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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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er lege sein Geld in höchst verschachtelten Finanzkonstruktionen an.
    Neuerdings verdiente er das meiste von diesem Geld durch die endlose Nachfrage an billigem Treibstoff. Entlang der Grenze betrieb der Bulle auf Bauernhöfen Dutzende Anlagen zur Reinigung von Biodiesel, jede davon produzierte Millionen Liter chemisch behandelten Treibstoffs. Biodiesel wurde aus Regierungstöpfen gefördert und war eigentlich für finanziell klamme Bauern bestimmt. Wenn man den Diesel reinigte und entfärbte, konnte man es anschließend an Tankstellen, Autofahrer, Spediteure und jedem anderem verkaufen, der scharf auf billigen Treibstoff war. Bull O’Kanes neuer Kampf für Irland sah so aus, dass er seine Natur mit chemischen Abfällen verseuchte.
    »Wie geht es Bull denn noch so?«, fragte Fegan.
    »Ach, du kennst doch Bull«, antwortete McGinty. »Der ist schon über siebzig und könnte es immer noch mit jedem aufnehmen, der ihm ans Leder will. Immer noch so schlau wie ein Fuchs. Du hast ihn nur ein paar Mal getroffen, oder?«
    »Zweimal«, bestätigte Fegan. Bei der Erinnerung daran bekam er einen trockenen Mund. Er schluckte. »Ist schon lange her.«
    »Worauf ich jedenfalls hinauswill«, fuhr McGinty fort, »wenn jemand persönlich etwas gegen McKenna und Caffola hatte und eine offene Rechnung begleichen wollte, hat er mir damit ganz nebenbei einen Gefallen getan. Er hat mir sozusagen die Drecksarbeit abgenommen. Verstehst du, was ich meine, Gerry?«
    Fegan schwieg, und McGinty tätschelte wieder sein Knie.
    »Michael McKenna und Vincie Caffola waren leider zu einer Belastung geworden. Die Partei ist ohne die beiden besser dran. Und jetzt habe ich nicht nur eine Entschuldung, ein paar Ausländer loszuwerden, die sich in meine Geschäfte eingemischt haben, sondern auch noch einen neuen Stock, mit dem ich auf die Cops einprügeln kann. Und wer weiß, wenn ich die Medien davon überzeugen kann, dass die Bullen Vincie getötet haben, haben wir vielleicht auch noch ein neues Druckmittel gegen die Briten.«
    »Verstehe«, sagte Fegan. In der Scheibe vor ihnen konnte er sein und McGintys Spiegelbild sehen. Im Vergleich zum Gesicht des anderen sah seines aus wie ein Totenkopf.
    »Du bist schon immer schlauer gewesen, als du zugegeben hast, Gerry«, sagte McGinty. »Aus dir hätte eine Menge werden können, wenn du nur gewollt hättest. Jedenfalls will ich auf Folgendes hinaus: Wenn jemand, den wir nicht kennen, ein Mann, der auf eigene Rechnung gehandelt hat, mit Michael McKenna oder Vincie Caffola ein Hühnchen zu rupfen hatte, wäre ich unter Umständen bereit, über diesen Fehltritt hinwegzusehen. Nur ausnahmsweise. Zufälligerweise hat der Mann mir damit einen Gefallen getan, also könnten wir die Sache auf sich beruhen lassen.«
    McGinty nahm seine Hand von Fegans Knie und legte sie ihm auf die Schulter. »Aber damit gut. Bislang ist nichts Schlimmes passiert. Aber jetzt muss Schluss sein, sonst müsste ich vielleicht etwas unternehmen. Und da ist noch was.« McGinty lehnte sich so nah zu Fegan herüber, dass er dessen warmen Atem an seinem Ohr spürte. »Dieser Mann sollte besser nicht versuchen, mich zu verscheißern.«
    Fegan räusperte sich. »Macht er bestimmt nicht.«
    »Nicht, wenn er nur halb so pfiffig ist wie du«, schloss McGinty und nahm den Arm von Fegans Schulter. »Und jetzt zum Geschäft. Ich hätte gern, dass du dich ein bisschen öfter blicken lässt, Gerry. Du warst immer gut zu gebrauchen. Für jemanden wie dich gibt es immer was zu tun. In so schwierigen Zeiten muss ich wissen, wer meine Freunde sind. Wem ich trauen kann, du verstehst schon.«
    »Ich versuche in letzter Zeit, möglichst für mich zu sein«, sagte Fegan.
    »Warum auch nicht? Aber deshalb darfst du dich trotzdem nicht von uns abkapseln. Ein bisschen Aktivität täte dir bestimmt gut. Du weißt schon, ein paar Spinnweben loswerden.«
    »Wahrscheinlich.«
    »Und dann die Trinkerei, Gerry. Damit musst du schleunigst aufhören. Ich habe in letzter Zeit einige Geschichten über dich gehört. Dass du in McKennas Bar rumsitzt und dich volllaufen lässt. Angeblich redest du sogar mit dir selbst.«
    »In den letzten paar Tagen habe war es ein bisschen weniger«, sagte Fegan wahrheitsgemäß.
    »Freut mich, das zu hören. Mein Vater hat sich totgesoffen. Und deiner auch, wenn ich mich recht erinnere.«
    Fegan wandte den Kopf ab und sah hinaus auf die Straße. In der Sonne radelten Kinder vorbei. Der Lincoln bog zweimal rechts ab und machte dann kehrt in

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