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Die Schatten des Mars

Die Schatten des Mars

Titel: Die Schatten des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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mals geahnt, daß es kein gemeinsames Leben für sie geben würde. Doch als er sich nach der Ticketkontrolle noch einmal umg e schaut hatte, hatte sie ihm zugewinkt und mit den Fi n gern das V-Zeichen geformt. »Du schaffst es!« Er sah sie noch immer am Geländer stehen und ihm nachwi n ken, in ihrem weißen Sommerkleid, in dem sie so schmal und ze r brechlich aussah.
    Der Gedanke, Anna vielleicht niemals wiederzusehen, schmerzte. »V« wie »Victory« – das war das Si e geszeichen, und Ma r tin hatte gewonnen. Er war der Beste seines Kurses gewesen und der jün g ste Absolvent der Akademie, der je zur praktischen Pilotenausbi l dung zugelassen worden war. Er hatte einen neuen G e schwindigkeitsr e kord für Stratosphären-Flugzeuge au f gestellt und war mit 28 Jahren das erste Mal zum Mond geflogen. Er hatte einen Traum gehabt, und dieser Traum war wahr geworden. Erst jetzt begann er zu b e greifen, wie hoch der Preis gew e sen war ...
    Mittlerweile lag das Tal in vollkommener Dunkelheit. Das Licht der Sterne war zu schwach, um am Boden reflektiert zu werden, doch die Rummdogs benötigten kein Umgebungslicht, um den Rückweg zu finden. Alle notwendigen Daten befanden sich in ihren Routenspeichern, und so brauchte Martin nur dem Zug der Führungsleine zu folgen, die ihn mit dem Geschirr des Leittieres verband.
    Als Martin das Feuer sah, glaubte er zunächst an eine Sinnestäuschung.
    Nur wenige hundert Meter vor ihnen loderten Flammen auf und tauchten die Hänge ringsum in gespenstisches rotes Licht.
    Das Feuer mußte erst vor wenigen Augenblicken entstanden sein, sonst hätten es die Rummdogs längst bemerkt. Ihre Retina-Implantate waren empfindlicher als menschliche Augen; eine Lichtquelle von dieser Intensität wäre ihnen niemals entgangen.
    Die Rummdogs winselten und drängten sich aufgeregt aneinander. Die Spannung der Führungsleine ließ plötzlich nach, was nur bedeuten konnte, daß das Leittier stehengeblieben war. Martin wußte nicht, ob Rummdogs tatsächlich so etwas wie Furcht empfinden konnten. Vielleicht rührte ihre Unruhe auch daher, daß sie sich mit etwas konfrontiert sahen, das nicht in ihrem kybernetischen Bewußtsein gespeichert war. Das war um so erstaunlicher, da Martin schon häufiger Signal- oder Landefeuer entzündet hatte, so daß der Anblick allein die Tiere nicht derart hätte irritieren dürfen ...
    Sekunden später erkannte Martin den wahren Grund für ihre heftige Reaktion: Die Flammen bewegten sich auf sie zu.
    Einen Augenblick lang empfand Martin die Urangst des Menschen vor einem Buschfeuer oder Waldbrand, bis ihm bewußt wurde, daß es außerhalb der Grüngürtel keinerlei Vegetation auf dem Mars gab und somit auch kein brennbares Material.
    Die Feuersäule näherte sich völlig geräuschlos und schien einige Zentimeter über dem Boden zu schweben. Mittlerweile war sie nur noch ein Dutzend Schritte entfernt.
    Etwas an der Art, in der sich das leuchtende Gebilde auf ihn zu bewegte, irritierte Martin, ohne daß er sich über die Ursache dieses Gefühls klarzuwerden vermochte.
    Die Rummdogs hatten sich zurückgezogen und bellten das Feuer aus vermeintlich sicherer Entfernung an. Auch Martin wich Schritt um Schritt zurück, starrte dabei aber wie hypnotisiert auf das Spiel der Flammen. Doch erst als sich seine Augen an die ungewohnte Helligkeit gewöhnt hatten, entdeckte er, daß sich inmitten der züngelnden Flammen etwas bewegte.
    Etwas oder jemand.
    Noch verbarg der blendende Widerschein des Feuers die Einzelheiten, dennoch wurde die Silhouette der von Flammen eingehüllten Gestalt von Sekunde zu Sekunde deutlicher.
    Es war ein Mensch.
    Erst jetzt begriff Martin das Verhalten der Rummdogs. Nicht die Furcht vor dem Feuer hatte sie in die Flucht gejagt, sondern allein die Tatsache, daß sich in diesem Feuer ein Wesen befand, das sie nicht einordnen konnten.
    Martin erging es ähnlich. Wäre er allein gewesen, hätte er an eine Halluzination geglaubt. Aber die Rummdogs sahen offenkundig dasselbe, was er sah, und so mußte er sich wohl von dieser Hypothese verabschieden.
    Natürlich konnte auch ein Trick dahinterstecken, es gab spezielle Flüssigkeiten mit einem sehr niedrigen Flammpunkt, die vorwiegend von Illusionskünstlern benutzt wurden. Aber welchen Sinn sollte eine derartige Vorstellung in dieser menschenleeren Gegend haben? Außerdem bezweifelte Martin, daß der Trick mit dem kalten Feuer in der sauerstoffarmen Marsatmosphäre überhaupt funktionierte.
    Auch das Knistern des

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