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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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Richtung Fallswater Parade. »Ja«, bestätigte Fegan.
    »Also, jedenfalls hätte ich da ich einen kleinen Auftrag für dich.«
    Fegan sah wieder den Politiker an.
    »Keine Sorge«, sagte McGinty und lächelte. »Nichts Illegales. Auf so was sind wir heutzutage zum Glück kaum noch angewiesen. Du sollst nur jemandem eine Nachricht überbringen.«
    Fegan dachte einen Moment lang darüber nach, dann sagte er: »In Ordnung.«
    »Und zwar Marie McKenna, Michaels Nichte.«
    Fegans vergrub seine Fingernägel im Handballen.
    »Ihr zwei seid ja offenbar befreundet. Gestern bist du bei ihr mitgefahren.«
    »Ich kenne sie nicht«, erwiderte Fegan. »Nicht näher jedenfalls. Hab davor noch nie mit ihr gesprochen.«
    »Sie hat damals einen Haufen Leute vor den Kopf gestoßen, als sie sich mit diesem Bullen eingelassen hat.« McGinty schaute hinaus auf die vorbeihuschenden Häuser, Wandmalereien und Fahnen. »Hat sich sogar ein Kind von ihm machen lassen. Es gibt eine Menge Leute, die ihren Unmut gern an ihr auslassen würden. Aber um ihrer Mutter willen hat Michael immer dafür gesorgt, dass man sie in Ruhe ließ. Jetzt, wo Micheal nicht mehr da ist, könnte es schwieriger werden, sich diese Leute vom Leib zu halten.«
    »Sie haben sich doch schon Vor Jahren getrennt«, wandte Fegan ein. »Wen sollte das jetzt schon noch interessieren?«
    »Die Menschen haben ein langes Gedächtnis, Gerry. Besonders, wenn es sich um die Sünden anderer Leute handelt. Wir erinnern uns immer noch an den Blutsonntag. Wir reden darüber, als ob es gestern gewesen wäre. Aber die Leute, die in den Tagen davor und danach gestorben sind, haben wir längst vergessen. So ist nun mal die menschliche Natur.«
    Ich erinnere mich noch an meine Sünden, dachte Fegan. Sie verfolgen mich überallhin. Er fragte sich, ob McGinty sich an seine eigenen Sünden auch erinnerte.
    »Ich möchte, dass du mal ein Wörtchen mit ihr redest«, erklärte der Politiker. »Keine Drohungen, nur ein dezenter Hinweis. Gib ihr den Rat, dass es möglicherweise besser wäre, wenn sie woanders hinzieht. Übers Meer vielleicht.«
    »Willst du etwa, dass ich ihr das im Haus ihrer eigenen Tante sage?«, fragte Fegan.
    »Aber nein, nicht da. Sie hat in der Eglantine Avenue eine Wohnung, die geht von der Lisburn Road ab. Geh doch später mal bei ihr vorbei und rede ein bisschen mit ihr. Und wie gesagt, ganz freundlich. In Ordnung?«
    Fegan schaffte es nicht, McGintys Lächeln zu erwidern. »In Ordnung«, sagte er.

Das Haus an der Fallswater Parade war zwar angefüllt mit schwarzgekleideten Freunden und Familienangehörigen, aber es quoll nicht so über wie beim letzten Mal. Diesmal bekam Fegan immerhin Luft. Er versuchte, sich nicht zu lange an einem Ort aufzuhalten, damit nicht irgendwelche alten Bekannten ihn mit Beschlag belegen und mit Geschichten über die alten Tage traktieren konnten. Vom Wohnzimmertisch schnappte er sich eine Dose Bier und stahl sich hinaus auf den Flur.
    Irgendwo im Haus waren auch McGinty und Pater Coulter, aßen Brötchen mit Wurst und schlugen irgendwelchen treuen Gesellen auf die Schultern, aber Fegan hielt sich von ihnen fern, aus Angst, dass die Schatten ihn aufsuchen würden.
    Für einen Moment war er unsicher, was er tun sollte. Um den Anschein zu wahren, musste er schon ein Weilchen bleiben. Aber wo konnte er in Ruhe sein Bier trinken? Oben in einem der Schlafzimmer? Nein, das wäre zudringlich gewesen. Und der Hof war wahrscheinlich voller Raucher. Aber wo dann?
    Die Nische unter der Treppe fiel ihm ein. Da stand ein kleiner Telefontisch mit einem Bänkchen. Dorthin konnte er sich verdrücken und sich im Halbdunkel hinsetzen. Und wenn jemand fragte, konnte er behaupten, er ruhe einfach nur ein bisschen seine Füße aus.
    Fegan drückte sich an einem Grüppchen Männer vorbei und duckte sich in die dunkle Nische. Als er erkannte, dass Maria McKenna dieselbe Idee gehabt hatte und schon auf dem Bänkchen hockte, fiel ihm, vornübergebeugt und die Hände an die Unterseite der Treppe gelehnt, nichts Besseres ein, als sie anzustarren.
    »Hallo«, sagte sie. Er wusste nicht, ob das Glitzern in ihren Augen Verwirrung oder Angst bedeutete.
    »Hallo«, sagte er. »Ich wollte mir nur … ahm …«
    »Ein Versteck suchen«, vollendete sie. Lachfältchen erschienen um ihre graublauen Augen, als sie ihn anlächelte. »Ich auch.«
    Sie hatte ein Glas Weißwein in der Hand. Am Rand klebte Lippenstift. Fegan fragte sich, wie der wohl schmeckte.
    »Dann suche ich mir

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