Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schatten des Mars

Die Schatten des Mars

Titel: Die Schatten des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
Vom Netzwerk:
lag auf einer blau-weiß-karierten Tischdecke, und aus seinem aufgeschnittenen Bauch quoll ein Gewirr von Spulen und Drähten.
    Wie viele Jahre war das nun her? Vierzig? Oder noch mehr?
    Spielzeugmann also, dachte Julius mit einem seltsam entrückten Lächeln. Eigentlich hat sich gar nicht so viel geä n dert ...
    Dann nahm er seine Reisetasche auf und ging zu den anderen.
     

Der brennende Mann
     
    Es war spät geworden.
    Die Rummdogs hatten Martin in ein schmales Seitental der Valles geführt, dessen Ausdehnung er wohl unterschätzt hatte. Obwohl sie sich schon vor einiger Zeit auf den Rückweg gemacht hatten, wollten die Felsen, die den Eingang zur Schlucht markierten, einfach nicht näherrücken.
    Die Sonne war mittlerweile hinter den geröllbedeckten Hängen des Vorgebirges versunken, und es wurde dunkel. Die Sonnenuntergänge auf dem Mars waren alles andere als spektakulär. Normalerweise änderte die münzgroße Sonnenscheibe ihre Färbung kaum und verschwand schließlich irgendwann am Horizont.
    Was die Ausbeute anbetraf, war es ein erfolgreicher Tag gewesen. Die Rummdogs hatten ein knappes Dutzend Sonnensteine freigewühlt, die meisten davon faustgroß, und sogar einen der seltenen Bengalsteine, die bei den Händlern äußerst begehrt waren.
    Wenn die Geschäfte weiter so gut liefen, würde sich Martin schon bald weitere Rummdogs leisten können, auch wenn die mechanischen Spürhunde noch immer ein Vermögen kosteten. Dr. Fromberg, der Mann, der sie gemeinsam mit einem halben Dutzend Angestellter zusammenbastelte, war ein Perfektionist. Er begnügte sich nicht damit, daß seine Kreationen ihrer Funktion genügten, sondern setzte all seinen Ehrgeiz daran, ihnen das Aussehen und den Charakter ihrer irdischen Vorbilder zu verleihen.
    Und so waren die Rummdogs in den Augen ihrer Besitzer keine seelenlosen Roboter, sondern lebendige Wesen, auch wenn in ihren Adern kein Blut zirkulierte, sondern Hydrauliköl. Sie waren anhänglich und verspielt wie junge Hunde, und mittlerweile hatte sich Martin so an sie gewöhnt, daß er sich ein Leben ohne ihre Gesellschaft kaum noch vorstellen konnte.
    Von den Rummdogs abgesehen, lebte Martin allein.
    Es gab nicht viele Frauen auf dem Mars, und die wenigen, die die Strapazen der Reise auf sich genommen hatten, lebten in Gegenden, die wenigstens ein Minimum an Abwechslung und Komfort boten.
    Sicher wäre die eine oder andere von ihnen nicht abgeneigt gewesen, Martin kennenzulernen. Kapitän Lundgren war noch immer ein berühmter Mann und für marsianische Verhältnisse ausgesprochen wohlhabend. Doch die Gelegenheiten dazu waren rar. Außerdem umgab ihn eine Aura der Fremdheit, die alle Versuche selbsternannter Wohltäter, den weiblichen Teil der Marsgesellschaft für ihn zu interessieren, bereits im Ansatz scheitern ließ.
    Martin wäre nie auf die Idee gekommen, sich aus rein praktischen Gründen eine Frau zu suchen. Er hatte versprochen, auf Anna zu warten, und so wartete er. Er liebte sie noch immer, obwohl er seit einer Ewigkeit nichts von ihr gehört hatte. Seine Briefe waren mit dem Vermerk »Empfänger unbekannt« zurückgekommen, und selbst Flemming war es nicht gelungen, Genaueres zu erfahren.
    Stormfield war eine kleine Provinzstadt, und es gab mehr als einen Grund zu der Annahme, daß Anna die Stadt schon vor Jahren verlassen hatte. In einem ihrer letzten Telefonate, kurz bevor seine Einheit nach Chanabad verlegt wurde, hatte sie ihm von einem Arbeitsstipendium in Europa erzählt, das sie vielleicht annehmen würde. Positano hieß der Ort an der italienischen Amalfiküste. Anna liebte das Meer und hatte immer davon geschwärmt, in einer Künstlerkolonie zu leben. Wahrscheinlich hatte sie Martin längst vergessen. Es war kindisch anzunehmen, daß sie noch etwas für ihn empfand ...
    Und wenn ihr etwas zugestoßen war? Es gab unzä h lige Möglichkeiten, die sie daran hindern konnten, sich zu melden: Verkehrsunfälle, Terroranschläge, Kran k heiten. Vie l leicht lebte sie nicht einmal mehr.
    Martin schüttelte unwillig den Kopf, konnte aber nicht verhindern, daß die Bilder wiederkehrten, Bilder, die dreiundzwanzig Jahre alt waren und dennoch nichts von ihrer Macht eingebüßt hatten: » Mach’s gut, Ma r ty«, hatte Anna ihm am Flughafen zugeflüstert. »Ich wollte, ich könnte mi t kommen. Du wirst doch auf mich warten ...?« Er hatte es ihr versprochen, natürlich, doch sie hatte nur traurig gelächelt, als wüßte sie es besser. Vielleicht hatte Anna schon d a

Weitere Kostenlose Bücher