheit wäre, doch sie sei der Grund, wieso er in San Francisco geblieben wäre.
    Sie ist deine Cousine.
    Eine Sekunde lang drohte der Ekel mich zu ersticken, und ich presste die Fingernägel in meine Handflächen, um mich wieder zu fangen. Ich hatte mit meinen Vermutungen ins Schwarze getroffen. In dem klaren Bewusstsein, dass ich mich nicht weigern würde, Familie zu heilen, hatte mich mein Großvater in die Enge getrieben. Selbst wenn es sich um ein Familienmitglied handelte, das ich gar nicht kannte. Nicht, nachdem ich mich so verantwortlich für den Tod meiner Mutter fühlte.
    Hatte alles, was in meiner Zeit hier geschehen war, nur auf diesen einen Augenblick hinführen sollen? Hatte er mich nur deshalb unter seine Fittiche genommen und nett behandelt, damit ich auf seine Bitte einginge?
    Eine tiefe Verzweiflung tötete alle anderen Gefühle ab. Diese Menschen liebten mich nicht. Sie wollten mich ausnutzen so wie Dean und die Beschützer und sogar Gabriel in seinem Wunsch nach Vergeltung. Ich hatte ein normales Leben gewollt, aber ich hatte mir selbst etwas vorgemacht. Asher war tot. Ich würde nie zu meiner Familie zurückkehren können. Was brachte es, sich mehr zu erhoffen, wenn ich doch immer das Pfand in irgendjemandes Spiel war? Wogegen kämpfte ich noch an?
    Am Ende verrät dich jeder.
    Ich schlug die Augen auf und entdeckte, dass mein Großvater und meine Cousine mich sehnsüchtig ansahen, und meine letzte Hoffnung auf ein besseres Leben als dieses zerstob.
    »Schön«, sagte ich tonlos. »Ich tu’s.«



Ich schwebte zwischen Leben und Tod. Wie ein Tier, das sich einen sicheren Platz für den Winter sucht, hatte sich das Gift von Melindas Blutkrankheit in mir eingenistet. Bei ihrer Heilung war es zu einem Kurzschluss meiner Energie gekommen, was mir die Kräfte für meinen eigenen Heilungsprozess entzog. Ein Zusammenstoß mit Mrs Rosenbaum hatte wochenlange Krankheit zur Folge gehabt. Wie lang würde dann das hier erst dauern oder besser gesagt, würde ich mich davon überhaupt je erholen können?
    »Sie Dreckskerl! Wie konnten Sie ihr das antun?!«, brüllte Gabriel meinen Großvater an. Das ging schon so, seitdem wir zu Hause angekommen waren und mein Großvater mich ins Haus getragen hatte. Ich hatte keine zwei Worte gesagt, und es war an Franc gewesen zu erklären, wieso ich kaum den Kopf heben konnte.
    Gabriel war außer sich, und ich fühlte mich wie taub. In einem seligen Nichts. Der Schüttelfrost, typisch für die Zeit nach der Heilung, war schweren Gliedern und einem verlangsamten Puls gewichen. Fühlte man sich so, kurz bevor man erfror? Ich hatte mal gelesen, dass es, wenn man die Schmerzen erst mal nicht mehr spürte, so wäre, als schliefe man ein.
    Ein Teil von mir wollte Francund

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