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Die Schatten des Mars

Die Schatten des Mars

Titel: Die Schatten des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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Feuers und die Glut unter den Füßen des Flammenmannes sprachen gegen diese Variante. Doch nicht nur der Untergrund brannte, selbst aus den Gliedmaßen und dem Rumpf der Gestalt züngelten Flammen, und der brennende Haarschopf bedeckte ihren Kopf wie eine lodernde Krone.
    Das Gesicht des Flammenmannes lag im Schatten, aus irgend einem Grund war Martin froh darüber. Ein Gesicht hätte die Erscheinung menschlicher gemacht, hätte sein Mitleid herausgefordert, ihn möglicherweise sogar zum Handeln gezwungen – auch wenn er nicht die geringste Vorstellung hatte, welche Art von Handeln das sein sollte.
    So aber verfolgte er die Bewegungen des brennenden Mannes mit dem Staunen eines Kindes, dem man zwar erklärt hat, daß es keine Wunder gibt, das aber jederzeit bereit ist, diese Erwachsenenwahrheit in Frage zu stellen.
    Der Flammenmann war mittlerweile stehengeblieben. Martin glaubte, einen heißen Luftzug auf der Haut zu spüren, aber das konnte auch eine Sinnestäuschung sein. Er schirmte seine Augen mit dem rechten Arm ab, um sie vor dem grellen Licht zu schützen. Erst in diesem Augenblick registrierte er bewußt, wie groß der brennende Mann war. Seine Gestalt überragte ihn um mehr als einen Meter, und selbst jetzt, da sie sich ein wenig nach vorn beugte, mußte er den Kopf in den Nacken legen, um sie in voller Größe wahrzunehmen.
    »Kapitän Lundgren!« Martin fuhr zusammen. Die Stimme schien von allen Seiten gleichzeitig in sein Bewußtsein zu dringen, und sie weckte Erinnerungen, die er nur zu bereitwillig verdrängt hatte. Als er sie das letzte Mal gehört hatte, hatte er gerade einen Menschen umgebracht – oder ein Wesen, das vorgegeben hatte, ein Mensch zu sein. Die Stimme hatte ihn dennoch willkommen geheißen. Vielleicht, weil auch der gewaltsame Tod seines Gegenspielers nur eine Fiktion gewesen war ...
    Doch das war lange her, und in all den Jahren hatte sich die Stimme nie wieder gemeldet. Ihm waren auch keine anderen Kontaktversuche bekannt, und manchmal beschlichen ihn Zweifel an der Realität dieser ersten Begegnung.
    »Was wollt ihr?« Martins Frage klang keineswegs so forsch, wie er beabsichtigt hatte. Ihm war klar, daß der erneute Kontakt alles andere als ein Zufall war. Der brennende Mann war ohne Zweifel Teil einer Botschaft, und den Glauben an gute Nachrichten hatte Martin längst verloren. Obwohl nur wenige Meter vor ihm helle Flammen loderten, fühlte er Kälte in sich aufsteigen.
    »Schmerz«, erwiderte die Stimme des brennenden Mannes, doch es schien nicht die Antwort auf Martins Frage zu sein. »Wir können ihn fühlen.«
    Angesichts der Tatsache, daß der Körper des Wesens nach wie vor in Flammen stand, sein Haarschopf wie eine Fackel loderte und seine Haut sich in verbrannten Fetzen ablöste, klang diese Feststellung erstaunlich gelassen.
    Aber Martin wußte, daß sie ihr Erscheinungsbild nach Belieben variieren konnten. Der brennende Mann sollte Schmerzen symbolisieren, nur waren diese mit Sicherheit nicht körperlicher Natur.
    »Was wollt ihr?« wiederholte er ungeduldig. »Wie lautet die Botschaft?«
    Die Stimme antwortete nicht sofort, fast schien es, als fiele es ihr schwer, die richtigen Worte zu finden: »Es geht nicht darum, was wir – wenn überhaupt – wollen. Aber du hast recht, es gibt diese Botschaft, genau genommen sogar zwei. Die erste lautet: Die Hunde sind frei.«
    »Welche Hunde?« Unwillkürlich drehte sich Martin nach den Rummdogs um, die sich hinter ihm im Halbkreis niedergelassen hatten und die Szene mißtrauisch verfolgten. »Ist Dr. Fromberg etwas zugestoßen?«
    Die Stimme lachte, aber es lag keine Heiterkeit darin. »Nein, Martin, dem Spielzeugmann geht es gut. Die Botschaft hat nichts mit den Kolonisten zu tun ...«
    »Mit wem dann?«
    »Wenn du darüber nachdenkst, wirst du von selbst daraufkommen. Obwohl das nichts ändern wird.«
    Der Tonfall der Stimme hatte sich kaum verändert, und doch hatte Martin das Gefühl, als hätte sie ein Urteil gesprochen. Ein Urteil, das ebenso endgültig wie unwiderruflich war. Er konnte spüren, wie sich die Kälte in seiner Magengegend weiter ausbreitete.
    Eine Zeitlang war nichts weiter zu hören als das Zischen der Flammen, die den brennenden Mann einhüllten.
    »Und die andere Nachricht?« erkundigte sich Martin schließlich.
    »Die andere Botschaft betrifft dich, Martin.«
    Das Gefühl der Niedergeschlagenheit, das er eben noch empfunden hatte, wich gespannter Erwartung. Sie wollten also doch etwas von ihm. Warum

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