Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
Vom Netzwerk:
fünfzig stand auf der Schwelle. Er sah draußen auf dem Flur auf und ab und wieder Fegan an. Dann kam er grinsend herein und schloss hinter sich ab.
    »Guten Morgen, Gerry«, sagte er. Er trug ein kurzärmliges Hemd mit Krawatte. Sein Uniformgürtel war mit aller möglichen Ausrüstung bestückt, aber Fegan bemerkte, dass er sämtliche Waffen und auch sein Namensschild abgelegt hatte. Der RUC-Mann legte mit dem Finger auf den Kopf des Polizisten an.
    »Du wirst dich sicher freuen zu erfahren, dass du in ein paar Stunden hier rauskommst«, sagte der Mann, während er mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen den Raum durchquerte. »Dein Freund Coyle schwört Stein auf Bein, dass er hingefallen ist und du ihm wieder aufgeholfen hast.«
    »Das stimmt«, sagte Fegan. Er konzentrierte sich auf das runde Gesicht des Polizisten und versuchte, nicht auf die Schatten zu achten, die sich um den Mann versammelten.
    »Na, dann ist ja alles in bester Ordnung«, fuhr der Bulle lächelnd fort. Das Neonlicht prallte von seinem rosaroten Schädel ab. »Aber bevor du gehst, habe ich dir noch eine Kleinigkeit auszurichten. Steh doch mal auf.«
    »Von wem etwas auszurichten?«, fragte Fegan.
    »Sagen wir einfach, von einem gemeinsamen Freund. Und jetzt sei so gut und steh auf.«
    Langsam erhob sich Fegan. Der Bulle lächelte auch dann noch unverdrossen weiter, als er ihm mir der Faust in den Unterleib schlug. Alle Luft schien aus der Zelle zu entweichen und nur noch ein quälendes Vakuum zurückzulassen. Fegan fragte sich, wie der Bulle überhaupt atmen konnte. Er stürzte auf die Matratze und hielt sich den Bauch. Brennender Zorn loderte in ihm hoch, doch er erstickte ihn im Keim. Hier konnte er nicht gegen den Bullen angehen. Nicht, wenn er am Leben bleiben wollte.
    Die Schatten zogen sich an die Wände zurück. Die Hand des RUC-Mannes schnellte bei jedem imaginären Schuss zurück.
    Der Polizist legte Fegan eine Hand auf die Schulter. »Was ich dir auszurichten habe, besteht aus zwei Teilen. Einem verbalen und einem eher körperbetonten. Bringen wir erst mal das Verbale hinter uns, in Ordnung?«
    Er tätschelte Fegan die Schulter und setzte sich neben ihn. »Also, zuerst mal das Wichtigste. Diese Unterredung hat nie stattgefunden, oder Marie McKenna hat einen Unfall. Ich kann das nicht deutlich genug betonen. Es ist sehr wichtig. Und jetzt der Rest.« Der Bulle holte tief Luft. »Wenn du hier rauskommst, gehst du nach Hause und bleibst da, bis unser gemeinsamer Freund nach dir schickt, oder Marie McKenna hat einen Unfall. Wenn du versuchst wegzulaufen, hat Marie McKenna einen Unfall. Wenn du unserem gemeinsamen Freund in irgendeiner erdenklichen Art und Weise in die Quere kommst, hat Marie McKenna einen Unfall. Verstehst du, was ich meine, Gerry?«
    Fegan antwortete nicht. Er musste sich zu sehr aufs Atmen konzentrieren, um ein Worr herausbringen zu können.
    Der Bulle schlug ihm seine klobige Faust in die Weichteile. »Ich habe dich was gefragt, Gerry. Hast du verstanden?«
    Fegan fiel zur Seite und hielt sich den Unterleib. Seine Eingeweide fühlten sich an, als seien sie mit Blei gefüllt. Er keuchte und stieß mit der wenigen Luft, die er bekam, die Worte heraus: »Ich … ver…stehe.«
    »Guter Mann«, sagte der Bulle und stand auf. »Und jetzt der eher körperbetonte Teil. Bist du so weit?«
    Der Polizist ging mit der leidenschaftslosen Aufmerksamkeit eines echten Könners zu Werke. Er entdeckte alle weichen Teile an Fegans Körper, jede Stelle, wo man eine Faust oder einen Fußtritt unterbringen konnte, ohne dass man es unter der Kleidung sah. Einmal wurde Fegan ohnmächtig, aber ein paar kräftige Ohrfeigen weckten ihn wieder auf. Als er auf dem Boden lag und die Schmerzen kaum noch zu ertragen waren, merkte er, dass sich die Frau neben ihn gekniet hatte, den Säugling fest an die Brust gedrückt. Bei jedem Schlag zuckte sie zusammen.
    Als der Bulle fertig war, trat er zurück und begutachtete stolz sein Werk. »So«, sagte er immer noch lächelnd, aber ein wenig außer Atem. Auf seiner Stirn glänzte ein dünner Schweißfilm. »Bin froh, dass wir das geregelt haben. Hast du noch Fragen?«
    Fegan hustete und versprühte dabei feine Blutströpfchen auf dem Fußboden. »Ja«, sagte er.
    Der Cop hockte sich hin. »Oh? Was denn für eine?«
    »Wer zum Teufel bist du?«
    Der Bulle lachte. »Weißt du das nicht, Gerry?« Er lehnte sich ganz nah zu Gerry und raunte: »Ich bin der schlechte Apfel, der die ganze Obstkiste

Weitere Kostenlose Bücher