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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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übertrugen, hatte er ein Trikot von Celtic Glasgow an und jubelte am lautesten, wenn sie gegen die Glasgow Rangers trafen. Ein von der Fourteen Int bezahlter Informant stellte ihn einigen Männern vor und bürgte für ihn. Campbell gab Auskünfte über sein Black-Watch-Regiment und die Patrouillen, die er gegangen war. Als sie deutlicher wurden und die genauen Zeiten und Daten wissen wollten, zierte er sich. Als er ein paar Monate später wegen eines vorgetäuschten Disziplinarvergehens aus der Black Watch entlassen wurde, zierte er sich bei den genauen Angaben nicht mehr so sehr. Langsam und geduldig arbeitete er daran, dass man ihn in die Reihen des Feindes aufnahm. Derweil traf er sich einmal pro Woche auf irgendeinem Parkplatz oder einer Landstraße mit seinem Kontaktmann und gab das weiter, was er erfahren hatte. Gelegentlich warf er einen Blick auf sein unter einem anderen Namen eröffnetes Sparkonto und stellte fest, dass er gut bezahlt wurde.
    Beim ersten Mal war es ihm noch schwergefallen, jemanden zu töten, nur damit er nicht aufflog. Man hatte ihn gewarnt, dass es irgendwann passieren würde, trotzdem riss ihn die Erinnerung daran, dass er seinen alten Sergeanten umgebracht hatte, immer noch aus dem Schlaf, selbst nach fünfzehn Jahren noch. Was sich am meisten in sein Gedächtnis eingebrannt hatte, war die panische Hoffnung in Sergeant Hendrys Augen. Nicht das Flehen und Winseln, sondern der Moment, als Hendry ihn erkannt und geglaubt hatte, er sei gerettet. Hendrys Hoffnung war eine Sekunde vor ihm selbst gestorben, als er sah, wie Campbell den Finger am Abzug krümmte.
    Plötzlich wurde Campbell, obwohl die Sonne durch das Schlafzimmerfenster schien, von einer inneren Kälte durchgeschüttelt. Die Kirchenglocke schlug zwei Uhr. Es wurde Zeit, dass er aufbrach. Zeit, dass er in McKennas Bar ging und seinen Kontaktmann traf.

Wie ein fliegender Teppich schwebte McGintys importierte Lincoln-Limousine über den unteren Teil der Falls Road. Unter den Jungs kursierten Gerüchte, wie viel es kostete, so ein Auto aus Amerika herüberzuholen. Sie erzählten sich, dass die Parteiführung es für geschmacklos hielt, für vulgäres Geprotze, das nicht ins gegenwärtige Klima passte. Eine Glasscheibe trennte Fegan und McGinty von Declan Quigley, dem Fahrer des Politikers.
    »Gerry, du hast nie den Führerschein gemacht, oder?«, fragte McGinty.
    »Nein«, sagte Fegan.
    »Ich auch nicht. Und heutzutage kann ich es mir nicht mehr leisten, ohne einen herumzufahren, daher …« McGinty ließ seine manikürte Hand über die schwarze Lederausstattung schweifen. »Was sein muss, muss sein.«
    Fegan fühlte sich wie in einem stählernen Kokon. Die getönten Scheiben sahen von außen schwarz aus, und er vermutete, dass der Wagen jeder Kugel und jeder Bombe standhielt.
    »Du wolltest mich sehen«, sagte er.
    »Dazu kommen wir gleich«, antwortete McGinty. Aus den Augenwinkeln nahm Fegan das eingefrorene Grinsen des anderen wahr. »Ich dachte, wir quatschen erst einmal ein bisschen.«
    »In Ordnung«, sagte Fegan.
    McGinty tätschelte Fegans Knie. »Also, wie geht’s? Was gibt es Neues?«
    »Nicht viel.«
    »Wie läuft es mit dem Posten bei der Stadtentwicklung?«
    »Ich kassiere die Kohle.«
    »Die steht dir auch zu, Gerry. Du hast uns zwölf Jahre geopfert. So was vergessen wir nicht. Den Posten kriegst du bezahlt, solange du willst, ohne dass einer Fragen stellt.«
    Fegan warf McGinty einen Seitenblick zu. »Danke«, sagte er.
    »Schlimme Sache, das mit Michael, was?«, fuhr McGinty fort.
    »Ja«, antwortete Fegan.
    »Und jetzt auch noch Vincie Caffola.«
    Fegan hielt die Augen auf die Trennscheibe und die davorliegende Straße gerichtet. Sie kamen an der rechten Abzweigung in die Fallswater Parade vorbei und entfernten sich weiter vom Haus von McKennas Mutter. Auf den Giebelwänden der Häuser prangten Mauerbilder, kunstfertige Propaganda. »Glaubst du wirklich, dass die Bullen es waren?«, fragte Fegan.
    »Vielleicht«, gab McGinty zurück. »Jedenfalls ist das die Meinung, die ich öffentlich vertrete.«
    »Du hast gesagt, du hast Zeugen.«
    »Natürlich habe ich welche, Gerry.« McGinty lachte kurz auf. »Selbstverständlich.«
    Er legte Fegan eine Hand aufs Knie und ließ sie dort liegen. »Allerdings … sieh mich an, Gerry.«
    Fegan schloss einen Moment lang die Augen, dann machte er sie wieder auf und sah McGinty an.
    »Allerdings«, fuhr McGinty fort, »wenn man es recht bedenkt, hat mir da möglicherweise sogar

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